Erst bröckelte Putz, jetzt fallen Ziegel vom Dach des Fränkischen Hofes in Röttingen. Das schmucke Fachwerkhaus am Marktplatz ist in die Jahre gekommen und bedarf der Pflege. Doch der Eigentümer kümmert sich nicht. Am liebsten wäre es ihm, er könnte das stattliche Haus wieder los werden. Denn bei seinen Plänen, den lange Zeit leer stehenden Gasthof wieder zu nutzen, hat er scheinbar nicht daran gedacht, dass er ein Denkmal gekauft hat.
Wieder steht ein Bauzaun vor dem Fränkischen Hof in Röttingen. Passanten sollen dieses Mal vor herabfallenden Ziegelsteinen geschützt werden. Ein paar Tonscherben liegen auf dem Pflaster. Erst im September 2014 fielen Putzbrocken auf den Gehweg. Erneut hat die Stadt den Eigentümer, der im Landkreis Schwäbisch-Hall lebt, angeschrieben und aufgefordert, die lose und schadhafte Dacheindeckung zu entfernen und zu erneuern – und zwar innerhalb von 14 Tagen.
Doch getan hat sich wieder nichts. Seit Jahrzehnten, so schreibt die Stadt in ihrem Bescheid, wurden die erforderlichen Reparatur- und Instandsetzungsmaßnahmen an der Dacheindeckung unterlassen. Bürgermeister Martin Umscheid hat auch nicht damit gerechnet, dass der Eigentümer das Dach reparieren wird. „Schon damals, als Putz auf die Straße fiel, hat der Hausbesitzer die sicherheitsrechtliche Anordnung ignoriert“, sagt Umscheid. Das bedeutet, dass jetzt die Stadt einen Zimmermann mit der Reparatur beauftragen muss.
Die Kosten muss der Hausbesitzer tragen. Doch ob die Stadt von ihrem Geld jemals einen Cent wiedersehen wird, ist ungewiss. Bereits im September, als Putzbrocken auf den Gehweg fielen, kam die Stadt für die Beseitigung der Gefahren auf. Nicht der Hausbesitzer. Auf den Kosten sitzen geblieben sind die Röttinger aber nicht. Die Stadt übte ihr Vorverkaufsrecht aus und kaufte dem Eigentümer einen Teil des rückwärtig gelegenen Grundstückes ab. „Vom Kaufpreis haben wir dann die Kosten für die Maßnahme abgezogen“, sagt Bürgermeister Umscheid. Auf die Frage, wie die Stadt dieses Mal zu ihrem Geld kommen will, zuckt er mit den Schultern.
Amtliches Erhaltungsgebot
Umscheid erwartet, dass das Landratsamt ein Erhaltungsgebot an den Eigentümer ausspricht. „Der Fränkische Hof mit seinem prächtigen Fachwerk ist eines unserer wichtigsten Denkmäler in Röttingen“, sagt er und hofft, dass damit ein permanenter Verfall des um 1614 errichteten Gebäudes erst einmal verhindert werden kann.
Auch die Denkmalschützer im Landratsamt sehen Handlungsbedarf. Mitarbeiter Günther Führich ist bereits tätig geworden und hat das Schließen von Fenstern, den Abbau eines Wasserschlauches ins Obergeschoss und die Überprüfung der Dachhaut veranlasst. Derzeit bereitet er gerade die Anhörung des Eigentümers vor, die notwendig ist, um ein Erhaltungsgebot auszusprechen. Dazu gehöre es auch, eine „Definition der zwingend durchzuführenden Maßnahmen“ zu erstellen, so Führich. Diese stehe aber noch aus.
Immer wieder wird Bürgermeister Umscheid von den Röttingern gefragt, warum die Stadt denn kein Interesse hat, den Fränkischen Hof zu kaufen. „Wir haben schon genügend Häuser“, wehrt Umscheid ab. Eines davon, ein Fachwerkhaus am Marktplatz Nummer 7, will die Stadt für gut eine Million Euro zu einem Wohn- und Gasthaus umbauen. Gerade läuft dafür das Bauantragsverfahren. Bis Herbst 2016 soll die Renovierung abgeschlossen sein, rechnet der Bürgermeister. Gut 54 Prozent der Gesamtkosten bekommt die Stadt als Zuschuss.
Für den Fränkischen Hof wird das Sanierungsvolumen auf 1,7 Millionen Euro geschätzt. In Aussicht gestellt, so Umscheid, sei eine Zuwendung von 50 Prozent aus dem Entschädigungsfonds und 20 Prozent aus der Städtebauförderung. „Eigentlich gute Aussichten“, so Umscheid. Doch es bestünde die Gefahr, dass das Geld aus dem Entschädigungsfonds, ähnlich wie beim Jakobsturm, nur als Darlehen gewährt wird. Und das würde die Stadtfinanzen doch sehr belasten, sagt der Bürgermeister.
Derweil hängt ein Zettel am Fränkischen Hof. „Zu verkaufen“, steht darauf. Ganz schlicht. Und eine Mobiltelefon-Nummer für Interessenten. Die Zukunft des Fränkischen Hofes bleibt also weiter ungewiss.
Schmuckes Fachwerkhaus
Der Fränkische Hof am Marktplatz Nummer 2 ist als stattliches Giebelhaus mit einem Zierfachwerk in der Denkmalliste eingetragen. Wohl um 1614 wurde das Gebäude als Teil einer größeren Hofanlage als Amtshaus errichtet. Etwa um 1799 wurde das Haus umgebaut. Dabei wurde die Raumaufteilung geändert, Fenster, Türen, Böden und der Hauptzugang erneuert. Weitere Umbauten, hauptsächlich im Zusammenhang mit der Gaststätte, erfolgten im 20. Jahrhundert. Im März 2007 wurde die Gastwirtschaft aufgegeben. Seit 2009 steht der Fränkische Hof leer.