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Würzburg/Berlin: Wie der Würzburger FDP-Abgeordnete Ullmann zum Impfpflicht-Befürworter wurde

Würzburg/Berlin

Wie der Würzburger FDP-Abgeordnete Ullmann zum Impfpflicht-Befürworter wurde

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    Engagierter Gesundheitspolitiker: Andrew Ullmann, FDP-Bundestagsabgeordneter aus Würzburg.
    Engagierter Gesundheitspolitiker: Andrew Ullmann, FDP-Bundestagsabgeordneter aus Würzburg. Foto: Patty Varasano

    Es war ein Tag Ende November, das genaue Datum weiß FDP-Gesundheitsexperte Andrew Ullmann nicht mehr: Auf jeden Fall sei er früh ins Büro gekommen und habe gerufen: "Ich bin jetzt für die Impfpflicht." Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hätten sich verwundert umgedreht und, vermutlich, gedacht: "Jetzt ist der Chef völlig verrückt."

    Ist er natürlich nicht. Der Würzburger Medizinprofessor kann gut begründen, warum er für eine Impfpflicht ab 50 Jahren ist, falls es im Lauf des Sommers nicht doch noch eine deutliche Steigerung der Impfquoten gibt. Aktuell sind erst 57,1 Prozent der Bevölkerung dreifach geimpft, selbst bei den Menschen über 60 Jahren liegt die Booster-Quote derzeit nur bei 77,5 Prozent.

    Er sei ein freiheitsliebender Mensch, sagt Andrew Ullmann. Und für ihn als Liberalen sei  "Eigenverantwortung" ein Grundwert. Als er jedoch die Nachrichten gehört habe, dass Dutzende von Corona-Intensivpatienten aus den östlichen Bundesländern sowie aus Bayern per Hubschrauber in Kliniken im Westen und Norden Deutschlands verlegt werden mussten, weil die Stationen komplett überlastet waren, sei das "ein Schlüsselerlebnis" gewesen: Wenn die hohe Zahl an Ungeimpften die Gesundheitsversorgung aller bedrohe, sei es richtig, als Staat einzugreifen, sagt der Bundestagsabgeordnete aus Würzburg. Die Geschehnisse vom November dürften sich jedenfalls nicht noch einmal wiederholen.

    Der Name Ullmann steht für eine Gesetzesinitiative

    Mittlerweile steht der Name Ullmann für eine der Gesetzesinitiativen zur Impfpflicht. Und die Chancen stehen nicht schlecht, dass diese Initiative am Ende Grundlage für einen Kompromiss sein wird, mit dem die Mehrheit der Parlamentarier gut leben kann. Noch vor Ostern könnte die endgültige Abstimmung über die Bühne gehen. Dabei sollen die Abgeordneten, ohne Fraktionszwang, allein auf Grundlage ihres Gewissens entscheiden.

    Der Vorschlag, den der 59-Jährige federführend mit fünf weiteren Abgeordneten von SPD, Grünen und FDP in die Debatte eingebracht hat, sieht vor, dass sich alle Erwachsenen ab 18 Jahren, die bislang nicht geimpft sind, in einem ersten Schritt einer Impfberatung unterziehen müssen. Die Aufforderung dazu könnten die Krankenkassen verschicken. Wie diejenigen verfolgt werden, die der Beratungspflicht nicht nachkommen, sei noch offen, sagt Ullmann. Er könne sich stichprobenartige Kontrollen durch die Polizei vorstellen - "zum Beispiel wie beim Führerschein".

    Der Würzburger FDP-Politiker Andrew Ullmann im Bundestag in der Berlin - hier im Dezember mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD).
    Der Würzburger FDP-Politiker Andrew Ullmann im Bundestag in der Berlin - hier im Dezember mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Foto: Andrew Ullmann

    Zum Stichtag 15. September sollen die Experten vom Robert Koch-Institut (RKI) dann einen Bericht vorlegen und entscheiden, ob mit Blick auf Impfquote, neue Virusvarianten und drohende Infektionswellen eine Impfpflicht für Frauen und Männer ab 50 Jahren, notwendig ist, um eine Überlastung des Gesundheitssystems im nächsten Winter zu verhindern. Dazu bräuchte es einen weiteren Bundestagsbeschluss.

    "Es geht um eine ethische Frage, ähnlich wie bei der Organspende."

    Andrew Ullmann, FDP-Gesundheitsexperte, über die Impfpflicht

    Ullmann und seine Mitstreiterinnen und Mitstreiter begründen das Vorgehen in Etappen, mit der Absicht, zunächst immer das "mildere Mittel" anzuwenden, um die Ziele zu erreichen. Das entspreche dem Verfassungsgebot der Verhältnismäßigkeit. Deshalb sei man auch gegen eine Impfpflicht für alle ab 18 Jahren, wie sie unter anderem Gesundheitsminister Karl Lauterbach, seine Staatssekretärin Sabine Dittmar aus Maßbach (Lkr. Bad Kissingen) und Bundeskanzler Olaf Scholz (alle SPD) befürworten. Außerdem steht im Bundestag voraussichtlich ein Antrag der Gruppe um Wolfgang Kubicki (FDP) zur Abstimmung an, die jegliche Impfpflicht ablehnt.

    Scholz' Idee, die Abstimmung über die Impfpflicht freizugeben, findet Ullmann richtig: "Es geht um eine ethische Frage, ähnlich wie bei der Organspende". Insofern hoffe er, dass CDU und CSU ihre momentane Blockadehaltung gegen alle Gesetzesvorschläge aufgeben. Die Impfpflicht eigne sich nicht für "parteipolitisches Machtgerangel", findet der FDP-Politiker. Er sei aber zuversichtlich, dass sich die Parteien im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens noch aufeinander zubewegen.

    Dass sein Name quasi als Überschrift über einem möglichen Kompromiss zur Impfpflicht steht, macht Andrew Ullmann erkennbar stolz. Den Wechsel aus der medizinischen Praxis und Forschung auf die politische Bühne hat der 59-Jährige nicht bereut. Dabei räumt er ein, "ein bisschen naiv" gewesen zu sein, als er 2017 in den Bundestag einzog. Wer nämlich glaube, er verstehe Gesundheitspolitik, weil er viel von Gesundheit verstehe, der täusche sich, so die Erfahrung des Infektiologen. Die Komplexität der Gesetzgebung habe er unterschätzt, gleichwohl mache der "ständige Lernprozess" Spaß.

    Wie der Medizin-Professor zum Bundespolitiker wurde

    Schon während seiner Zeit am Uniklinikum in Mainz Anfang der 2000er Jahre war Ullmann, der seine Kindheit in Los Angeles verbracht hat, kommunalpolitisch für die FDP aktiv gewesen. 2012 folgte er dem Ruf an die Universität Würzburg. Als die FDP 2013 aus dem Bundestag flog, "weil sie dort außer Wirtschaftspolitik nicht viel zu bieten hatte", entschied der Professor, sich "jetzt erst recht" für ein gesundheitspolitisches Profil der Liberalen zu engagieren - inklusive des Schrittes in die Bundespolitik. Das Gesetz zur Impfpflicht ab 50 könnte sein politisches Gesellenstück werden.

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