Es war nicht nur ein Plädoyer für den Erhalt der Werkrealschule Creglingen, sondern für die Zukunft der Hauptschulen insgesamt, das Creglinger Firmen zusammen mit der Leitung der Werkrealschule Creglingen in der Auber Grundschule hielten. Schade nur, dass niemand von den Eltern zuhörte. Zu dem Infoabend war nicht ein einziger Elternteil gekommen.
Lag es daran, dass die Übertrittszeugnisse geschrieben, die Kinder für die fünfte Klasse der weiterführenden Schulen zum Teil schon angemeldet wurden, wie Wolfgang Stephan, der Rektor der Auber Grundschule vermutete? Für einige seiner Schüler wäre die Creglinger Werkrealschule genau die richtige Schulform, ist sich Stephan sicher. Im Gegensatz zu den üblichen Mittel- und Hauptschulen ist dort die Verbindung zu den ortsansässigen Firmen noch intensiver, Praktika in den Betrieben dauern nicht nur eine sondern zwei Wochen, Praktikumstellen für die Schülerinnen und Schüler der Werkrealschule werden gerne angeboten.
Ingrid Thomé-Reinhard, Leiterin der Creglinger Schule, konnte so auch von aktuell zwei Schülern aus Aub berichten, die ihre Schule besuchen. Mit derzeit 14 und einer noch unsicheren Anmeldung für das kommende Schuljahr kann ihre Schule die erforderlichen 16 Anmeldungen für die Eingangsklasse noch nicht vorweisen. Thome-Reinhard ist aber guter Dinge, dass es mit ihrer Schule trotzdem weitergeht. „Wenn allerdings mehrmals hintereinander die Mindestschülerzahl nicht erreicht werden kann, wird es eng,“ erklärte sie.
Näher an der Arbeitswelt
Ortsansässige Firmen unterstützen die Werkrealschule. Daniela Pfeuffer, Marketingreferentin der Wirthwein AG, Andreas Jöchner, Betriebsleiter der Firma Karl Schnell sowie die mit Wirthwein verbundene Winkler Design und die Röttinger ITW machen sich für den Erhalt der Werkrealschule Creglingen stark. Ihr Unternehmen stelle gerne Absolventen dieser Schule ein, so Pfeuffer. Mit einem Hauptschulabschluss und den Betriebspraktiken seien die Schülerinnen und Schüler näher an der Arbeitswelt als die zumeist nur theoretisch ausgebildeten Realschüler und Gymnasiasten.
Pfeuffer nannte Beispiele, wie Hauptschulabsolventen bei Wirthwein Karriere machen konnten, es von Auszubildenden bis zum Prokuristen, zur Verfahrensmechanikerin oder zum Projektleiter Werkzeugbau brachten. Im Inland ihrer weltweit aufgestellte Firma mit mehr als 3000 Mitarbeitern ist jeder zehnte ein Auszubildender. Derzeit sei es in Deutschland schwierig, überhaupt die benötigte Anzahl von Facharbeitern zu gewinnen. Viele ihrer Facharbeiter würden deshalb in Polen angeworben. Für Kinder, die mit den Eltern nach Creglingen kommen, sei die Werkrealschule genau der richtige Schultyp, um die Sprache zu erlernen und eingegliedert zu werden.
Studium möglich
Ähnlich äußerte sich Andreas Jöchner von der Firma Karl Schnell. Der Produzent von Maschinen für die Lebensmittelverarbeitung beschäftigt 240 Mitarbeiter, davon 25 Auszubildende. Einer, der bei Schnell Ausbildung und seinen beruflichen Weg gemacht hat, ist Simon Lochner. Er stellte seinen beruflichen Werdegang vom Hauptschulabsolventen, der Ausbildung bei Karl Schnell und der Meisterschule vor. Mit dieser Qualifikation könne er sich auch jetzt noch weiterbilden und selbst ein Studium an der Fachhochschule beginnen, so Lochner.
Die Hauptschule bildet ihre Schülerinnen und Schüler nicht nur berufsorientierter aus als die weiterführenden Schulen, ihre Absolventen kommen meist auch mit mehr Selbstvertrauen in die Ausbildungsbetriebe, weil sie die Arbeitswelten durch die Praktika kennen. Über die betriebliche Ausbildung, Berufsfach- und Aufbauschulen stehen den jungen Leuten auch verschiedene Weiterbildungsmöglichkeiten offen.
Länger im Berufsleben
Pfeuffer und Jöchner erklärten dies an konkreten Beispielen. Ein Hauptschüler hat sich über das Praktikum über seinen Wunschberuf informiert, beginnt nach der Schule seine Berufsausbildung, verdient schon gleich nach der Schule eigenes Geld. Wenn er später die Meisterschule besucht, bekommt er Bafög. Ein Realschüler oder Gymnasiast weiß bei Schulentlassung oft nicht, wie es weitergehen soll, nimmt sich ein Jahr frei um sich zu orientieren. Während des Studiums gibt es kein Geld und bis er mit seiner akademischen Ausbildung in einer Firma Fuß fassen kann, steht der ehemalige Hauptschüler seit vielen Jahren im Berufsleben.
Trotz fehlendem Elterninteresse war die Veranstaltung nicht vergebens. Im nächsten Jahr wolle man die Zusammenarbeit vertiefen, waren sich alle einig, und schon früher an die Eltern herantreten, um zu informieren. Für viele seiner Schülerinnen und Schüler, für die an Realschule und Gymnasium Misserfolg voraussehbar ist, wäre die berufsnahe Werkrealschule genau die richtige Schule, ist sich Stephan sicher.