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Erlabrunn: Von der Juristerei zur Gastronomie: Der Meisnerhof hat neue Besitzer

Erlabrunn

Von der Juristerei zur Gastronomie: Der Meisnerhof hat neue Besitzer

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    Sie haben den Sprung in ein völlig neues Berufsleben gewagt: Tanja und Philipp Staab. Die beiden sind seit Jahresbeginn die neuen Besitzer des Meisnerhofs in Erlabrunn.
    Sie haben den Sprung in ein völlig neues Berufsleben gewagt: Tanja und Philipp Staab. Die beiden sind seit Jahresbeginn die neuen Besitzer des Meisnerhofs in Erlabrunn. Foto: Thomas Obermeier

    Es ist ein Gebäude mit langer Geschichte – und ein Erlabrunner Wahrzeichen: der  Meisnerhof. Das historische Fachwerkhaus, ein so genannter Dreiseithof, wurde 1672 erstmals urkundlich erwähnt und war früher ein Zehnthof. Seit 1995 wurde im Meisnerhof immer wieder das historische Theaterstück "Gebrochene Schwingen" aufgeführt, heute umfasst er Biergarten, Restaurant und Hotel. Erich Kempf hatte den verfallenen Hof 1989 gekauft und restauriert und dafür 1998 den Bayerischen Denkmalpreis erhalten. 16 Jahre lang hat einer der Söhne, Marco Kempf, mit seiner Frau Susanne den Hof im Nebenerwerb geführt – seit diesem Jahr gehört er Philipp und Tanja Staab.

    Bis vor kurzem waren die gebürtige Erlabrunnerin und ihr Mann noch in einem ganz anderen Metier zuhause: Beide sind gelernte Juristen – und während Tanja Staab neben ihrer Tätigkeit im Meisnerhof weiterhin Partnerin in einer Kanzlei bleibt und zudem einen Mietverein berät, hat Philipp Staab nach 15 Jahren Arbeit als Rechtsanwalt seine Zulassung abgegeben. Wie es zum Kauf des Meisnerhofs und dem beruflichen Neustart kam, erzählt das Paar bei einem Treffen in seiner neuen Wirkungsstätte.

    "Ich habe während des Studiums an der Kneipentheke gearbeitet, und als Nachtportier im Hotel – ansonsten hatte ich bis zum Kauf des Meisnerhofs keine Gastro- und Hotelerfahrung", sagt Philipp Staab und lässt seinen Blick über den urigen Innenhof des Anwesens schweifen. Aber: "Was ich schon immer gerne mache, ist kochen, Gastgeber sein und Feiern organisieren." Der Gedanke, seinen bisherigen Job an den Nagel zu hängen, sei schon länger präsent gewesen: "Die Juristerei hat mich sehr nachdenklich gemacht – den ganzen Tag streiten, ist es das, was ich wirklich will?"

    Der gemütliche Innenhof dient als Biergarten und ist das Herz des Dreiseithofs.
    Der gemütliche Innenhof dient als Biergarten und ist das Herz des Dreiseithofs. Foto: Thomas Obermeier

    Auf der Suche nach Alternativen habe er schon immer in Richtung Gastronomie "herumgesponnen". Als der 44-Jährige und seine Frau, die seit vier Jahren in Erlabrunn leben, erfuhren, dass der Meisnerhof zu verkaufen war, war der Moment plötzlich da: "In einer Weinlaune haben wir beschlossen, uns zu bewerben", erinnert sich Tanja Staab. Neben der Gastro-Leidenschaft ihres Mannes sei auch ausschlaggebend gewesen, dass ein Leben mit dem Meisnerhof besser mit ihren drei Kindern in Einklang zu bringen sei, als ihr bisheriges Berufsleben. Wussten die beiden, was sie mit dem Erwerb eines solchen Anwesens erwartet? "Ich konnte mir darunter eher etwas vorstellen als Tanja", sagt Philipp Staab, "dafür ist meine Frau spontaner, was Entscheidungen angeht."

    Die Staabs bekamen den Zuschlag, und so unterschrieben sie Ende 2020 den Kaufvertrag, um ab März dieses Jahres den Meisnerhof offiziell mit allem, was dazugehört, zu übernehmen: ein Hotel mit 23 Zimmern, Biergarten und Restaurant. Nur den Weinbau, bisher ebenfalls Teil des Meisnerhofs, übernahmen sie nicht, "das wäre dann doch zu viel an Neuem gewesen", ist sich das Paar einig. Stattdessen seien alle Weingüter aus Erlabrunn sowie einige externe auf der Weinkarte vertreten.

    "Finanziell war das suboptimal, zum Einarbeiten aber sehr gut."

    Philipp Staab über die Einschränkungen während des Lockdowns

    Dass die Corona-Lage es anfangs nicht erlaubte, das Hotel und den Gastrobetrieb regulär zu öffnen, stellte sich im Nachhinein als Vorteil heraus: "Wir hatten unsere to-go-Angebote und einige Geschäftsreisende zu Gast im Hotel, das war’s", sagt Philipp Staab. "Finanziell war das suboptimal, zum Einarbeiten aber sehr gut." Die Übergabe durch die Vorbesitzer sei sehr gut gelaufen, das Ehepaar Kempf habe den beiden viel gezeigt, bräuchte nun aber erstmal Abstand zum Meisnerhof. Der Abschied ist den Kempfs nicht leicht gefallen. "Ich wünsche unseren Nachfolgern alles Gute und viel Erfolg", sagt Marco Kempf auf Anfrage dieser Redaktion am Telefon.

    Im Umfeld der Staabs seien die Reaktionen auf die Nachricht, dass sie den Meisnerhof gekauft hätten, ganz unterschiedlich ausgefallen: Von "Hut ab, ich beneide Euch" bis hin zu "wollt Ihr Euch das wirklich antun?" sei alles dabei gewesen. In Erlabrunn hätten sich viele gefreut, dass der Meisnerhof mit den Staabs als neuen Besitzern "im Dorf bleibe". "Viele haben uns schon getestet und sich alles angeschaut", sagt Tanja Staab. Auch Bekannte habe man nach dem Besuch um ein kritisches Feedback gebeten.

    Beeindruckend: die 2,40 Meter hohen Figuren der Apostel Andreas, Petrus und Paulus an der Fassade des Meisnerhofs. 
    Beeindruckend: die 2,40 Meter hohen Figuren der Apostel Andreas, Petrus und Paulus an der Fassade des Meisnerhofs.  Foto: Thomas Obermeier

    Viele Herausforderungen gibt es für die neuen Besitzer: Die Staabs suchen Verstärkung im Küchenbereich, doch passende Bewerber sind rar: "Ein weiterer Koch und Küchenpersonal wären toll", sagt Philipp Staab. Ein Großteil des Personals ihrer Vorgänger sei geblieben, so der 44-Jährige, in manchen Bereichen habe man zudem bereits aufstocken können.

    Bei den Staabs selbst ist Arbeitsteilung angesagt: Zwar sind beide damit beschäftigt, alle Bereiche ihrer neuen Wirkungsstätte intensiv kennenzulernen, Philipp Staab aber kümmert sich vorrangig um Küche, Theke und Service, Tanja Staab um das Hotel. "Wir haben zum Glück Unterstützung von einer erfahrenen Hotelfachfrau", sagt die 40-Jährige. Zudem soll bald eine Serviceleitung Entlastung bringen – "es gibt so viele kleine Baustellen zu regeln, dass wir sonst gar nicht in die strategische Planung für den Herbst und Winter einsteigen können". Ihr Mann musste feststellen, dass "beim Thema Küche und Essen die Romantik schnell dahin ist". Was Wunschvorstellungen angeht, wie den Gästen jeden Tag ein neues Gericht anzubieten, wurde er schnell von der Realität eingeholt: "Wenn ich das machen wollte, fände das mein Koch gar nicht lustig", sagt Staab und lacht.

    "Ich fühle mich nicht mehr als Rechtsanwalt, aber auch noch nicht als Gastronom - dafür gibt es noch zu viel zu lernen."

    Philipp Staab, Meisnerhof

    Pläne für die Zukunft haben die Staabs einige: den Biergarten auch für Musik und Bands zu nutzen, ist einer davon, den Gewölbekeller als Veranstaltungsort anzubieten, wenn die Corona-Vorschriften weiter gelockert werden, ein anderer. Für die Zeit nach Corona können sich die beiden außerdem eine Weinbar vorstellen. Ein Wunsch der beiden ist es zudem, Synergien mit den anderen Gastronomen vor Ort zu entwickeln.

    "Es ist ein gutes Gefühl, hier anzukommen, und es wird von Tag zu Tag besser", so Tanja Staabs Fazit nach den ersten Monaten als neue Meisnerhofbesitzerin. "Ich fühle mich nicht mehr als Rechtsanwalt, aber auch noch nicht als Gastronom - dafür gibt es noch zu viel zu lernen", sagt ihr Mann. Beim Rückblick auf ihre Anfänge im Meisnerhof ist bei Tanja Staab ein Moment besonders hängen geblieben: "Als uns die Vorgänger nach der Übergabe zum Abschied das offizielle Meisnerhof-Handy in die Hand gedrückt haben, wurde mir schlagartig klar: Beim nächsten Klingeln muss ich ran“, erinnert sie sich mit einer Mischung aus Erschrecken und Stolz. Und Philipp Staab weiß noch genau, was er als frischgebackener Gastronom als erste Bestellung aufgenommen hat: eine Maß Bier und Schäufele.

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