Es gibt eine Konkretisierung im Fall "Wickenmayer": Das Bistum Würzburg äußert sich in einer Stellungnahme zu einem am Dienstag veröffentlichten Artikel dieser Redaktion mit der Überschrift "Vorwurf des rituellen Missbrauchs: Laut Bistum Würzburg kein Täter identifiziert". Darin wird die Sprecherin der Erlöserschwestern zitiert. Sie sagte, bei einem Gespräch mit Bischof Franz Jung sei festgelegt worden, dass sich die Aufarbeitungskommission des Bistums und der Beraterstab des Ordens austauschen.
Kommission soll Strukturen identifizieren, die sexuellen Missbrauch ermöglichten
Das Bistum weist nun darauf hin, dass der Bischof "keineswegs" zwischen Erlöserschwestern und ihm etwas festgelegt habe, was die Weisungsunabhängigkeit der Aufarbeitungskommission beeinträchtigen könnte. "Vielmehr hat er lediglich zur Kenntnis genommen, dass die in jeder Hinsicht weisungsunabhängige Aufarbeitungskommission von sich aus mit den Erlöserschwestern Kontakt aufgenommen und ihre Gesprächsbereitschaft gegenüber den Erlöserschwestern signalisiert hat."
Die Kommission zur Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch im Bistum Würzburg (AAK) hat im Juni ihre Arbeit aufgenommen. In allen 27 deutschen Bistümern sollen sie eingerichtet werden – und laut der "Gemeinsamen Erklärung" der Deutschen Bischofskonferenz und des Unabhängigen Beauftragten für Fragen sexuellen Kindesmissbrauchs von April 2020 unabhängig sein und transparent in ihren Ergebnissen. Zu den Aufgaben zählen etwa die quantitative Erhebung des sexuellen Missbrauchs, die Untersuchung des administrativen Umgangs mit Tätern, Täterinnen und Betroffenen sowie "die Identifikation von Strukturen, die sexuellen Missbrauch ermöglicht oder erleichtert oder dessen Aufdeckung erschwert haben".

Vorsitzende der AAK ist Professorin Anja Amend-Traut, Inhaberin des Lehrstuhls für Deutsche und Europäische Rechtsgeschichte, Kirchenrecht und Bürgerliches Recht an der Universität Würzburg. Dem Gremium gehören fünf weitere Mitglieder aus Politik, Medizin und Justiz an, zudem zwei Betroffene. Auch der Personalchef der Diözese, Ordinariatsrat Robert Hambitzer, war Teil der Kommission. Er ist am 7. Dezember ausgeschieden, heißt es in einer Mitteilung der AAK vom Dienstag. Neu dabei sind Professor Marcel Romanos, Direktor der Würzburger Uniklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie. Zudem der ehemalige Leitende Oberstaatsanwalt und heute als Rechtsanwalt und Strafverteidiger tätige Erik Ohlenschlager.
Hintergrund zum Fall "Wickenmayer"
Vor Monaten wurde der Vorwurf rituellen Missbrauchs einer Frau öffentlich. Sie sagt, sie sei als Kind in den 1960er Jahren von Männern in Priestergewändern in der einstigen Kapelle der Wickenmayerschen Kinderpflege missbraucht worden. Auch ein Mann im Bischofsgewand sowie eine Nonne sollen beteiligt gewesen sein. Die Erlöserschwestern weisen den Vorwurf zurück.
In Fachkreisen ist das Thema "Rituelle sexualisierte Gewalt" umstritten. Einerseits heißt es, dass für diese Form des Missbrauchs keine Beweise gebe. Andererseits, dass ritueller Missbrauch durchaus Realität sei.