Beobachter waren sich einig: Die zweieinhalbstündige Debatte wurde in Sachlichkeit und inhaltlicher Qualität dem Ernst des Themas gerecht (siehe Zitate unten). Ging es doch um nichts weniger als die Bewertung eines Mannes, der im vergangenen Jahrhundert Sportgeschichte geschrieben hat. Dass er dies als Repräsentant auch während der Zeit des verbrecherischen Nazi-Regimes tat, ist ihm nun - 41 Jahre nach seinem Tod - in seiner Geburtsstadt Würzburg schwer angekreidet worden.
Knisternde Spannung über dem Ratssaal, als Oberbürgermeisterin Pia Beckmann (CSU) zur namentlichen Abstimmung über die Umbenennung der Halle aufrief. Man rechnete mit einem knappen Ergebnis. Auffallend viele Stadträte - acht an der Zahl - blieben der Sitzung fern. Am Ende votierten 24 der Anwesenden für die Tilgung Diems, 19 dagegen (siehe Namensliste unten). Erleichterung war vor allem der Oberbürgermeisterin anzumerken. Waren die ersten beiden Anläufe zur Umbenennung (1989 und 1996) noch von den Grünen gestartet worden, war es diesmal Beckmann als CSU-Frau, die die Debatte in Gang gesetzt hatte.
Anlass war im Frühjahr die Verleihung der Carl-Diem-Plakette für verdiente Sportfunktionäre. Die OB hatte sie auf Eis gelegt, weil sie sich erst Klarheit über den umstrittenen Namenspatron verschaffen wollte.
Mit der Abschaffung der Plakette tat sich der Stadtrat am Donnerstag leichter als mit der Halle. Während Dr. Benedikt Kuttenkeuler, Klaus Reinfurt, Ursula Weschta, Wolfgang Zirkelbach (alle CSU) und Dr. Reinhart Stumpf (WL) die Halle verteidigt hatten, stimmten sie im Anschluss für die Aufgabe der Ehrenmedaille. So stand hier mit 28 gegen 14 Stimmen ein recht deutliches Votum. Der Sportbeirat soll nun Vorschläge für eine alternative Ehrung machen. Einen neuen Namen für die Halle sucht eine achtköpfige Findungskommission. Ihr gehört jeweils ein Vertreter der Stadtratsfraktionen an. Schon kurz nach der Entscheidung wurden aber Ideen für eine Neubenennung gehandelt. So überlegte ein Stadtratsmitglied, den Hallennamen einem privaten Sponsor zu überlassen, wenn dieser dafür den Unterhalt der Halle sicherstellt.
OB Pia Beckmann zeigte sich zufrieden über ein "recht klares" Abstimmungsergebnis. Sie hatte zuvor die Verdienste Diems um den Sport gewürdigt, ihn aber als Vorbild verworfen: "Diem blieb bis zuletzt bei seinem Credo vom Sport als Schule der Wehrertüchtigung. Er steht nicht für die Zukunft des Sports, sondern für das dunkelste Kapitel in der deutschen Vergangenheit."
Die vielen Sportfunktionäre unter den Besuchern nahmen das Votum mit Enttäuschung auf. Franz Amberger, Kreisvorsitzender des Bayerischen Landessportverbandes (BLSV), sagte gestern auf Anfrage der MAIN-POST: "Jetzt gibt es nur Verlierer." Er hätte sich gewünscht, dass man noch die angekündigte wissenschaftliche Diem-Biographie abgewartet hätte. Während man den neuen Namen für die Halle nun in aller Ruhe überlegen solle, fordert Amberger, die komplett ausgesetzte Sportlerehrung jetzt "so schnell wie möglich" durchzuführen.