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Würzburg: Wassermangel in Franken: "Bewässerung aus dem Main ist keine Generallösung"

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Wassermangel in Franken: "Bewässerung aus dem Main ist keine Generallösung"

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    Was tun gegen Grundwassermangel auf der einen und Starkregen, Hochwasser und Sturzfluten auf der anderen Seite?  Claudia Roth und Patrick Friedl im Gespräch im Würzburger Ringpark.
    Was tun gegen Grundwassermangel auf der einen und Starkregen, Hochwasser und Sturzfluten auf der anderen Seite?  Claudia Roth und Patrick Friedl im Gespräch im Würzburger Ringpark. Foto: Silvia Gralla

    Wir werden mit "riesigen Wassermassen" ebenso umgehen müssen wie "mit überhitzten Innenstädten, etwa in Würzburg", sagt die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestags, Claudia Roth, von den Grünen. Wir trafen uns mit ihr und dem Landtagsabgeordneten Patrick Friedl im Würzburger Ringpark zu einem Gespräch über die Klimakrise und die Bewässerung mit Mainwasser in der Landwirtschaft.

    Frau Roth, warum stehen die Fehltritte der Kandidaten in diesem Wahlkampf mehr im Fokus als der Klimawandel, obwohl dies laut Umfragen das wichtigste Zukunftsthema der Deutschen ist?

    Claudia Roth: Für uns Grüne haben Klimaschutz und Klimavorsorge absolute Priorität. Ich hoffe, dass wir jetzt dahinkommen, worum es in einem Wahlkampf eigentlich gehen müsste: um den Wettstreit der Parteien um die besten Antworten auf die großen Herausforderungen, vor denen wir stehen.

    Für Unterfranken ist das Thema Wasser eine große Herausforderung. Seit 2003 kämpft die Region mit sinkenden Grundwasserständen. Bei den Starkregen im Juli kamen dann bis zu 140 Liter pro Quadratmeter auf einmal herunter. Wie sieht Ihre Lösung aus?

    Roth: Die eine Antwort gibt es nicht. Wir brauchen ein Gesamtkonzept, das die Städteplanung, das Baurecht und die Landwirtschaft mit einbezieht. Wir müssen anerkennen, dass die Unwetter in ihren extremen Ausprägungen eine Folge der Klimakrise sind. Wir werden mit riesigen Wassermassen in Zukunft ebenso umgehen müssen wie mit Dürren und überhitzten Innenstädten, etwa in Würzburg.

    Bayerns Umweltministerium fördert vier Pilotprojekte zur Bewässerung des Weinbaus, unter anderem in Iphofen und Nordheim (Lkr. Kitzingen) mit Mainwasser. Ist das der richtige Weg?

    Patrick Friedl: Wir brauchen keine Wasser-Strategie, die auf noch mehr Überleitung setzt. Schon heute werden vor allem über den Rhein-Main-Donaukanal 150 Millionen Kubikmeter Wasser von Süd- nach Nordbayern geleitet. Ein Gutteil unseres Mainwassers ist übergeleitetes Wasser. Das ist sehr bedenklich. Wir müssen es schaffen, Niederschlagswasser zu speichern und das Wasser in der Fläche zu halten. 

    Halten Sie die Bewässerung mit Mainwasser für falsch?

    Friedl: Nein. Aber sie ist nicht die Generallösung für alle Wein- und Gemüsebauern. Wenn der Main im Winter genügend Wasser führt, können wir einen Teil herausnehmen und für den Sommer speichern. Aber wir können nicht den Main leer pumpen...

    Roth: ...und ansonsten so weitermachen wie bisher...

    Friedl: ...und dann noch mehr Wasser aus dem Süden überleiten. Der Süden Bayerns wird irgendwann ähnlich unter Grundwassermangel leiden wie wir heute.

    "Wir werden mit riesigen Wassermassen in Zukunft ebenso umgehen müssen wie mit Dürren und überhitzten Innenstädten, etwa in Würzburg", sagt Claudia Roth von den Grünen.
    "Wir werden mit riesigen Wassermassen in Zukunft ebenso umgehen müssen wie mit Dürren und überhitzten Innenstädten, etwa in Würzburg", sagt Claudia Roth von den Grünen. Foto: Silvia Gralla

    Ist bewässerungsintensiver Gemüsebau wie in der Bergtheimer Mulde noch sinnvoll?

    Friedl: Die Bauern in der Bergtheimer Mulde müssen sich bereits intensiv Gedanken darüber machen, welche ihrer Kulturen sie weiter anbauen können. Bei fallenden Grundwasserständen wird das Wasserwirtschaftsamt kaum noch Genehmigungen für Grundwasserentnahmen erteilen. Wir brauchen Strategien, die über Grund- und Mainwasserentnahmen hinausgehen!

    Und die wären?

    Friedl: Wir brauchen mehr Hecken in der Landschaft und einen Boden, der Wasser speichert. Wir müssen unsere Städte zu Schwammstädten umbauen, die Landwirtschaft verstärkt auf Ökolandbau umstellen, die unzähligen Drainagen in der Landschaft hinterfragen und Flächen entsiegeln. Es gibt 221 000 Hektar Moore in Bayern, von denen nur noch vier Prozent in naturbelassenem Zustand sind. Wir müssen in möglichst vielen Bereichen dahin kommen, dass die Landschaft wieder ihre Wasserrückhaltekapazität erfüllen kann. Und wir brauchen nachhaltige Strategien, die auch dann noch funktionieren, wenn extreme Wetterereignisse zunehmen.

    In Bayern hat Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) die "Wasserzukunft 2050" ausgerufen. Wodurch unterscheidet sich das Programm der Grünen?

    Friedl: Schon durch die Zahl. Wasserstrategie 2050 impliziert, dass man das Thema sehr lange strecken kann. Die Zeit haben wir nicht! Ein Teil dieser Strategie sieht vor, durch weitere Fernwasserleitungen unseren Grundwassermangel zu kompensieren. Dabei müssen wir zuerst hier unser Trinkwasser sichern. Indem wir es schaffen, das Wasser auch bei Starkregen in der Fläche zu halten, so dass es ins Grundwasser versickern kann. Ansonsten ist es verlorenes Wasser, das oberflächlich abfließt, unseren Trinkwasservorräten und unseren Pflanzen aber nichts bringt.

    Wo sollen die Kommunen das Geld für die Klimaanpassungen wie Begrünung, Kanalumbauten, Flächenentsiegelung, Wasserspeicher und Hochwasserschutz hernehmen?

    Roth: Das ist genau die Frage. Ministerpräsident Söder macht große Ankündigungen und sagt dann: Die Kommunen werden es schon richten. Auf die Kommunen kommt mit dem Klimawandel extrem viel zu. Das haben wir bei der Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz gesehen. Wir fordern deshalb einen Klimavorsorge-Fond auf Bundesebene von 25 Milliarden Euro.

    Wo sollen die 25 Milliarden herkommen?

    Roth: Wir brauchen eine Regel bei der Schuldenbremse, die Ausgaben für Klimaanpassung zulässt. Wir müssen verstehen, dass die Klimakrise nicht nur Menschen im Globalen Süden die Lebensgrundlagen raubt oder ganze Inselstaaten verschwinden, sondern dass auch wir betroffen sind.

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