Der Titel, mit dem das Torturmtheater Sommerhausen am 10. April die neue Saison eröffnet, sagt eigentlich alles: "Ich war ein Mensch". Das Stück der 1977 geborenen Autorin Katharina Schlender ist "das sehr poetische Vermächtnis eines Menschen aus einer Zeit, bevor die Welt digital wurde und die Künstliche Intelligenz alles übernommen hat", sagt Theaterleiterin Angelika Relin.
Wie konnte es so weit kommen? Und ab wann war der Unterschied zwischen Mensch und Maschine nicht mehr spürbar? Das sind Fragen, die sich die Schauspielerin Katharina von Harsdorf auf der Bühne stellt. Anders gefragt: Was hat den Menschen eigentlich ausgemacht?

Die nur im ersten Moment überraschende Antwort: Ellenbogen. Ellenbogen helfen einerseits, sich durchzusetzen, andere auf Abstand zu halten. Sie ermöglichen andererseits überhaupt erst Umarmungen. "Der Mensch ist ein soziales Wesen. Das wird keine KI jemals ersetzen können", sagt Angelika Relin. "Ebenso wenig übrigens wie diese urmenschliche Reaktion, das Gefühl von Heimat und Geborgenheit, wenn wir warmen Apfelkuchen riechen."
Szenen einer ungleichen Beziehung
Ab 12. Juni dann eine Wiederaufnahme wegen großer Nachfrage: "Fragmente der Liebe" von Henriette Dushe (bis 5. Juli). In der Regie von Christine Bossert spielen Nina Damaschke und David Meyer Szenen einer Beziehung zwischen einer vitalen, offenen Frau und einem Mann, der sich schwertut mit dem Reden über Gefühle - normaler Alltag oder philosophisch angehauchte Rückschau? "Was bleibt, ist trotz aller Sprachlosigkeit ein sich immer wieder veränderndes Mosaik der Liebe", schrieb die Kritikerin.

Wenn ein radikaler Schritt zur Einsicht zwingt
Drastischer wird es in "Der Abschiedsbrief" von Audrey Schebat (10. Juli bis 6. September). Maude kommt unerwartet früh nach Hause und findet Julien vor, der gerade versucht, sich zu erhängen. Erfolglos, schließlich ist er nicht der Geschickteste. Was Maude besonders ärgert: Er hat es nicht mal fertiggebracht, einen Abschiedsbrief zu schreiben. "Da steckt trotz des ernsten Themas eine Menge Situationskomik drin", sagt Angelika Relin. Es folgt eine Nacht der Wahrheit: Maude und Julien stellen ihre Ehe, ihre Leben und ihre Träume radikal auf den Prüfstand. Und stellen fest, dass sie beide schon lange unzufrieden sind - auch Maude, die gefeierte Pianistin.
Eine Frau und ihr Gehirn unterhalten sich
Eine Frau erleidet bei einem Fahrradunfall eine lebensbedrohliche Hirnverletzung. Während ihrer Bewusstlosigkeit übernimmt ihre Amygdala - jener älteste Teil des Gehirns, der für die wichtigen Steuerungen zuständig ist. In "Die Entführung der Amygdala" von Anna Gschnitzer (11. September bis 8. November) kommen also die Frau, die sich im Wachzustand aufreibt in den vielfältigen Rollen zwischen Familie und Karriere, und ihr Gehirn miteinander ins Gespräch. "Es ist eine Reise in die Fantasie. In wunderbaren Spielszenen stellen sich die beiden vor, wie eine Welt ohne Rollenzwänge aussehen könnte", verspricht die Theaterleiterin.
Zwei Männer und ein mysteriöses Paket
Zur Weihnachtssaison die weitere Wiederaufnahme eines Publikumsrenners: In "Viele gute Dinge kommen aus Reykjavik" von Josef Maria Krasanovsky (28. November bis 21. Dezember) stellt ein Paket, das vom Himmel fällt, das Leben zweier Männer (Alexander Wagner und Christian Buse) auf den Kopf. "Gekonnt hält seine kurzweilige Inszenierung die Balance zwischen komisch-grotesken Elementen und tiefsinnig-philosophischen Passagen", schrieb der Kritiker.
Gespielt wird Di. bis Fr. 20 Uhr, Sa. 16.30 und 19 Uhr und zusätzlich an den Advent-Sonntagen 30. November, 7., 14. und 21. Dezember. Kartenvorbestellungen per Mail an kartenbestellung@torturmtheater.de oder Di. bis Sa. ab 16 Uhr Tel. (09333) 268.