Die Buslinie 311 an einem normalen Wochentag: Der Schulbus ist bereits überfüllt, wenn er in Reichenberg (Lkr. Würzburg) losfährt. Doch auch in Heidingsfeld, einem Würzburger Stadtteil, steigen noch weitere Kinder zu. Das Gedränge ist groß. "Einen Sitzplatz bekommt man hier kaum. Die Schüler müssen sehr nah zusammenrücken", sagt die Neuntklässlerin Laura. "Wir können in diesem Bus keinen Abstand halten. Er ist einfach richtig voll", so die 14-Jährige.
Seit September herrscht in Bussen, Straßenbahnen und auch in der Regionalbahn während der Stoßzeiten vor Schulbeginn und nach Unterrichtsende vielerorts dichtes Gedränge. "Vor allem die Schulbusse sind so dicht besetzt, dass Abstand halten gar nicht möglich ist. Immer wieder sieht man zudem Leute, die, kaum dass sie eingestiegen sind, die Maske abziehen", sagt Jessica Hecht, Vorsitzende der Grünen im Landkreis Würzburg und selbst Lehrerin und Mutter.

Besorgte Eltern aus dem Landkreis Würzburg haben sich in einem Brief an den zuständigen Landrat Thomas Eberth (CSU) gewandt: "Jeder Blick in die Busse zeigt, dass zu den Stoßzeiten dort keinerlei Hygienekonzept umgesetzt wird", schreibt Jürgen Kempf im Auftrag der Landes-Eltern-Vereinigung der Gymnasien in Bayern (LEV). Die Eltern fordern die Bereitstellung von mehr Bussen "unter Einsatz sämtlicher verfügbarer Ressourcen und zwar so lange, bis in den Bussen kein direkter Körperkontakt mehr besteht und alle Kinder einen Sitzplatz haben".
Bayernweit rund 350 Verstärkerbusse im Schulverkehr
Die bayerische Verkehrsministerin Kerstin Schreyer (CSU) weiß um das Problem: "Wir brauchen die Verstärkerbusse noch länger und wollen die Kommunen auch unterstützen", sagt sie. Derzeit werden bayernweit rund 350 Verstärkerbusse im Schulverkehr vom Freistaat gefördert, das geht aus einer Anfrage der Grünen-Landtagsabgeordneten Kerstin Celina hervor. "Mindestens dieser Service muss bis zum Ende der Corona-Pandemie aufrecht erhalten werden – auch um Konvois umweltschädlicher Elterntaxis zu vermeiden", sagt Celina.

Erwartungsgemäß sei die Auslastung der Busse und Straßenbahnen seit dem Schulstart angestiegen, sagt Jürgen Dornberger von der Pressestelle der Würzburger Versorgungs- und Verkehrs-GmbH (WVV). "Unsere Mobilitätsberater haben an den beiden ersten Schultagen rund 130 Beratungsgespräche mit Schülern und Eltern an den großen Umstiegshaltestellen und vor einigen Schulen geführt", so Dornberger. Durch die Anmietung von Fahrzeugen privater Verkehrsunternehmen könne die WVV nun Verstärkerfahrten anbieten. "Trotz der wieder stärkeren Inanspruchnahme der Fahrzeuge ist es bis jetzt bei uns nur vereinzelt zu Beschwerden über zu volle Fahrzeuge gekommen."
Im ÖPNV sei das Infektionsrisiko für Kinder wie Erwachsene nach aktueller Studienlage minimal. Dies ergab Ende August eine vom Robert Koch-Institut (RKI) veröffentlichte Untersuchung, die verschiedene Infektionsumfelder in Deutschland unter die Lupe nahm und ermittelte, in welchen Bereichen sich die Menschen am häufigsten mit Corona anstecken. "Öffentliche Verkehrsmittel rangieren dabei auf den hintersten Plätzen und spielen in der Statistik so gut wie keine Rolle", sagt Dornberger. Einer der Hauptgründe hierfür sei laut Experten das häufige Öffnen und Schließen aller Türen, wodurch ein regelmäßiger Luftaustausch gewährleistet werde.
Werden die Verstärkerbusse bleiben?
Die Landtagsabgeordnete Celina befürchtet, dass aufgrund der vollen Busse und Bahnen der öffentliche Nahverkehr für diejenigen unattraktiv werde, die ebenfalls zu den Stoßzeiten zur Arbeit fahren müssen. "Wir brauchen einen Runden Tisch, an dem Schüler, Schulleiter, Elternvertreter, Landräte und Bürgermeister zusammenkommen und Lösungen entwickeln, die mindestens diesen Winter überdauern", sagt sie.
Zur Unterstützung der Kommunen hat die Bayerische Staatsregierung 100 Prozent der Kosten für Verstärkerfahrten im Schülerverkehr übernommen. "Konkret erhalten die Kommunen eine Förderung von vier Euro je Wagenkilometer oder 300 Euro pro Bus pro Tag", erklärt ein Sprecher des Verkehrsministeriums. Die Staatsregierung stelle dafür bis zu den Herbstferien noch 15 Millionen Euro bereit. Was passiert danach? Der Ministerrat werde noch vor den Herbstferien entscheiden, ob die Förderung verlängert werde, so der Sprecher.
Eine Schulzeitstaffelung könnte das Problem lösen
Im gesamten Busverkehr im Landkreis Würzburg werden derzeit 17 Verstärkerbusse eingesetzt, auch auf der Linie 311, die die 14-jährige Laura täglich fährt. Das erklärt Sibylle Holste, stellvertretende Betriebsleiterin der APG - Der Landkreis Bus. Drei Busse - und natürlich auch Fahrer - konnten noch im laufenden Schuljahr akquiriert werden, so Holste.
"Bei der Schülerbeförderungen sind die Anfangszeiten der Schulen ausschlaggebend", erklärt Holste. Eine Staffelung der Schulanfangszeiten würde den gesamten Berufsverkehr entzerren. Im Großen und Ganzen sei in und um Würzburg eine vernünftige Beförderungssituation gegeben, sagt der Würzburger Landrat Thomas Eberth. "Eine Schulzeiten-Staffelung könnte dauerhaft die Probleme lösen. Stadt und Landkreis Würzburg haben diese vor vielen Jahren einmal initiiert, sind aber am massiven Widerstand der Schulen und Eltern gescheitert", so Eberth weiter.