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Ochsenfurt: Von Kordeln zu Medientechnik: Neues Buch erzählt die Geschichte der Ochsenfurter Firma Kindermann

Ochsenfurt

Von Kordeln zu Medientechnik: Neues Buch erzählt die Geschichte der Ochsenfurter Firma Kindermann

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    Der ehemalige Unternehmer Eberhard Kindermann stellte sein Buch über die Geschichte der Firma Kindermann vor. Links eine Petroleumlampe für Dunkelkammern aus den Anfangstagen des Unternehmens.
    Der ehemalige Unternehmer Eberhard Kindermann stellte sein Buch über die Geschichte der Firma Kindermann vor. Links eine Petroleumlampe für Dunkelkammern aus den Anfangstagen des Unternehmens. Foto: Anna-Lena Behnke

    Die Geschichte der Firma Kindermann begann mit Kordeln und Bändern. Das wissen wohl die wenigsten. Denn mit dem heute in Eibelstadt ansässigen Hersteller für moderne Medientechnik hat das auf den ersten Blick wenig zu tun. Doch wer das neue Buch des früheren Unternehmers Eberhard Kindermann aufschlägt, kann dort die Firmenhistorie bis zu ihren Wurzeln in einer Berliner Posamentier-Werkstatt zurückverfolgen, die Ende des 18. Jahrhunderts solche Dekorationsmaterialien herstellte.

    Auf 136 Seiten hat der ehemalige Geschäftsführer des Familienunternehmens die Geschichte der Firma in Zeiten technologischer Umbrüche aufgeschrieben. "Ich habe schon immer Informationen aus der Vergangenheit gesammelt", sagte Kindermann. Heute seien dank des Internets neue Informationen zugänglich – etwa durch historische Adressbücher, die mittlerweile online einsehbar sind. Das habe er zum Anlass genommen, die Ergebnisse seiner Recherchen gebündelt zu veröffentlichen, so der 92-Jährige.

    Eine Geschichte voller Wendungen

    Einen Einblick in sein Werk mit dem Titel "Die Geschichte der Firma Kindermann im Wandel der Technologien" gab der Autor bei der Präsentation seines Buches im städtischen Bauhof in Ochsenfurt, wo sich jahrzehntelang eine Fertigungshalle des Unternehmens befand. Dabei zeichnete sich vor allem eines ab: Die Geschichte der Firma Kindermann ist eine Geschichte voller Wendungen, voller Auf und Ab.

    Die „Düsseldorfer Siedlung“ in Ochsenfurt 1950. Dort waren 1943 errichtete Notunterkünfte für Evakuierte aus dem stark bombardierten Rheinland geschaffen worden. Auch die Firma Kindermann siedelte sich hier an.
    Die „Düsseldorfer Siedlung“ in Ochsenfurt 1950. Dort waren 1943 errichtete Notunterkünfte für Evakuierte aus dem stark bombardierten Rheinland geschaffen worden. Auch die Firma Kindermann siedelte sich hier an. Foto: Kindermann

    Denn nach den Kordeln kamen Petroleumlampen, danach Fotografie-Zubehör und Tageslichtprojektoren, wie Kindermann erklärte. Er skizziert in seinem Buch die Entwicklung der Firma in 250 Jahren inmitten von technologischem Wandel, Weltkriegen und finanziellen Schwierigkeiten.

    Nach Franken, genauer nach Würzburg, sei das Unternehmen nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs gekommen, berichtete Kindermann, weil kriegsrelevante Produkte damals außerhalb von Berlin produziert werden sollten. "Bei der Firma Kindermann waren das transportable Dunkelkammern für den Sanitätsbereich." In den Feldlazaretten habe man damit Röntgenbilder entwickeln und betrachten können, so Kindermann.

    Weil die Firma die Gebäude in Würzburg nicht länger nutzen konnte, sei die Fertigung im Jahr 1950 dann nach Ochsenfurt gezogen. "Die Entscheidung haben wir nie bereut", so Kindermann. In der sogenannten "Düsseldorfer Siedlung" siedelte sich der Betrieb sich an. Die Siedlung war 1943 aus Holzbaracken errichtet wurden, um Evakuierte aus dem stark bombardierten Rheinland unterzubringen. Die Firma Kindermann blieb an diesem Standort bis zum Umzug nach Eibelstadt im Jahr 2011.

    Ganz nebenbei erzählte Kindermann bei der Buchvorstellung auch die eine oder andere Anekdote. Etwa von Arno, dem Schäferhund der Familie, der seinen Auslauf bekommen habe, in dem er durch einen Tunnel vom Wohnhaus der Kindermanns zum Fabrikgelände laufen konnte. 

    "Die Firma Kindermann war über 50 Jahre in Ochsenfurt ansässig und hat die Stadt in vielerlei Hinsicht geprägt."

    Peter Juks, Ochsenfurter Bürgermeister

    "Die Firma Kindermann war über 50 Jahre in Ochsenfurt ansässig und hat die Stadt in vielerlei Hinsicht geprägt", sagte Bürgermeister Peter Juks. Als Ausbildungsbetrieb, Arbeitgeber, Steuerzahler und gesellschaftlich engagiertes Unternehmen habe die Firma während dieser Zeit eine große Rolle gespielt. Umso mehr wisse er es zu schätzen, dass ihre Geschichte nun gebündelt nachgelesen werden kann, sagte Juks. Ihm zufolge bekommt das Werk einen Platz im Archiv der Stadt.

    Neuer Eigentümer übernahm das Traditionsunternehmen

    Mittlerweile befindet sich die Firma, deren Geschichte eng mit der Familie Kindermann verwoben ist, im Besitz von Paulinus Hohmann. Er hatte das Traditionsunternehmen 2007 übernommen, nachdem die Kindermann & Co. GmbH 2003 hatte Insolvenz anmelden müssen.

    Die Firma Kindermann hatte Jahrzehnte lang ihren Sitz in Ochsenfurt. Heute befindet sich hier unter anderem der städtische Bauhof und eine Gemeinschaftsunterkunft für Asylsuchende.
    Die Firma Kindermann hatte Jahrzehnte lang ihren Sitz in Ochsenfurt. Heute befindet sich hier unter anderem der städtische Bauhof und eine Gemeinschaftsunterkunft für Asylsuchende. Foto: Kindermann

    Unter dem neuen Eigentümer habe die Firma, die heute audiovisuelle Technik für Konferenz- und Arbeitsräume anbietet, den Schritt von der analogen in die digitale Welt vollendet, kommentiert Eberhard Kindermann diese Entwicklung in seinem Buch. "Eine neue Ära hat begonnen", schreibt er.

    Insgesamt 100 Ausgaben seines Buchs habe er drucken lassen, sagte der Ochsenfurter. 60 davon habe er Verwandten zukommen lassen. Einige wenige Exemplare seien für zehn Euro in der Buchhandlung am Turm in der Ochsenfurter Altstadt zubekommen. Der Erlös gehe an die Tafel, so der Autor. "Wenn ich die Kosten decken wollte, müsste ich sie ohnehin viel teurer machen. Da verschenke ich sie lieber", sagte er. 

    Das Erscheinen seines Buches bedeute nicht, dass er keine weiteren Nachforschungen betreiben wolle, so Kindermann: "Es wird eine zweite Auflage geben, in die ich neue Informationen einarbeite, aber dann nur noch als pdf-Datei."

    Die Buchvorstellung fand auf dem ehemaligen Gelände der Firma Kindermann statt. Von links: Norbert Langer, ehemaliger Entwicklungsleiter, Peter Juks, Bürgermeister von Ochsenfurt, Eberhard Kindermann, ehemaliger Unternehmer und Autor des Buchs, Karin Kindermann, Walter Kindermann, ehemaliger Geschäftsführer, Wolfgang Michler, ehemaliger Produktionsleiter.
    Die Buchvorstellung fand auf dem ehemaligen Gelände der Firma Kindermann statt. Von links: Norbert Langer, ehemaliger Entwicklungsleiter, Peter Juks, Bürgermeister von Ochsenfurt, Eberhard Kindermann, ehemaliger Unternehmer und Autor des Buchs, Karin Kindermann, Walter Kindermann, ehemaliger Geschäftsführer, Wolfgang Michler, ehemaliger Produktionsleiter. Foto: Anna-Lena Behnke
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