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VEITSHÖCHHEIM: Waum Enrico Göbel bei einem 18 000-Teile-Puzzle entspannt

VEITSHÖCHHEIM

Waum Enrico Göbel bei einem 18 000-Teile-Puzzle entspannt

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    18 000 Teile? Für Enrico Göbel kein Stress, sondern Entspannung pur.
    18 000 Teile? Für Enrico Göbel kein Stress, sondern Entspannung pur. Foto: Daniel Peter

    Der Veitshöchheimer Enrico Göbel arbeitet als IT-Lehrer und bildet im BFW Würzburg sehbehinderte Fachinformatiker aus. In seiner Freizeit spielt er Blindenfußball und steht als deutscher Nationaltorhüter und Co-Bundestrainer mit vier blinden Feldspielern auf dem Platz. Ziemlich erfolgreich hat das kleine Team viele internationale Turniere bestritten. Enrico Göbel hat aber noch eine weitere Freizeitbeschäftigung, deren Reiz und Sinn sich nicht allen erschließt: Puzzeln. Wie kann man sich dafür so begeistern?

    FRAGE: Herr Göbel, fangen wir vorne an. Wann hatten Sie den ersten Berührungspunkt mit dem Puzzeln?

    Enrico Göbel: Das war in meiner Kindheit, also Anfang der 90er Jahre. Mein Vater hatte bei uns zu Hause ein Autopuzzle mit vielen identischen schwarzen Teilen im Hintergrund. Ich dachte, das wird doch nie fertig.

    Wurde es dann aber doch?

    Enrico Göbel: Genau. Das fertig gepuzzelte Motiv hing dann irgendwann gerahmt in unserer Gartenhütte und sah richtig gut aus. Das fand ich beeindruckend.

    Wie ging es weiter?

    Göbel: Naja, ich habe mich schon früh für Gedulds- und Geschicklichkeitsspiele begeistern können. Zum Beispiel solche Metallringe, die man mit Probieren auseinanderbrachte und wieder zusammensetzen konnte. Oder den Rubik?s Cube. Das ist der bunte Würfel, der in den 80ern schwer angesagt war. Den habe ich damals zusammen mit einem Freund „geknackt“.

    Wann haben Sie Ihr erstes Puzzle gemacht?

    Göbel: Das war relativ spät, ungefähr mit 18 Jahren. Da gab es ein 1000-Teile-Puzzle von New York. Das Motiv hat mir einfach gut gefallen und hängt heute noch an meiner Wand.

    Ist es üblich, dass man sich die Puzzles gerahmt an die Wand hängt?

    Göbel: Ich mache das so. Es gibt viele Puzzlespieler, die das Motiv wieder zerlegen, in die Packung stecken und teilweise auch erneut machen.

    Würde man sich verbessern, wenn man ein Puzzle öfter macht?

    Göbel: Ganz bestimmt. Aber darum geht es mir nicht, das ist nicht meine Motivation.

    Sondern?

    Göbel: Dass ich dabei total abschalten kann. Ich habe den Ehrgeiz mit Geduld etwas Schönes zu erschaffen und irgendwann mit dem Puzzle fertig zu sein.

    Das heißt, Sie machen jedes Puzzle nur einmal?

    Göbel: Genau. Und dann landet es im Bilderrahmen.

    An welchem sind Sie gerade dran?

    Göbel: Zurzeit, was in dem Fall heißt seit ein paar Jahren, mache ich ein 18 000-Teile Puzzle mit vier Skylines der Welt: New York, San Francisco, Singapur und Sydney.

    Und wie weit sind Sie?

    Göbel: Genau genommen hat das Puzzle vier mal 4500 Teile, die zu einem mehr als fünf Quadratmeter großen Puzzle zusammengesetzt werden. Die Skyline von New York war nach gut einem Jahr fertig und hängt jetzt in meinem Schlafzimmer. An San Francisco arbeite ich jetzt seit ungefähr zwei Jahren.

    Ist dieses 18 000-Teile Puzzle Ihr Lebenswerk?

    Göbel: Lebenswerk ist übertrieben, da gibt?s wichtigere Dinge. Aber es würde mich schon stolz machen, wenn ich eines Tages an die Wand schaue, und da hängt das Puzzle mit den 2,76 m mal 1,92 m. (Kurze Pause) Dann wird?s allerdings problematisch, wenn ich noch mal umziehe . . .

    Warum puzzeln Sie?

    Göbel: Es hat etwas Entspannendes. Wenn ich einmal drin bin, kann ich sehr gut abschalten und Stress abbauen. Wer richtig puzzelt, ist einfach darauf fokussiert und denkt nur noch darüber nach, welche Teile als Nächstes passen.

    Wann puzzeln Sie?

    Göbel: Schwer zu sagen. Mal puzzele ich mehrere Abende hintereinander, mal bleibt es über Wochen oder Monate liegen. Manchmal habe ich den Dreh raus, dann bleibe ich natürlich länger dran.

    Wie puzzeln Sie?

    Göbel: Ich puzzle immer im Stehen und habe mir einen eigenen großen Puzzletisch gezimmert. Der steht 365 Tage im Jahr in meinem Schlafzimmer. So kann ich puzzeln, wann ich möchte, ohne groß herumzuräumen.

    Sie puzzeln im Stehen?

    Göbel: Ja, das kann nach ein paar Stunden auch ins Kreuz gehen. Aber gerade bei großen Puzzles habe ich da einfach einen besseren Überblick.

    Wie fangen Sie an?

    Göbel: Das kommt drauf an. Mal mit dem Rand oder mit den leichteren Stellen. Zum Beispiel mit Teilen, die kontrastreich sind und mehrere Farben haben. Beim aktuellen Puzzle ist das die Skyline. Da hat man schnell Erfolgserlebnisse und kommt besser rein ins Puzzeln. Einfarbige Flächen wie der Himmel sind besonders schwer.

    Sie benutzen da solche Kästchen . . .

    Göbel: Genau. Darin sortiere ich die Puzzleteile im Vorfeld nach Farben. Je nach Motiv kann ich dann den entsprechenden Ausschnitt mit den Teilen aus dem jeweiligen Kästchen puzzeln.

    Nach welchen Kriterien wählen Sie eigentlich Ihre Puzzles?

    Göbel: In erster Linie muss mir das Motiv gefallen, da das Puzzle ja früher oder später an der Wand landet. Die Anzahl der Teile ist weniger wichtig, auch der Schwierigkeitsgrad ist mir egal.

    Kann man zu zweit puzzeln?

    Göbel: Das geht sehr gut. Die 4500 Teile des New-York-Motivs habe ich mit meiner damaligen Freundin gepuzzelt. Das hat uns beiden sehr viel Spaß gemacht.

    Wie viel Zeit braucht man für Puzzeln?

    Göbel: Das zähle ich nicht, weil es für mich völlig irrelevant ist. Es geht um das Gegenteil von Effizienz oder Hektik, eher um Entschleunigung und Entspannung. Man übt sich nicht zuletzt in Geduld, was sehr wertvoll sein kann.

    Was lernt man sonst beim Puzzeln?

    Göbel: Auch im Leben setzt man im übertragenen Sinn viele Teile zusammen und am Ende kommt ein hoffentlich positives Gesamtbild heraus. So ist das beim Puzzeln auch. Und manchmal muss man nur den Blickwinkel verändern und schon hat meine eine ganz neue Sichtweise, die einen wieder voranbringt.

    Belächeln Sie manche wegen dieses Hobbys?

    Göbel: Das kommt schon vor. Meine Hobbys Blindenfußball oder die Fotografie sind vom Image her sicher spannender als viele kleine Teile aneinanderzusetzen.

    Pläne für die Puzzle-Zukunft?

    Göbel: Familie und Freunde beschenke ich gern mit Leinwänden meiner eigenen Fotomotive. Das kommt gut an, da es individuell ist und nicht jeder hat. Künftig möchte ich meine beiden Hobbys Fotografie und Puzzeln noch mehr verbinden und meine Fotomotive als Puzzle verschenken.

    Enrico Göbel erzählt von seinen Hobbys auch in einem Blog.

    Woher das Puzzle kommt Als Erfinder des Spiels, bei dem man ein zerlegtes Bild wieder zusammensetzen muss, gilt John Spilsbury, der im18. Jahrhundert in London lebte. Zumindest ist er der Erste, der Puzzles kommerziell herstellte und vertrieb. Der Kupferstecher und Kartenmacher soll 1763 die Idee gehabt haben, eine seiner Landkarten auf ein schmales Holzbrett zu kleben und dieses entlang der damals geltenden Landes- und Grafschaftsgrenzen zu zerteilen. Spilsbury verkaufte sein Legespiel – noch ohne die heute bekannten Verzahnungen bei den Teilen – als „Lehrmittel für den Erdkundeunterricht". Am Ende umfasste Spilsburys Angebot 30 verschiedene Landkarten. Seine Nachfolger stellten dann „Jigsaw Puzzle“ (vom englischen „Laubsäge-Rätsel“) nicht nur für Schulen, sondern zur reinen Unterhaltung her. In Deutschland bot im Jahr 1805 das Spielwarenhaus Bestelmeyer in Nürnberg erstmals ein 32-teiliges Puzzle an. Die ausführliche Beschreibung des neuartigen Spiels lautete „auf Holz gezogene, zerschnittene, illustrierte Kupferstiche, bei deren Zusammensetzung man seine Geduld prüfen und viel Unterhaltung haben kann“. Zunächst waren die Spiele eher den Wohlhabenden vorbehalten – weil sie meist aus teuerem Zedern- oder Mahagoniholz gefertigt waren. Im späten 19. Jahrhundert gab es dann auch Puzzlespiele aus Sperrholz, bald auch günstig auf Karton. Durch die mechanisierte Herstellung mit Sägemaschinen erlangten die Puzzles im 20. Jahrhundert dann eine weitere Verbreitung und entwickelten sich zum beliebten und populären Unterhaltungsspiel.

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