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WÜRZBURG: Wenn die Linken-Chefin im Regen steht

WÜRZBURG

Wenn die Linken-Chefin im Regen steht

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    Bei strömendem Regen: Direktkandidatin Simone Barrientos (links) und Bundesvorsitzende Katja Kipping machten am Donnerstag am Marktplatz Wahlkampf für „Die Linke“.Foto: Thomas Obermeier
    Bei strömendem Regen: Direktkandidatin Simone Barrientos (links) und Bundesvorsitzende Katja Kipping machten am Donnerstag am Marktplatz Wahlkampf für „Die Linke“.Foto: Thomas Obermeier Foto: Thomas Obermeier

    Sie hat nicht ganz das Charisma von Gregor Gysi, sie ist nicht ganz so schön wie Sahra Wagenknecht und ganz gewiss ist Würzburg für ihre Partei keine gemähte Wiese – Katja Kipping, Chefin der Partei „Die Linke“, kämpft auf dem Oberen Markt um jede Stimme.

    Es regnet, als wolle es nie mehr aufhören. Am Infostand fallen dicke Tropfen auf die Broschüren. Der schwarze Hund eines Wahlkampfhelfers wird auf die kleine, überdachte Bühne gesetzt, bevor er pudelnass ist. Er trägt ein rotes Brustgeschirr. „Links, wo das Herz schlägt“, steht auf der Banderole, der er einen gelangweilten Blick zuwirft. Und „Solidarität statt Hassparolen“.

    Internationale linke Kampflieder

    Aus den Boxen dröhnen aufmunternde, internationale linke Kampflieder. Vor der Bühne stehen, weitläufig verteilt, etwa 20 Leute. Unter ihren Schirmen treten sie von einem Fuß auf den anderen. Erwartungsfreude sieht anders aus. Es gießt nicht nur wie aus Eimern. Es ist auch kalt.

    Simone Barrientos strahlt gegen die trüben Rahmenbedingungen an. „Wetter bescheiden, Stimmung gut“, ruft die Verlegerin aus Ochsenfurt, engagierte Flüchtlingshelferin, Vorstandsmitglied der bayerischen Linken und Direktkandidatin ihrer Partei für den Bundestag. Als sie Katja Kipping das Mikrofon übergibt, sind rund 40 Zuhörer da.

    Katja Kipping. 39 Jahre alt. Parteichefin. Rote Haare, roter Mantel, rote Stiefel. „Bei diesem Wetter zählt jeder zehnfach“, sagt sie und lächelt gewinnend. Dann erzählt sie den Würzburgern mit kraftvoller Stimme, eine Hand entschlossen zur Faust geballt, etwas über die Ziele ihrer Partei. „Atomare Abrüstung“. „Nein zu Krieg“. „Mehr Geld für Bildung“. „Millionenvermögen stärker besteuern“. „Rentenniveau anheben“. „Arbeitszeitverkürzung“. „Mehr Krankenpfleger“. Alles Pläne, gegen die man eigentlich nichts sagen kann.

    „Keine Schönwetter-Sozialisten“

    Ein alter Herr, dem Dialekt nach aus der ehemaligen DDR, tut es trotzdem. „Die schmeißen den Flüchtlingen unser Geld in den Rachen“, schimpft er so leise, dass Katja Kipping es nicht hört. Seine Begleiterin zieht ihn schnell weg von der Wahlkampf-Veranstaltung. Inzwischen lauschen, wohlmeinend geschätzt, etwa 100 Menschen der linken Frontfrau und applaudieren, wenn sie sagt, dass ihre Genossen „keine Schönwetter-Sozialisten sind“ und „Arbeitsverträge keine Quickies“.

    Auf „Platz 3“ will Katja Kippling ihre Partei am 24. September sehen. Weil „davon auszugehen ist, dass Nazis ins nächste Parlament einziehen“. Weil „die SPD sich entschieden hat, eine Variante der Union“ zu sein. Weil „die Linke für jeden kämpft, egal ob er Hartz IV bekommt oder zur Mittelschicht gehört“.

    Während die Parteivorsitzende verspricht, dass Die Linke die Steuerlast für Normalverdiener senken werde, betrachtet ein Mann interessiert das Info-Material am Pavillon neben der Bühne. Eine Wahlkampfhelferin lächelt ihn freundlich an: „Bitte schön, bedienen Sie sich“. Er sackt einen Kugelschreiber ein und ein Brillenputztuch. Die Flyer lässt er liegen. Er ist kein Interessent. Nur ein Wahlgeschenke-Schnorrer, der nicht mal „Danke“ sagt.

    „Nehmen keine Unternehmensspenden“

    Auf der Bühne erzählt Katja Kipping jetzt, dass ihre Partei, anders als die anderen, „auch die AfD“, „keine Unternehmensspenden“ annehme. Viele Zuhörer beklatschen das. Eine Mittvierzigerin zieht die Augenbrauen hoch. „Mmh“, sagt sie zu ihrer Freundin, „denen gibt ja auch kein Konzern was, weil er keine Gegenleistung zu erwarten hat“. Katja Kipping ruft über den Markt, dass Die Linke „nicht käuflich“ sei. „Aber wählbar.“

    Den Frankenwein, natürlich ein roter, den Simone Barrientos ihr zum Abschied schenkt, will sie bei der Wahlparty am 24. September öffnen.

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