Es war ein besinnlicher Abend mit wehmütigem Abschied: Die Mitglieder der Harmonie Gesellschaft Würzburg trafen sich zu einer kulinarischen Feierstunde und verabschiedeten sich aus dem Vereinsleben. Die 1803 gegründete und damit älteste Bürgervereinigung Würzburgs hatte dafür passend einen historischen Ort gewählt, die "Kapelle" im Würzburger Ratskeller.
Organisiert hatte den Abend Marie-Luise Biedermann aus Nüdlingen. Ihr Mann Klaus-Dieter Biedermann war der letzte 2. Vorsitzende des Vereins und ist im vergangenen Jahr gestorben. Die gereifte Gemeinschaft hat keine neue Vorstandschaft gefunden und sich deshalb wehmütig entschieden, sich als Verein aufzulösen. "Das tut mir von Herzen weh", sagte Marie-Luise Biedermann als Sprecherin des Vereins. Ganz aufgeben wird man die freundschaftlichen Verbindungen nicht: Die Mitglieder treffen sich künftig jeden dritten Donnerstag im Ratskeller zum netten Beisammensein mit kultureller Bereicherung.
Dass die Gemeinschaft der Kunst und der Kultur stark verbunden ist, zeigte sie am Abend des Abschiedes mit zwei großzügigen Spenden: Jeweils 5000 Euro überreichten Marie-Luise Biedermann und Schatzmeisterin Marlies Steinkamp an das Museum am Kulturspeicher und an die Hermann-Zilcher-Gesellschaft. Herzlich bedankten sich für die großzügige Förderung der Kultur Dr. Henrike Holsing als stellvertretende Leiterin des Museums am Kulturspeicher und der Vorsitzende der Hermann-Zilcher-Gesellschaft Stadtrat Wolfgang Baumann. Beide zeigten ihr großes Bedauern, dass es sich die Harmonie-Gesellschaft als Verein nun auflösen musste.

Einen tiefen Einblick in die Geschichte der Gemeinschaft gab Dr. Franz Bandorf. Er hatte zum 200-jährigen Bestehen des Vereins ein umfassendes Buch über dessen Geschichte geschrieben. 1785 gab es den ersten Gründungsversuch einer Lesegesellschaft, die damals vom Fürstbischof unterdrückt wurde. Erst im dritten Anlauf wurde unter Kurfürst Max Josef von Bayern 1803 der Gründung einer Lesegesellschaft unter dem Namen "Museum" stattgegeben. Sie unterhielt eine Bibliothek, die mit Zeitungen, Zeitschriften und wissenschaftlichen Werken bestückt war. Die Gesellschaft war ausschließlich Männern zugänglich und nur wohlhabenden Bürgern vorbehalten und hatte so nur 94 Mitglieder. 1810 wurde das Konzept verändert, um zusätzliche Bevölkerungskreise anzusprechen. Das Angebot wurde um Vortragsabende, Spiel, Musik und Tanz erweitert.
Das wachsende Interesse führte dann 1812 zur Umbenennung des Geselligkeitsvereins "Museum" in die "Würzburger Harmonie Gesellschaft". Jetzt waren auch Damen zugelassen. Für die großen Bälle und Abendgesellschaften reichten jetzt die Mietsräume nicht mehr aus, und und so wurde 1823 der ehemalige Domherrenhof Rannenberg Palais in der Hofstraße 3 erworben, umgebaut und 1824 feierlich eröffnet.
Das Gebäude war geprägt von einem prächtigen Tanzsaal von Lesezimmern und einer guten Küche. Die Konzerte der "Harmonie" fanden nun hier statt. Im Laufe der Jahre wurde die "Harmonie" zu einem bedeutenden geselligen Treffpunkt gelehrter Kreise, und der Aspekt der Lesegesellschaft trat in den Hintergrund. Mit dem großen ovalen prachtvollen Ballsaal im 1. Stock, mit Leseräumen, Räumen zur Beherbergung von Gästen samt Restaurant bildete das Harmonie-Gebäude den Mittelpunkt der "Harmonie-Gesellschaft" und wurde ein Zentrum des gesellschaftlichen-kulturellen Lebens in Würzburg.

In der Bombennacht des 16. März 1945 wurde das "Harmonie"-Gebäude und damit das Herzstück der Gesellschaft zerstört. Den Wiederaufbau konnten die verbliebenen Mitglieder finanziell nicht auf sich nehmen. Die Stadt Würzburg kaufte das Objekt und richtete 1961 dort die Städtische Galerie ein. Heute befindet sich dort die Firma Schwarzweller.