Er kennt die Situation der Asylsuchenden in Deutschland nur allzu gut. Sprache und Kultur sind noch fremd, aber ohne ausreichende Sprachkenntnisse ist eine Integration nicht möglich. Deshalb setzt sich Navid Zabihi in besonderer Weise für Deutschunterricht von Flüchtlingen in den Gemeinschaftsunterkünften Würzburg und Aub (Landkreis Würzburg) ein.
In jungen Jahren kam er Ende 1989 nach Verfolgung aufgrund seiner politischen Tätigkeit im Iran nach Deutschland, wo er auch bald anerkannt wurde. Er lernte Deutsch, erlangte die Fachhochschulreife und machte eine Ausbildung zum staatlich geprüften Heizungs-, Lüftungs- und Klimatechniker. Seit 1995 wohnt und arbeitet er in Heidingsfeld.
Integration ist für ihn eigentlich kein Thema mehr: Vor Jahren ließ er sich einbürgern. Er ist seiner Firma treu geblieben und seit Jahren mit einer Deutschen verheiratet. In seiner Freizeit frönt er seinem aus der alten Heimat mitgebrachten Hobby – dem Spielen auf der Tombak (persische kelchförmige Handtrommel). Aber das reichte Navid Zabihi nicht mehr. Er wollte Menschen, die heute ein ähnliches Schicksal wie er erlitten haben, unterstützen und auf diesem Wege auch etwas „zurückzugeben“.
Sein großes Anliegen: Asylsuchende sollten rasch die deutsche Sprache lernen. Seit einem Jahr gibt Zabihi in seiner Freizeit ehrenamtlich in den Gemeinschaftsunterkünften Würzburg und Aub Unterricht und hilft den Flüchtlingen auf vielfältige Weise, etwa als Übersetzer.
Als Unterrichtsmaterial dienten Navid Zabihi zunächst Hunderte Kopien von Arbeitsblättern, die er zusammen mit seiner Frau erstellt hatte. Eine mühselige und auch kostspielige Angelegenheit. Die Erkenntnis daraus: Ohne Lehrbücher kein ordentlicher Unterricht. Als nun sogar seine Schüler den Wunsch nach Büchern äußerten, war es Zeit zu handeln. Deutschbücher für Ausländer – bislang nicht in den GUs vorhanden – mussten her. Nur sindLehrbücher in ganzen Klassensätzen nicht gerade billig. Fast 21 Euro wollten pro Buch bezahlt sein. Und mindestens 40 Exemplare sind in seinen beiden Klassen erforderlich.
„Wir haben über die Jahre motivierte und lernwillige Menschen erlebt.“
Susanne Bühl, Sant' Egidio, über Deutschkurse in der GU
Hier zahlte sich nun Zabihis Firmentreue und ein guter Kontakt zu Kollegen und Chef aus. Die Heizungs- und Sanitärfirma Adolf Schöpplein in Heidingsfeld, bei der Navid Zabihi seit 1995 arbeitet, feiert dieses Jahr ihr 30-jähriges Bestehen. Und schon war der Gedanke geboren... Wie Zabihi versichert, musste er keine große Überredungskunst entfalten: Kollegen und Firmeneigentümer Adolf Schöpplein waren sofort bereit, die Bücheraktion im Rahmen ihres Jubiläums zu unterstützen.
Und so greifen nun alle Kollegen tief in ihre Kaffeekasse und finanzieren die Hälfte der Bücherkosten. Die andere Hälfte legt der Chef darauf. Als Maßnahme zusätzlicher Motivation und Wertschätzung verlangt Lehrer Zabihi von seinen Schülern einen Eigenbeitrag von fünf Euro pro Buch. Ein kleiner Beitrag, der die Asylbewerber mit ihren monatlich 40 Euro Taschengeld nicht überfordert.
Die Schüler dürfen ihre Bücher bei sich behalten, solange sie sich in der Würzburger oder Auber Gemeinschaftsunterkunft leben. Sollten sie eines Tages nach ihrer Anerkennung in eine andere Stadt gehen, müssen sie das Buch abgeben. Es wird dann für den Deutsch-Unterricht neuer Asylbewerber verwendet. Die Anschaffung der Bücher sieht Zabihi als Appell an das Verantwortungsgefühl und als Anreiz zum Lernen. „Alle Schüler zeigten sich mit dieser Idee einverstanden“, berichtet er.
Die christliche Gemeinschaft Sant' Egidio gibt in der Asyl-Unterkunft schon seit deren Bestehen Deutsch-Kurse. Man habe über die Jahre ausgesprochen motivierte und lernwillige Menschen erlebt, berichtet Susanne Bühl. Es sei damit gelungen, etwas Licht in einen häufig tristen Lebensalltag der Flüchtlinge zu bringen. Und auch die Lernerfolge seien beeindruckend.
„Stadtgespräch“ zur GU am kommenden Montag
Die Gemeinschaftsunterkunft in Würzburg und die dortige Unterbringung von derzeit 450 Asylbewerbern ist am kommenden Montag, 19. März, auch Thema des aktuellen „Stadtgespräches“ von Main-Post und Rudolf-Alexander-Schröder-Haus. An dem Abend sollen die Lebensbedingungen für Flüchtlinge in der GU beleuchtet werden. Auch Navid Zabihi wird an dem Abend teilnehmen. Als weitere Gäste diskutieren ab 20 Uhr im RAS-Haus (Wilhelm-Schwinn-Platz):
• Prof. Ulrich Sinn („Die Schutzflehenden“, Mainfranken Theater)
• Hans-Georg Rüth (Abteilungsdirektor Regierung von Unterfranken)
• Eva Peteler (ehrenamtliche Betreuung von Asylbewerbern, „Heimfocus“)
• Antonino Pecoraro (Ausländerbeirat und Caritas Würzburg)
• Eva Dannenhauer (Arbeitskreis Asyl der Katholischen Hochschulgemeinde)
• Asylbewerber aus der GU
Auch Vertreter der größeren Würzburger Stadtratsfraktionen haben ihr Kommen zugesagt. Es moderiert Main-Post-Redakteur Andreas Jungbauer. Das „Stadtgespräch“ ist öffentlich für alle Interessierten. Im zweiten Teil kann sich das Publikum mit Fragen und Meinungen aktiv einschalten.