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Würzburg/Schweinfurt: Werden in Unterfranken zu viele Rohstoffe abgebaut? Was Naturschützer kritisieren und was die Regierung antwortet

Würzburg/Schweinfurt

Werden in Unterfranken zu viele Rohstoffe abgebaut? Was Naturschützer kritisieren und was die Regierung antwortet

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    Werden in Unterfranken zu viele Rohstoffe abgebaut? Was Naturschützer kritisieren und was die Regierung von Unterfranken darauf antwortet.
    Werden in Unterfranken zu viele Rohstoffe abgebaut? Was Naturschützer kritisieren und was die Regierung von Unterfranken darauf antwortet. Foto: Daniel Biscan, Getty Images

    Wird dem Abbau von Rohstoffen in Unterfranken zu viel Fläche gewidmet - zu Lasten der Natur? Das zumindest kritisiert der Bund Naturschutz: "Der überbordende Verbrauch von Fläche und Landschaft für den Abbau von Sand, Kies, Kalkstein und Co muss endlich ein Ende haben", sagt Martin Geilhufe, Landesbeauftragter des Bund Naturschutz (BN). In einer Pressemitteilung fordert er: "Insbesondere Trinkwasserschutz und der Erhalt wertvoller Biotopflächen und Wälder müssen mehr Gewicht bekommen als der umweltzerstörende Abbau von Rohstoffen."

    Durch den Abbau würden immer mehr Tier- und Pflanzenarten ihren Lebensraum verlieren. Das verstärke das Artensterben. Naturräume gingen als Treibhausgas-Senken verloren. Das reduziere die Resilienz Unterfrankens gegenüber Klimaveränderungen, so der BN. Werden Bodenschichten abgetragen, gehe der natürliche Filter verloren, der das Grundwasser vor Schadstoffen schütze.

    Ist die Kritik der Naturschützer berechtigt? Wie viel Natur verschwindet durch Rohstoff-Abbau wirklich? Antworten im Überblick.

    Wird in Unterfranken mehr Fläche für Sand und Kies gesichert als nötig?

    Im neuen Regionalplan für die Region Würzburg sind insgesamt 593 Hektar an Vorrang- und Vorbehaltsgebieten für den Abbau von Sand und Kies reserviert. Der Bedarf für die nächsten zehn Jahre liege nur bei 330 Hektar, kritisiert der Bund Naturschutz. 

    In der Region Main-Rhön sollen 288 Hektar für Sand- und Kiesabbau gesichert werden, laut BN bei einem Bedarf von 132 Hektar. 

    Es sei üblich, "Flächenzuschläge" hinzuzurechnen, entgegnet die Regierung von Unterfranken: 50 Prozent, weil erfahrungsgemäß nicht alle Grundstücke in dem Gebiet verfügbar seien, 30 Prozent, weil Abstände eingehalten werden müssten und 10 Prozent, weil die Genehmigung der Abbauvorhaben mit Unsicherheiten verbunden sei. Etwa, wenn der Artenschutz gefährdet ist. 

    Hinzu komme, dass einige der aktuell vorgesehen Gebiete "bereits ausgebeutet" seien. Die restlichen Flächen könnten den Rohstoff-Bedarf für die nächsten 20 Jahre nicht decken.

    Warum wird für Kalkstein-Abbau fünfmal so viel Fläche reserviert als nötig?

    Für "nicht nachvollziehbar" hält der Bund Naturschutz die umfassende Flächen-Reservierung für Kalkstein-Abbau. In der Region Main-Rhön sind 356 Hektar eingeplant - bei einem Bedarf von rund 65 Hektar. Das überschreite den Umfang der benötigten Flächen um mehr als das Fünffache, ärgern sich die Naturschützer.

    Die Begründung der Regierung von Unterfranken: Kalksteinbrüche seien mit "hohen Investitionskosten der Kalk- und Zementindustrie" aufgrund "aufwändiger Genehmigungsverfahren", geologischer Untersuchungen und der fortlaufenden Modernisierung der Produktionsanlagen wie Brecher, Silos oder Öfen verbunden.

    Weil der Abbau häufig in Konkurrenz zu Land- und Forstwirtschaft sowie Natur- und Wasserschutz stehe, sei eine "vorausschauende Rohstoffsicherung unabdingbar" für die "langfristige Planungs- und Investitionssicherheit der Unternehmen".

    Wie berechnet sich der Bedarf an Rohstoffen?

    Der errechnete Bedarf an Rohstoffen beruhe "in erster Linie auf einem Gutachten des Bayerischen Industrieverbandes Baustoffe, Steine und Erden" kritisieren die Naturschützer. Er sei "nicht nachvollziehbar".

    Dagegen argumentiert die Regierung von Unterfranken: Den Bedarf habe das Bayerische Landesamt für Umwelt (LfU) "unter Zuarbeit des Bayerischen Industrieverbandes" errechnet. Der Staat selbst habe keine Daten zum privatwirtschaftlichen Rohstoff-Abbau und dem Bedarf der Unternehmen.

    Rohstoffe wie Sand und Kies seien "endlich" und "standortgebunden". In der Region Würzburg kämen sie vor allem entlang des Mains vor. Es sei wichtig, diese Flächen zu sichern, da Alternativen zur Rohstoffausbeute "gegenwärtig fehlen", argumentiert die Regierung. Sie räumt aber ein: "Aus regionalplanerischer Sicht wäre eine höhere Recyclingquote und daher ein geringerer Bedarf an Rohstoffabbau sehr zu begrüßen."

    Wo gibt es Konflikte zwischen Rohstoffabbau, Trinkwasser- und Artenschutz?

    Steffen Jodl, BN-Regionalreferent für Unterfranken, sagt: "Problematisch ist, dass viele Flächen in Einzugsgebieten für die Trinkwasserversorgung verschiedener Kommunen liegen und Wälder sowie ökologisch wertvolle Schutzgebiete betroffen sind." Beispiele gebe es in Unterfranken viele.

    So liege der geplante Gipsabbau der Firma Knauf bei Altertheim (Lkr. Würzburg) im Einzugsbereich der "Zeller Quellen", die maßgeblich für die Trinkwasserversorgung der Stadt Würzburg sind.

    Auch der aktuelle oder geplante Sand- und Kiesabbau stelle an vielen Orten Unterfrankens eine Gefahr für den Artenschutz dar. Nordwestlich der Gemeinde Sand (Lkr. Haßberge) sei eine "sehr seltene Sandbienenart" nachgewiesen worden. Auf Flächen nordöstlich von Steinbach, Stadtteil von Lohr (Lkr. Main-Spessart), gebe es ein "noch intaktes Zauneidechsenvorkommen" sowie "gesetzlich geschützte Biotope und Streuobst".

    Bei Dettelbach, Mainsondheim und Schwarzach (Lkr. Kitzingen) ist dem BN zufolge ein "bedeutendes Brut-, Rast- und Überwinterungsgebiet bedrohter Vogelarten" betroffen, bei Wiesentheid und Prichsenstadt (Lkr. Kitzingen) ein "Wald mit besonderer Bedeutung für die biologische Vielfalt und den Klimaschutz". 

    Wie können Bürgerinnen und Bürger Einfluss nehmen auf den Rohstoffabbau in ihrer Region?

    Gerade werden die Regionalpläne für die Region Würzburg (also die Landkreise Main-Spessart, Würzburg, Kitzingen und die Stadt Würzburg) sowie für die Region Main-Rhön (die Landkreise Hassberge, Schweinfurt, Bad Kissingen und Rhön-Grabfeld) fortgeschrieben.

    An beiden Fortschreibungen könnten sich die Öffentlichkeit, aber auch der Bund Naturschutz beteiligen und einbringen, so die Regierung von Unterfranken. So könnten Hinweise auf gefährdete Arten bei den Verfahren in die Abwägung mit einfließen.

    Die Anhörungsfrist läuft noch bis diesen Sonntag, 22. Dezember, für die Region Würzburg und bis Montag, 23. Dezember, für die Region Main-Rhön. Die Planunterlagen sind auf der Internetseite der Regierung einsehbar.

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