Eine Allgemeinverfügung, die nicht angezeigte Versammlungen in Würzburg beschränkt, sorgt unter "Querdenkern" für Unmut. In Chatgruppen auf dem Online-Nachrichtendienst Telegram kursiert ein Schreiben, in dem persönliche Strafanzeigen gegen Verantwortliche der Würzburger Verwaltung ankündigt werden. Auch die Stadt hat das Schreiben nach eigenen Angaben erhalten und spricht auf Anfrage von "offensichtlichen Einschüchterungsversuchen". Worum geht es?

Seit Monaten kommt es in Würzburg zu ordnungswidrigen Demos aus dem "Querdenker"-Spektrum. Zuletzt gab es laut Polizei am Montag eine nicht angezeigte Versammlung von rund 70 Personen, die sich durch die Innenstadt bewegten. Dies ist laut aktuell geltender Allgemeinverfügung verboten, solche Demos sind nur stationär zulässig. Die Polizei stoppte den Aufzug und hat nach eigenen Angaben zahlreiche Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet.
So lautet die Kritik an der Würzburger Allgemeinverfügung
Gegen die Beschränkungen regt sich Widerstand in der Szene: "In dieser Situation werden friedliche Spaziergänger (...) in ein zwielichtiges Licht gerückt", heißt es in einem Schreiben, das an Würzburgs Oberbürgermeister Christian Schuchardt (CDU) adressiert ist.
Unterzeichnet ist das Schreiben von Verantwortlichen der "Freiheitsboten", einer Würzburger "Querdenker"-Gruppe, die in der Vergangenheit etwa mit Autocorsos gegen die Corona-Maßnahmen auf sich aufmerksam gemacht hat.
Durch "willkürliche Auflagen" würden Grundrechte wie Versammlungs- und Meinungsfreiheit "unverhältnismäßig" eingeschränkt, so das Schreiben weiter. Aus diesem Grund wolle man Unterzeichner der Allgemeinverfügung, darunter Ordnungsreferent Wolfgang Kleiner, mit Strafanzeigen bei der Staatsanwaltschaft persönlich haftbar machen. Aber ist das überhaupt möglich?

Viele Städte und Kommunen in Süddeutschland versuchen derzeit, unangemeldete "Spaziergänge" per Allgemeinverfügung in den Griff zu bekommen. Während Würzburg die Demos nur beschränkt, wurden sie in Schweinfurt nach den ausufernden Krawallen komplett verboten. Dass solche pauschalen Verbote jedoch einen unzulässigen Eingriff in die Versammlungsfreiheit darstellen können, zeigen Beispiele aus dem Landkreis Starnberg bei München und der Stadt Bad Mergentheim:
Allgemeinverfügungen wackeln teilweise – auch in Würzburg?
Dort hatten Personen vor der Verwaltungsgerichtsbarkeit per Eilantrag zunächst erfolgreich gegen die pauschalen Verbote geklagt. Diese müssten besser begründet werden, zuvor müssten zudem mildere Mittel – wie etwa in Würzburg – ausprobiert werden, so die Begründung der Gerichte. Auch pauschale Verbote können indes rechtens sein, wie ein Beispiel aus München zeigt, wo eine entsprechende Allgemeinverfügung der Stadt in zweiter Instanz bestätigt wurde.

Strafrechtliches Vorgehen gegen Unterzeichnende der Allgemeinverfügungen ist hingegen nicht möglich, wie Rechtsanwältin Sabrina Hundegger, Expertin für Kommunal- und Verwaltungsrecht der Würzburger Kanzlei Steinbock & Partner, auf Anfrage der Redaktion klarstellt: "Eine strafrechtliche Verantwortlichkeit scheitert im Grunde schon am fehlenden Tatbestand. Die Staatsanwaltschaft wird nur tätig, wenn ein Anfangsverdacht vorliegt – also konkrete Tatsachen, die dafür sprechen, dass der Sachverhalt eine Straftat enthält", so Hundegger. "Es gibt aber keinen allgemeinen Tatbestand im Strafgesetzbuch für unerwünschtes Politiker-Handeln."
Würzburger Verwaltungsgericht liegen keine "Querdenker"-Klagen vor
Denkbar wäre auch in Würzburg hingegen eine Klage am Verwaltungsgericht: "Einschränkungen der sehr hoch bewerteten Versammlungsfreiheit sind grundsätzlich nur zulässig, wenn im Einzelfall begründete Annahmen dafür bestehen, dass es zu Ausschreitungen oder Verstößen gegen die Auflagen kommt." Die Stadt Würzburg habe in ihrer Allgemeinverfügung jedoch gut differenziert, da lediglich nicht ortsfeste nicht angezeigte Versammlungen untersagt wurden.

Entsprechend gelassen gibt man sich auch im Würzburger Rathaus: "Jeder hat im Übrigen das Recht, Klage gegen die Allgemeinverfügungen einzureichen", heißt es von Seiten der Pressestelle auf Anfrage der Redaktion. "Das letzte Wort hierüber haben in einem Rechtsstaat die Gerichte."
Eine entsprechende Klage liegt dem Würzburger Verwaltungsgericht bislang nicht vor, wie eine Anfrage der Redaktion ergeben hat. Und auch der Staatsanwaltschaft sind in dem Zusammenhang bislang keine Strafanzeigen bekannt. Im Rathaus lässt man sich indes tatsächlich nicht von etwaigen Drohschreiben beirren: Am Mittwochnachmittag wurde die aktuelle Verfügung erneut verlängert, so eine Mitteilung an die Redaktion. Sie gilt demnach vorerst bis kommenden Mittwoch, 2. Februar.