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WÜRZBURG: Warum Frauen die Welt nur halb offen steht

WÜRZBURG

Warum Frauen die Welt nur halb offen steht

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    Simone Strohmayr, frauenpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, appellierte beim Frauenempfang, nicht nachzulassen im Kampf um Frauenrechte.
    Simone Strohmayr, frauenpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, appellierte beim Frauenempfang, nicht nachzulassen im Kampf um Frauenrechte. Foto: Foto: Pat Christ

    Junge Frauen verstehen es heute oft nicht mehr: Weshalb braucht es noch Frauenpolitik? Es gibt doch kein ausdrückliches Verbot mehr für Frauen, irgendetwas zu tun, was auch Männer tun dürfen. „Die Welt steht uns heute offen!“, erklären auch jene Schülerinnen, die zu Simone Strohmayr, frauenpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, in den Landtag kommen. Doch das ist ein Trugschluss, zeigte Strohmayr beim Frauenempfang von SPD-Landtagsabgeordneten Volkmar Halbleib in Würzburg auf.

    Natürlich gab es in den vergangenen 100 Jahren immense Fortschritte in puncto Frauenrechte. Seit 1918 dürfen Frauen wählen. „Bayern war das erste Bundesland, das das Frauenwahlrecht eingeführt hat“, berichtete Strohmayr. Seit 1958 können Frauen ohne Erlaubnis des Ehemanns oder Vaters den Führerschein machen. SPD-Politikerin Lenelotte von Bothmer war 1970 die erste Frau, die im Bundestag mit Hosen ans Rednerpult ging. Das war zwar nicht gesetzlich verboten, doch Bundestagsvizepräsident Richard Jaeger wollte keine weiblichen Abgeordneten in Hosen ans Rednerpult lassen. Lenelotte von Bothmer brach mutig das Tabu.

    Ablesen lässt sich die Benachteiligung an statistischen Zahlen

    Die heutige Benachteiligung ist subtiler, ihr lässt sich auch nicht mehr oder nur bedingt mit Gesetzen abhelfen. Denn Strukturen sind der Grund, dass Frauen faktisch schlechtere Chancen haben - zumindest dann, wenn sie Mütter sind. Ablesen lässt sich die Benachteiligung an statistischen Zahlen. Frauen, so Stromayer, haben einen Anteil von 52 Prozent an der Bevölkerung: „Doch damit sind sie nicht in den Parlamenten vertreten.“ Die Quote geht sogar zurück. So saßen in der Wahlperiode 2008 bis 2013 noch 31 Prozent Frauen im Landtag: „Aktuell liegen wir nur noch bei 29 Prozent.“

    Das wird sich auch nicht von alleine ändern. Deshalb reichte der Landesfrauenrat eine Popularklage beim Bayerischen Verfassungsgerichtshof ein. Die Frauen fordern, dass das bayerische Wahlgesetz geändert wird. Künftig sollen Parteien gezwungen werden, gleich viele Frauen und Männer aufzustellen und ihre Listen alternierend zu besetzen. Nach der Sommerpause, schätzt Stromayer, wird das Gericht entscheiden: „Die Klage zu gewinnen, wird allerdings schwierig sein.“

    „Ich hatte nie Probleme gehabt.“

    Rein faktisch ist es nicht so, dass Frauen, die politisch Karriere machen wollen, Steine in den Weg gelegt werden, meint Eva-Maria Linsenbreder. Die gelernte Lehrerin ist seit 1991 Bürgermeisterin von Kleinrinderfeld und seit 2008 Bezirkstagsvizepräsidentin. „Ich hatte nie Probleme gehabt“, betont die 61-Jährige. Allerdings: Linsenbreder ist nicht verheiratet und hat keine Kinder. Gerade wegen ihrer Kinder ist es für Frauen oft schwer, sich politisch zu engagieren. Stromayer: „Darum müssten Kinderbetreuungen organisiert werden, wenn in einer Gemeinde Sitzungen am Abend stattfinden.“ Oder es müsste Geld für Babysitter geben.

    Rechte zu haben und die eigenen Rechte durchzusetzen, ist zweierlei, wurde beim Frauenempfang deutlich. Ihre eigene Benachteiligung rührt nach Ansicht der teilnehmenden Frauen nicht zuletzt daher, dass sich Frauen oft viel zu defensiv verhalten. „Frauen in der Pflege haben zum Beispiel nie gelernt, den Mund aufzumachen“, erklärte Monika Fischer, die 22 Jahre lang Stationsleiterin in einem Würzburger Krankenhaus war. „Ich finde es unmöglich, dass die Pflege nicht endlich aufsteht und von der Politik Hilfe einfordert“, so die ehemalige Vorsitzende des Bezirksfrauenrats der Gewerkschaft ver.di.

    Niedrigen Renten und die Angst vor Altersarmut

    Was treibt Frauen tatsächlich um? Das wollte Volkmar Halbleib mit dem Frauenempfang herausfinden. Es ist nicht die Tatsache, hörte er, dass Frauen in den Parlamenten unterrepräsentiert sind. Probleme bereitet vielmehr ein ganzes Bündel an Fragestellungen, die am Ende in die Thematik „Geld“ münden. Dass Frauen in typischen Frauenberufen noch immer weniger verdienen als Männer in typischen Männerberufen, dass Frauen wegen ihrer Kinder pausieren und später auf niedrigerem Niveau wieder in den Beruf einsteigen müssen - das bewegt Frauen. Und vor allem ein Thema treibt sie um: Die niedrigen Renten und die Angst vor Altersarmut.

    Rita Mocker, Vertreterin der Frauen im VdK-Kreisverband Würzburg, kennt dieses Problem aus eigener Erfahrung. Die heute 66-Jährige pausierte wegen ihrer Kinder acht Jahre lang. Nachdem sie als Krankenschwester auch keinen gut entlohnten Job hatte, hat sie bei weitem nicht die Rente, die ihr nach ihrem eigenen Gefühl für all das, was sie im Leben an Berufs-, Erziehungs-, Haushalts- und Familienarbeit geleistet hat, zustehen müsste. Im VdK setzt sie sich gerade intensiv für politische Weichenstellungen gegen Frauenaltersarmut ein.

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