Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Würzburg
Icon Pfeil nach unten
Stadt Würzburg
Icon Pfeil nach unten

Würzburg: Wenn aus Liebe Tod wird und warum Werther immer noch aktuell ist

Würzburg

Wenn aus Liebe Tod wird und warum Werther immer noch aktuell ist

    • |
    • |

    Dieses Stück beginnt ganz leise, noch bevor das Publikum am Platz sitzt: Eine Frau (Adeliya Sagitova) betritt die Bühne. Überall Briefe – an Schnüren aufgereiht, zerknüllt am Boden, in ihren Händen. Bevor das Licht ganz ausgeht und die Scheinwerfer an, betrachtet sie das Papier – lächelt, weint, grübelt.

    Allein diese ersten Augenblicke der Inszenierung von Goethes berühmten "Leiden des jungen Werther" der Theaterwerkstatt Würzburg ziehen in den Bann und hinein in die Geschichte dreier Menschen, die zwischen Liebe, Tod und Schmerz ihren Platz in der Welt suchen. Einer verliert sich auf der Suche: Werther (Miro Nieselt), der Künstler und Tagträumer, Grübler und Liebende. Die junge Frau ist Lotte – und ja, Lotte liebt Werther auch, das wird schnell klar, aber Lotte liebt auch Albert (Nick Danilcenko), denn bei ihm "ist alles Ordnung und Sicherheit". "Bei Werther hingegen fehlt es an 1000 Kleinigkeiten" sinniert sie und dennoch sucht sie immer wieder seine Nähe.

    Werther bricht aus dem Dilemma durch Suizid aus 

    Albert lässt es geschehen - denn "darin sind die Weiber fein", sich alle warm zu halten. Liebe verbindet die drei und trennt sie dann hart, denn Werther entscheidet sich, aus dem Dilemma der Dreiecksbeziehung per Suizid auszubrechen. Schon zu Beginn ist klar: Werther ist tot und hat Lotte und Albert zurückgelassen und anders als im Roman ist deren Trauer der zentrale Anker in dieser Inszenierung: Die szenischen Rückblenden sind Versuche, das Geschehene zu begreifen – und gleichzeitig Verarbeitung des Unabänderlichen und der vermeintlichen Schuld.

    "Missverständnisse und Trägheit verursachen mehr Unglück in der Welt als List und Bosheit", sagt Lotte. Überhaupt ist Adeliya Sagitova hier das berührende Zentrum, neben einem energetischen Miro Nieselt und dem betont beherrschten Nick Danilcenko schafft sie als Lotte den Sprung vom verliebten Mädchen hin zur tief trauernden Frau, lacht in einem Moment unbeschwert und weint im nächsten echte Tränen.

    Coronabedingt mussten die Darsteller lange warten, um wieder Menschen zu erreichen, bei der Post-Lockdown Premiere durften nur 15 Zuschauer dabei sein. Nach der packenden Inszenierung von Regisseurin Christina Katarina Strobel aber ließen diese wenigen mit tosendem Jubel den kleinen Raum minutenlang beben. Verdient – auch, weil die Theaterwerkstatt jedem ein Infoblatt zum Stück mit nach Hause gibt, mit Krisentelefon und Hilfsangeboten. Denn auch knapp 250 Jahre nach Erscheinen ist der "Werther" immer noch aktuell – in einer kontaktbeschränkten Welt vielleicht sogar aktueller denn je.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden