Nach der Corona-Pandemie gehen wieder mehr Würzburger Studierende ins Ausland. "Die Zahlen erholen sich", sagt der Vizepräsident und Verantwortliche für Internationalisierung an der Technischen Hochschule Würzburg-Schweinfurt Achim Förster. Allein 126 junge Männer und Frauen von der THWS studierten im vergangenen Wintersemester international. In manchen Jahren sei Südeuropa im Trend, dann wieder der Norden. Andere zieht es über die Grenzen Europas.
Vier Studierende berichten von ihren Erlebnissen, zwei von ihnen direkt aus dem Ausland. Die anderen sind bereits zurück in Würzburg.

1. Miriam Riedl (23) aus Würzburg im Auslandsstudium in Finnland: Nicht alle Klischees stimmen

"Begeistert von einem Besuch bei meiner finnischen Schulfreundin zog ich im August 2024 nach Tampere. Die Stadt verbindet Industrieflair mit Natur. Meine Uni war nur 15 Minuten von einem Naturpark entfernt, wo ich im Sommer baden, im Winter Eisbaden oder in die Sauna gehen konnte – ja, dieses Klischee stimmt! Außerdem kann man kostenlos Ski oder Schlitten ausleihen. In Finnland organisieren sich viele Studierende in Vereinen und nehmen an Events teil, bei denen sie spezielle Aufnäher für ihren Overall bekommen.
Er wird wie eine Uniform getragen und zeigt die Fakultät an. Besonders beliebt ist auch das Sit-Sit, ein Trinkspiel mit Gesang und Motto, was mich ein bisschen an den deutschen Karneval erinnert hat. Die Finnen, die oft als introvertiert gelten, sind bei solchen Events überraschend offen und gesellig. Ich konnte schnell Freundschaften schließen. Nach einem halben Jahr in Tampere war es komisch, wieder in Deutschland zu sein, doch die Sonne, guter Wein und die Kulturangebote haben mir gefehlt. Auch Würzburg habe ich vermisst: meine Freunde, den Sommer am Main und die vertraute Uni."
2. Maximilian Hieber (27) aus Würzburg im Auslandssemester in Jordanien: Die Konflikte im Nahen Osten sind immer präsent

"Ich konnte wunderbare Monate in Jordanien verbringen. Die Region, Geschichte und Sprache interessieren mich sehr. Ich habe im Herzen der Hauptstadt Amman gewohnt und studiert. Mit knapp vier Millionen Einwohnern und den kulturellen Unterschieden war es anfangs gewöhnungsbedürftig, doch ich habe die Stadt, das Land und die Menschen sehr schätzen gelernt. Jordanien hat viel Sehenswertes zu bieten, trotzdem wurden die Monate teilweise von den Ereignissen im Nahen Osten überschattet.

Ob abgefangene Raketen über Amman, Einschläge während einer Online-Vorlesung mit einer Professorin in Beirut, oder im sonstigen Alltag, überall sind die Konflikte der Region präsent. Diese Erfahrungen haben mein Bewusstsein für Frieden und Freiheit verändert. Ich bin dankbar, in einer Demokratie und in Zeiten des Friedens aufgewachsen zu sein. Die letzten Monate haben mir deutlich gemacht, dass es auch in Deutschland wichtig ist, darauf aufzupassen und dafür einzustehen, besonders in Zeiten der Spaltung."
3. Alisa Winkler (27) aus Würzburg im Auslandssemester in Brasilien: Acai-Beeren statt Brezeln

"Für mein Auslandssemester wollte ich die Chance nutzen, ein fernes Land mit einer neuen Kultur und Sprache kennenzulernen. Da meine Uni in Rio erst im April startet, hatte ich Zeit zu surfen und etwas durch das Land reisen. Ich liebe die Offenheit der Menschen und die leckeren Früchte. Es ist einfach wunderschön, wie die Stadt mit den Bergen verschmilzt, dazu die Strände und die Sonnenuntergänge. Ein absolutes Highlight für mich war der Karneval. Ich habe selten so eine Energie gespürt und so viele strahlende Menschen gemeinsam tanzen gesehen.
Die Kriminalität ist höher als in Deutschland, aber ich behaupte mal, dass man als Ausländer eher die kleinen Diebstähle spürt, die auch in Europa vorkommen könnten. Man muss gewisse Vorkehrungen treffen, zum Beispiel habe ich immer ein zweites Telefon in der Tasche, und mein richtiges Handy in einer Bauchtasche unter dem Rock. Die größten Unterschiede sind vermutlich das Wetter und die späteren Essenszeiten. Um ehrlich zu sein, vermisse ich Deutschland momentan gar nicht, außer meine Eltern, meine Familie und Freunde – und Brezeln."
4. Pia Renz (21) aus Würzburg im Auslandssemester in Spanien: In fünf Minuten vom Vorlesungssaal zum Strand

"Ich bin im Auslandssemester in der andalusischen Stadt Cádiz. Cádiz war für mich die perfekte Wahl, da ich hier mein Spanisch anwenden kann und die Stadt und die Region einen sehr schönen Charme haben. Ein weiterer Pluspunkt ist die Lage am Meer. Es ist traumhaft, innerhalb von fünf Minuten vom Vorlesungssaal am Strand sein zu können. Das Konzept des Studiums ist etwas anders als in Deutschland.

Da Abgaben während des Semesters und Gruppenarbeiten in meinem Studium an der THWS aber ebenfalls üblich sind, ist das für mich persönlich keine große Umstellung. Eine Herausforderung ist dagegen die Sprache in den spanischen Vorlesungen, man kann aber auch englische Vorlesungen belegen. Cádiz hat eine ähnliche Größe wie Würzburg und ich habe mich hier superschnell heimisch gefühlt. Eines der bisherigen Highlights war der Karneval, der hier mit vielen Traditionen über eine Woche lang zelebriert wird."