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Würzburg: Viele Corona-Fälle: Verwirrung um Würzburger Zahlen

Würzburg

Viele Corona-Fälle: Verwirrung um Würzburger Zahlen

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    Eng geht es teilweise zu in der Würzburger Innenstadt, hier an der Straßenbahn-Haltestelle in der Sanderstraße. Die Stadt hat nun mit ersten Einschränkungen auf die steigenden Corona-Infektionen reagiert.
    Eng geht es teilweise zu in der Würzburger Innenstadt, hier an der Straßenbahn-Haltestelle in der Sanderstraße. Die Stadt hat nun mit ersten Einschränkungen auf die steigenden Corona-Infektionen reagiert. Foto: Thomas Obermeier

    Es sind Zahlen, die Anlass zur Sorge geben: 26 Corona-Neuinfektionen innerhalb eines Tages bestätigte das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) am Donnerstag für die Stadt Würzburg, 20 für den Landkreis. In der Stadt hat die Sieben-Tage-Inzidenz damit den kritischen Wert von 50 übersprungen.

    Das Robert Koch-Institut (RKI) meldete am Donnerstagmorgen 52,4, das LGL am Nachmittag 57,9 - und am Abend wurde die Zahl des Gesundheitsamtes für die Stadt bekannt: 67,3 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in den letzten sieben Tagen. Mit 32,1 näherte sich laut RKI auch der Landkreis Würzburg dem in Bayern gültigen Warnwert von 35.

    Damit liegen die Zahlen aus Berlin noch deutlich höher als vom Gesundheitsamt für Stadt und Landkreis zuletzt vermeldet. Erstaunlich, denn die örtlichen Gesundheitsämter haben eigentlich die aktuellsten Daten, eine Zunahme von Corona-Fällen schlägt hier zuerst auf. Dann werden die Daten fortlaufend an das Landesamt in Erlangen übermittelt und von hier aus mehrmals täglich an das Robert Koch-Institut.

    Stark abweichende Zahlen von RKI und Gesundheitsamt

    Dieser zeitliche Verzug durch die Meldekette kann unterschiedliche Corona-Werte von Gesundheitsämtern, LGL und RKI erklären. Und doch bleiben Fragezeichen. Wie kann das Gesundheitsamt in Würzburg für den Landkreis seit Montag recht stabile Werte zwischen 11,2 und 16,3 angeben, während das RKI bereits einen starken Anstieg von  7,4 auf 32,1 verzeichnet? Und warum war die Stadt Würzburg auf der RKI-Karte am Donnerstag tiefrot für die Überschreitung von 50 Neuinfektionen markiert, wenn zuvor noch nicht mal das Gesundheitsamt vor Ort solche Zahlen veröffentlicht hatte?

    Wurden Fälle möglicherweise falsch nach Stadt und Landkreis zugeordnet? Bereichsleiterin Eva-Maria Löffler vom Landratsamt spricht von "Übermittlungsproblemen aufgrund eines bayernweiten Updates des Datenerfassungsprogramms des Öffentlichen Gesundheitsdienstes in der letzten Woche". Die Probleme seien mittlerweile behoben – komplett bereinigt waren die stark abweichenden Zahlen zwischen Gesundheitsamt und RKI am Donnerstagabend aber noch nicht.

    Am Freitagvormittag bestätigte das LGL gegenüber dieser Redaktion: Aus "technischen Gründen" sei es zu Fehlzuordnungen von Fällen zwischen Landkreis und Stadt gekommen. "So wurden einige Fälle zunächst zum Landkreis gezählt, die aber im Stadtkreis wohnhaft sind." 

    Im RKI hält man es auch für möglich, dass nachgemeldete Corona-Fälle den Sieben-Tage-Inzidenzwert höher schrauben – also der Übermittlungsverzug eine Rolle spielt. Von größeren technischen Problemen bei der Datenübermittlung ist im Bundesinstitut nichts bekannt.

    Das LGL verweist darauf, dass sich die veröffentlichten Fallzahlen rückwirkend für einzelne Meldetage noch erhöhen könnten. Dann zum Beispiel, wenn sich die Gesundheitsämter vorrangig um Infektionsschutz und Nachverfolgung kümmern und erst verspätet Fälle melden. Das Würzburger Gesundheitsamt will nun gar keine Inzidenzwerte mehr nennen, sondern verweist laut Mitteilung vom Donnerstagabend künftig auf die LGL-Seite im Internet.

    RKI: "Entscheidend sind Zahlen der lokalen Gesundheitsämter"

    Woher auch immer die Abweichungen kommen: "Entscheidend für Maßnahmen der Behörden vor Ort sind die Zahlen der lokalen Gesundheitsämter", sagt RKI-Sprecherin Marieke Degen. Und der kritische Grenzwert von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner sei kein Automatismus, der sofort bestimmte Einschränkungen nach sich zieht.

    Überall, so Degen, müsse die Situation vor Ort bewertet werden. "Der Wert 50 soll eine Orientierung geben, die Übergänge sind fließend." So kann es bereits zu Schließungen kommen, wenn der Wert noch gar nicht erreicht ist – etwa, um ein lokales Ausbruchsgeschehen in Wohnheimen zu begrenzen. Umgekehrt zieht eine Überschreitung des Grenzwertes nicht zwangsläufig einschneidende und flächendeckende Maßnahmen nach sich. Für die Behörden vor Ort gilt: Hinschauen und prüfen, woher die Infektionen kommen.

    Es war die Politik, die im Frühjahr nach zähem Ringen und mit Einbindung von Virologen den Wert 50 festgesetzt hat. Bayern ging mit seinem Signalwert von 35 noch einen Schritt weiter. Infektiologe August Stich von der Würzburger Missio-Klinik hält beide Marken für plausibel – "nicht als fixe Grenzwerte, sondern als Richtschnur". Wegen der Ansteckungszeit von sieben bis zehn Tagen sei es sinnvoll, die Werte niedrig anzusetzen, um noch früh genug reagieren zu können.

    Infektiologe und Tropenmediziner Prof. August Stich.
    Infektiologe und Tropenmediziner Prof. August Stich. Foto: Thomas Obermeier

    Die Infektionslage in Würzburg beschreibt Stich im Moment als "Schwelbrand". Es gebe keine explosionsartigen Ausbrüche, auf die man zum Beispiel mit der Abriegelung eines Hotspots reagieren müsse. Es handele sich um ein "diffuses Geschehen", das punktuelle Maßnahmen wie lokale Alkoholverbote erfordere. So wie es die Stadt Würzburg nun für das Wochenende von 16 bis 6 Uhr für die Alte Mainbrücke verhängt hat. Hier trafen sich bei schönem Wetter zuletzt hunderte Menschen auf engem Raum zum Abendschoppen ohne Maske und Abstand.  

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