Kaum eine Komposition von Wolfgang Amadeus Mozart steht in so enger Verbindung zum diesjährigen Thema "Schuld und Vergebung" des Würzburger Mozartfests wie das "Requiem d-Moll", kreist dessen Textgrundlage doch um Begriffe wie Richter und Verteidiger, Gerechtigkeit und Strafe, aber auch um Befreiung, Ruhe und Ewiges Licht.
"Meisterlich" sei die musikalische Umsetzung durch Mozart, befand Bischof Franz Jung bei einem theologischen Blick auf die einzelnen Werkabschnitte und ordnete das Requiem als "Einladung zum Leben" ein.
Neue Fassung der unvollendeten Komposition
Der Kammerchor am Würzburger Dom und Concerto Köln widmeten sich unter der Leitung von Domkapellmeister Alexander Rüth dem Werk mit tiefgehender, edler Erlesenheit und gediegenem Strahlen.
Die Interpretation der 2022 erstellten Fassung von Michael Ostrzyga (Mozarts Komposition blieb bis auf Skizzen unvollendet) ging Rüth in flottem Tempo an – kein Risiko, denn sein Chor steht sicher über der Materie, bleibt dabei aber immer differenziert, passgenau und klar. Packend tobt der Tag des Zorns; Ruhe, Spannung und Dramatik des "Lacrimosa" vereinen sich in der Professionalität der Sänger und Sängerinnen.
Herausragend das international besetzte Solistenquartett: Die Sopranistin Priya Pariyachart, die Mezzosopranistin Aebh Kelly, der Tenor Xavier Hetherington und der Bassist Hovhannes Karapetyan sangen absolut ausgewogen und fügten sich äußerst stimmig zusammen. Ansatzlos lösten sich ihre Stimmen ab, traten hervor oder fügten sich zum geschlossenen Ensemble.
Orchester fand in vollkommene Homogenität
Alexander Rüth dirigierte selbstbewusst, klar und sehr genau in Vorstellung und Zeichengebung, so dass nach anfänglichen kleinen Wacklern auch das Orchester sich in vollkommene Homogenität fügte. Den tiefen Streichern sowie zwei Bassetthörnern oblag auch die Begleitung des Solotenors bei Manfreds Trojahns "Libera me" (2012), welches der Komponist dem Requiem voranstellt und mit diesem verzahnt.
Der dunkle Hintergrund, schroffe Akzente, grelle Dissonanzen und scharfe Klangformung zeichneten ein düsteres Bild, aus dem Xavier Hetheringtons Stimme sich weit schwingend erheben durfte – ein interessanter Gegensatz und ein eindrucksvolles Gleiten mittels fallender Linie in das Requiem.
Gregorio Allegris (1582-1652) "Miserere me, Deus" hatte den Konzertauftakt gebildet. Neunstimmig a cappella ist dieses wirkungsvolle Werk angelegt, und Alexander Rüth nutzte hier auch Empore und Kanzel zur Beschallung des Kirchenraums, wobei die Qualität des Chores in allen Facetten zum Tragen kam.