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Würzburg: Wie die AfD den Messerangriff in Würzburg instrumentalisiert

Würzburg

Wie die AfD den Messerangriff in Würzburg instrumentalisiert

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    Eine Teilnehmerin einer AfD-Kundgebung in Würzburg lässt sich am Mahnmal der Opfer des Messerangriffs ablichten.
    Eine Teilnehmerin einer AfD-Kundgebung in Würzburg lässt sich am Mahnmal der Opfer des Messerangriffs ablichten. Foto: Heiko Becker

    Die Schulter vorgebeugt, Mundwinkel angezogen, an den Augen feine Grübchen: Richard Graupner, Chef der AfD in Unterfranken strahlt, als er einem Kitzinger NPD-Mann die Hand schüttelt. Es ist Freitagabend, 2. Juli. Rund 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer, Land- und Bundestagsabgeordnete der AfD, Neonazis und sogar Björn Höcke, Hauptfigur des rechtsextremen Flügels der AfD, sind nach Würzburg gekommen. Um der Opfer des Messerangriffs zu gedenken, sagt die Partei. Um die Tat für rechte Propaganda zu instrumentalisieren, sagen Kritiker.

    Genau eine Woche vor Graupners Handschlag mit dem NPD-Mann hat ein Somalier in Würzburg drei Menschen umgebracht und zahlreiche weitere verletzt. Die Tat hatte eine Welle des Mitgefühls losgetreten. "Ich habe geweint", äußerte sich Oberbürgermeister Christian Schuchardt (CDU). Und: "Die Verbrechen Einzelner sind niemals auf Bevölkerungsgruppen, Religionen, Staatsangehörigkeiten zurückzuführen."

    Auch Ministerpräsident Markus Söder (CSU) äußerte Mitgefühl und Sorge zugleich: "Ich habe eine weinende Frau getröstet, weil es mir so unendlich leid tut." Und: "Wir dürfen die schlimme Tat nicht politisch instrumentalisieren. Es ist schäbig, wie AfD und rechtsradikale Gruppen einmal mehr versuchen, alle Migranten unter Generalverdacht zu stellen." Doch was meint er damit?

    AfD greift Markus Söder und Würzburgs Oberbürgermeister Schuchardt an

    Kurz nach der Tat schreibt Richard Graupner an diese Redaktion: "Beileidsbekundungen von Söder sind Heuchelei. Ich fordere die Staatsregierung auf, endlich zu handeln, statt Krokodilstränen zu vergießen: Setzen Sie sich für eine effektive Sicherung der deutschen Grenze ein."

    Richard Graupner (links) begrüßt einen NPD-Mann aus Kitzingen auf der "Mahnwache" in Würzburg. 
    Richard Graupner (links) begrüßt einen NPD-Mann aus Kitzingen auf der "Mahnwache" in Würzburg.  Foto: Thomas Palmai

    Auch OB Schuchardt wird von der AfD in einem Brief angegriffen. "In Ihrer Rede warnten Sie davor, dass die Tat eines Täters mit Migrationshintergrund nun reflexartig politisch instrumentalisiert werden könnte", schreibt die AfD. "Wollen Sie bewusst von den Fehlern Ihrer Stadtverwaltung ablenken?"

    Als Geflüchteter aus einem Bürgerkriegsland erhält der Messerattentäter sogenannten "subsidiären Schutz" in Deutschland. Das betonte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) am Donnerstag im Innenausschuss des Landtags. Doch rechtliche Aspekte spielen für Teile der AfD offenbar keine Rolle:

    Björn Höcke schreibt auf Facebook: "Es gibt kein internationales Recht, das das Recht eines souveränen Volkes brechen könnte, selbst zu entscheiden, mit wem es zusammenleben möchte und mit wem nicht!" Christina Baum, Vorsitzende des AfD-Kreisverbands Main-Tauber und enge Vertraute von Höcke geht noch weiter. Sie schreibt auf Facebook: "Wir befinden uns im Kampf der Kulturen. (...) Wer rot, grün, schwarz oder gelb wählt, trägt zu Deutschlands Untergang bei."

    Populismusexperte: Typische Strategie nach Messerangriff in Würzburg

    Professor Karsten Fischer, Lehrstuhlinhaber für Politische Theorie an der Ludwig-Maximilians-Universität in München, ist Experte für politischen Populismus. Er sagt: "Die Kommunikation der AfD zum Würzburger Messerangriff ist die typische Strategie populistischer Parteien."

    Verstörende Verbrechen nutze die Partei gezielt für ihre Zwecke. Komplexe Zusammenhänge wie die psychische Erkrankung eines Einzeltäters würden ignoriert oder klein geredet. Andere Fakten, wie die somalische Herkunft des Täters, würden als zwangsläufige Ursache für Schreckenstaten dargestellt. Somit würden Menschen mit ausländischen Wurzeln unter Generalverdacht gestellt.

    Auch gegen politische Gegner instrumentalisiere die AfD Verbrechen gezielt. Demokratische Regeln würden als untauglich diffamiert und Entscheidungsträger als Schuldige für einzelne Taten dargestellt. "Politiker sollten den Spieß umdrehen und die Hasskommunikation der AfD gezielt ansprechen", sagt Fischer. So ließe sich die Inszenierung der AfD entlarven.

    Würzburger Bevölkerung hat nach dem Messerangriff besonnen reagiert

    Freitagabend in Würzburg. Eine Teilnehmerin der AfD-Kundgebung steht vor dem Mahnmal am Barbarossaplatz. Sie hält sich eine Rose vors Gesicht, zückt ihre Kamera, schießt ein Selfie. Dann noch ein Foto, diesmal mit Kerze und Kniefall. "Die Veranstaltung bot einen würdigen Rahmen, um die Opfer zu ehren", schreibt Graupner auf Facebook. Dort kritisiert er auch das "ohrenbetäubende Schweigen der Bundeskanzlerin", die sich nicht zu dem Messerangriff geäußert habe.

    "Das ist heuchlerisch", sagt Politologe Fischer. Zur AfD-Strategie gehöre, sich auf keinen moralischen Standpunkt festzulegen. Äußerten sich Politiker und Politikerinnen zum Messerangriff, sei es falsch. Schwiegen sie, habe die AfD auch daran Kritik. Erfreulich sei, dass die Strategie aktuell nicht verfange: "Die Bevölkerung hat nach dem Angriff besonnen reagiert."

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