Es ist eine Geschichte, die viele Mieter gut kennen. Das Wohnhaus wird verkauft, der neue Eigentümer will die Mieter raus haben, möglicherweise schikaniert er sie sogar. Eine ähnliche Geschichte erzählen Thomas Meyer und Andreas Schmitt, Geschäftsführer der Boulderhalle Rock Inn in Lengfeld. Was sie berichten, klingt wie ein Krimi.

Meyer und Schmitt haben gemeinsam mit Agustina Falibene in den vergangenen acht Jahren in der Ohmstraße den Boulder-Treff Rock Inn aufgebaut. Eine glückliche Geschichte, zumindest bis zum 1. Mai. Da wechselte der Eigentümer, der von ihnen gemieteten Halle.
Die Betreiber der Boulder-Halle haben einen Mietvertrag bis 2050
Prinzipiell wäre das kein Problem, da der Mietvertrag dem Rock Inn eine Laufzeit bis 2050 garantiert. "Wir haben über Darlehen rund 700.000 Euro und unzähligen Stunden Eigenleistung in die Halle gesteckt, deshalb haben wir uns eine langfristige Perspektive gesichert", sagt Meyer.
Wie Rechtsanwalt Sebastian Warken von der Kanzlei WarkenBrückner aus Wertheim (Lkr Main-Tauber-Kreis) erklärt, ist der Mietvertrag seiner Mandanten nach wie vor gültig. "Bei einem Eigentümerwechsel gehen die Rechte und Pflichten aus dem Mietvertrag automatisch auf den neuen Vermieter über."
Der neue Eigentümer akzeptiert das nicht. Mit verschiedenen juristischen Mitteln versucht er das Mietverhältnis zu beenden. Dagegen wehren sich das Rock Inn-Team und ihr Rechtsanwalt Warken.
"Beim Gespräch am 3. Mai hat uns der Eigentümer mitgeteilt, dass wir schnellst möglich raus müssen", sagt Meyer. Auch zwei weitere Mietparteien auf dem Grundstück in der Ohmstraße, mit denen die Redaktion gesprochen hat, schildern, dass der Mann ihnen in "unangenehmen Gesprächen" den sofortigen Rausschmiss angekündigt habe. Sein Auftreten schildern sie als "robust".
Was hat der neue Eigentümer mit der Halle vor?
Der private Investor bestreitet, dass er oder jemand in seinem Namen so aufgetreten sei. Die Redaktion hat sich mit ihm, zwei Familienmitgliedern und seinem Anwalt unterhalten. Die Investorenfamilie stammt aus der Region und will ihren Namen nicht nennen, um keine Anfeindungen zu riskieren.
Was hat der Eigentümer mit der Halle in der Ohmstraße vor? "Man ist mit mehreren möglichen Mietern im Gespräch und einer davon ist das Bayerische Rote Kreuz", sagt Rechtsanwalt Björn Rausch von der Kanzlei Rausch Meder Münchmeier aus Ochsenfurt zu den Plänen seines Mandanten. Dieser hat 2023 für das Bayerische Rote Kreuz (BRK) in Ochsenfurt eine Rettungswache gebaut.
Das Bayerische Rote Kreuz hat den Standort bereits prüfen lassen
Auf die Frage der Redaktion, wann der Eigentümer dem BRK den Standort Ohmstraße angeboten hat, sagt Anwalt Rausch: "Darauf bekommen sie keine Antwort." Das BRK erklärt auf Anfrage, dass man schon länger miteinander im Gespräch sei. Stefan Krüger, Medienbeauftragter des BRK-Kreisverbands: "Es wurde von uns inzwischen eine Vorprüfung des Standorts in Auftrag gegeben, die gezeigt hat, dass er sich für eine neue Rettungswache eignen würde."
Trotzdem betont der Eigentümer, Pläne mit dem BRK seien nicht der Grund für die Kündigung, sondern fehlendes Vertrauen in den Mieter Rock Inn. Er sei von dessen Geschäftsführer Meyer schon bei der Begegnung am 3. Mai enttäuscht worden und danach noch mehrmals.
"Irgendwann reicht es, dann will man sich trennen", erklärt Anwalt Rausch. Wobei "irgendwann" nach drei Tagen bedeutet: Am 6. Mai kündigte der Eigentümer fristlos. Abmahnungen schickte er am 5. und 6. ebenfalls. Er selbst bezeichnet sein Vorgehen trotzdem als Versuch, sich "gütlich zu einigen". So habe er zum Beispiel den Mietern alternative Hallen vorgeschlagen.
Nächtliche Besuche des Eigentümers auf dem Gelände
Laut Schmitt und Meyer waren der Eigentümer oder Mitglieder seiner Familie mehrmals nachts auf dem Gelände. "Weil wir nicht wissen, was sie wollen, haben wir jetzt einen nächtlichen Sicherheitsdienst engagiert", sagt Schmitt. Der Eigentümer erklärt, er habe nach dem Rechten sehen müssen, da es Beschwerden gegeben habe.
Weiter sagen die Rock Inn-Geschäftsführer, dass Mitarbeiter, Kunden und Geschäftspartner belästigt worden seien. "Ich hatte ein langes unangenehmes Gespräch mit ihm", sagt Birgit Balzert, Vorsitzende des Vereins "Institut für pädagogische Weiterbildung Kinder- und Jugendarbeit". Dieses hat Räume in der Ohmstraße vom Rock Inn untergemietet. Balzert: "Er hat mir nicht direkt gedroht, aber unterschwellig Druck gemacht." Zum Beispiel mit der Aussage: "Ich habe eine große Familie".
Der Würzburger Filmemacher Ben Kremer sagt, er wurde mehrmals angerufen, nachdem er sich in den sozialen Medien für das Rock Inn stark gemacht hatte. "Ich habe mich bedroht gefühlt", sagt Krämer. Auch diese Vorfälle bestreitet der Eigentümer.
Würzburger Bauaufsicht hat nach Anzeige des Eigentümers keine Bedenken
Als Schikane empfinden die Rock Inn-Betreiber zudem, dass der Eigentümer sie wegen angeblicher statischer Probleme und Mängel beim Brandschutz bei der Bauaufsicht der Stadt Würzburg angezeigt hat. "Hier sind Menschen in Gefahr", sagt dazu der Eigentümer. Die Anzeige sei seine Pflicht gewesen.
Im Gespräch mit der Redaktion betont der Eigentümer immer wieder die angebliche Gefahr durch Eingriffe in die Statik. Anwalt Rausch sagt, dass "das Verfahren bei der Bauaufsicht noch anhängig ist." Allerdings hat die Stadt die Sache längst geklärt und keine Bedenken. Claudia Lother, Pressesprecherin der Stadt Würzburg: "Aufgrund der von Statikern, Brandschutzgutachtern und Prüfsachverständigen vorgelegten Unterlagen, sowie einer erfolgten Begehung, kann der Betrieb der Boulderhalle entsprechend der in erteilten Baugenehmigung Vorgaben erfolgen."
"Er versucht uns zu zermürben, um uns so aus der Halle zu drängen", sagt Schmitt zum Vorgehen des Vermieters in den vergangenen zwei Monaten. Konfrontiert mit diesem Vorwurf sagt der Mann: "Ich versuche nur meine Rechte zu nutzen."

"Um den Unwahrheiten etwas entgegenzusetzen", haben die Rock Inn-Betreiber in einem Video auf Instagram ihre Sicht der Dinge dargestellt und eine Petition zum Erhalt ihrer Einrichtung gestartet. 11.299 Menschen haben bis Freitagmittag unterschrieben, dass die Boulderhalle bleiben soll. "Die großartige Unterstützung gibt uns Kraft", sagt Meyer.
Wie geht es jetzt weiter? "Wir planen als nächsten Schritt eine Räumungsklage", sagt Anwalt Rausch. Meyer und Schmitt werden sich dagegen weiter wehren. "Es geht um unsere Existenz", sagt Schmitt. "Und um die Bedeutung der Halle als Ort der Begegnung für Sportlerinnen und Schüler bis zu den Teilnehmern aus dem benachbarten Blindeninstitut."
Boulder Halle Rock InnBouldern (vom englischen boulder Felsblock) ist Klettern ohne Seil an Felsblöcken oder künstlichen Kletterwänden bis in etwa vier Meter Höhe - aus der ohne wesentliches Verletzungsrisiko abgesprungen werden kann. Rund 8000 Dauerkunden plus Tagesgäste nutzen laut Betreibern das Rock Inn. Neben neun festangestellten Mitarbeitern würden knapp 40 Mini-Jobber beschäftigt.Quelle: gam