Er hat ein gelb-grün-braunes Gefieder, und dass er sogar fränkischen Dialekt spricht, kommt nicht von ungefähr. In ganz Süddeutschland kommt der Ortolan nämlich nur rund ums Maindreick vor. Doch die Art ist stark bedroht. Deshalb gibt es rund um Ochsenfurt ein knapp 1000 Hektar großes Schutzgebiet, das im Rahmen des EU-Artenschutzprogramms "Natura 2000" ausgewiesen wurde. Dort kümmert sich der Landesbund für Vogelschutz (LBV) gemeinsam mit Landwirten darum, den Sommerwohnsitz des gefiederten Franken zu erhalten.
Im März kommen die ersten Ortolan-Männchen aus dem Winterquartier in Nordafrika zurück und suchen sich ein Revier. Wichtigstes Accessoire darin ist ein frei stehender Baum in nächster Nähe zu einem geeigneten Brutplatz, der ausreichend Insektennahrung verspricht. Auf dieser sogenannten Singwarte lassen sich die etwa spatzengroßen Vögel nieder, um mit ihrem Gesang um die Gunst eines Weibchens zu werben. Dabei gelten Ortolane als sehr standorttreu und kehren vermutlich über Jahre an den gleichen Ort zurück. Weil sich daraus ein abgeschlossener Bestand gebildet hat, haben die Vögel sogar einen eigenen Dialekt entwickelt. "Ein erfahrener Ornithologe kann am Gesang erkennen, ob ein Ortolan aus Franken kommt", sagt Julia Ott, Koordinatorin des Artenhilfsprogramms beim LBV.
"Ein erfahrener Ornithologe kann am Gesang erkennen, ob ein Ortolan aus Franken kommt."
Julia Ott, Landesbund für Vogelschutz
Seit nunmehr zwei Jahrzehnten kümmert sich der LBV intensiv um den Lebensraum des Ortolans. Zwischen März und Juli sind ehrenamtliche Mitarbeiter mehrfach in dem Schutzgebiet unterwegs, um nach dem Vogel Ausschau zu halten. Ganze 23 Brutreviere haben sie in diesem Jahr gezählt. Sie liegen südlich von Hohestadt, am Waldrand entlang des Bärentals, nördlich von Erlach und auf der Höhe zwischen Sommerhausen und Eibelstadt.

Dass der Ortolan so selten geworden ist, liegt an den speziellen Ansprüchen, die der Vogel an sein Revier stellt. Neben der Singwarte gehört dazu eine extensiv bewirtschaftete, dünn bewachsene und strukturreiche Fläche, auf der der Bodenbrüter sein Nest bauen kann. Dabei schätzt er sandigen Boden, weil der sich schneller erwärmt. Begehrt sind Blühflächen, sagt Julia Ott, weil sie Insekten anziehen, die bevorzugte Nahrung während der Aufzucht der Küken. "Mais und Zuckerrüben sind als Brutrevier nicht nutzbar", so Ott. Deshalb ist das Artenhilfsprogramm auf die Unterstützung von Landwirten angewiesen, die bereit sind, einen Teil ihrer Flächen nach den Bedürfnissen des Ortolans zu bewirtschaften.
Entschädigung für Artenschutz-Maßnahmen
Mit der Bereitschaft der Landwirte ist Julia Ott sehr zufrieden. Etwa zwei Dutzend haben sich dem Programm angeschlossen. Wo immer ein Ortolan-Revier ausgemacht wurden, haben sich Mitarbeiter des LBV mit den Besitzern der Fläche in Verbindung gesetzt und geeignete Schutzmaßnahmen vorgeschlagen. Mal geht es dabei um einen dünn gesäten Getreidestreifen, mal um eine Blühfläche am Rand eines Rübenfelds. Ertragseinbußen und der eventuelle Mehraufwand werden den Landwirten aus dem EU-Artenhilfsprogramm erstattet. Wie hoch dieser Betrag ist, errechnen Fachleute am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Je nach Art der Maßnahme liegt diese Entschädigung in der Regel zwischen 1000 und 2000 Euro je Hektar, sagt Ott.
"Der Bestand ist noch lange nicht auf einem stabilen Niveau und könnte jederzeit wieder einbrechen."
Julia Ott, Landesbund für Vogelschutz
Zusätzlich wurde inzwischen im Rahmen des "Natura 2000"-Programms im Auftrag der Regierung von Unterfranken ein Managementplan erarbeitet, der helfen soll, den Lebensraum des Ortolans langfristig zu sichern, um eine stabile Population aufzubauen. Umweltingenieur Christian Fischer hat dazu über zwei Jahre hinweg das Schutzgebiet untersucht und neben dem Ortolan auch die Lebensraumbedingungen anderer seltener Vogelarten wie Neuntöter, Nachtigall, Dorngrasmücke und Wespenbussard untersucht.
Landwirte beklagen die mangelnde Anerkennung
Bei einem Treffen im Ochsenfurter Rathaus stellte Fischer den Managementplan interessierten Landwirten und Kommunalpolitikern vor. Dabei kam die Bereitschaft vieler Landwirte zum Ausdruck, sich weiterhin an dem Schutzprogramm zu beteiligen, aber auch ihr Frust darüber, dass dieser Beitrag von der Gesellschaft kaum gewürdigt werde und sie sich als Sündenbock für den Artenschwund abgestempelt fühlen.
Julia Ott nimmt die Landwirte in Schutz. "Unsere Landwirte machen super mit, ich kann ihre Verärgerung verstehen", sagt sie. Sie sieht im Schutz seltener Arten eine Aufgabe für die gesamte Gesellschaft. Bedroht werde der Ortolan-Bestand nämlich nicht nur durch den Mangel an geeigneten Lebensräumen, sondern beispielsweise auch durch freilaufende Hunde, die die Brut des seltenen Vogels stören.
Bislang scheinen die Schutzmaßnahmen Wirkung zu zeigen. Die Zahl der registrierten Brutpaare im Schutzgebiet rund um Ochsenfurt habe sich seit 2008 von 13 auf 23 erhöht. "Damit ist der Bestand aber noch lange nicht auf einem stabilen Niveau und könnte jederzeit wieder einbrechen", warnt die Artenschutz-Koordinatorin.