Wenn Frank Körner diesen Samstag am Adalbero-Flohmarkt unter anderem zugunsten der Elterninitiative leukämie- und tumorkranker Kinder Würzburg e.V. verkauft, dann ist das nicht nur rührend: Wer die Geschichte des 55-Jährigen kennt, der hat, wenn er Körner begegnet, unweigerlich einen Kloß im Hals. Erstmal jedenfalls. Dann wird klar: Körner weiß sich zu organisieren. Er kann was. Und er gibt nicht auf.
Körner ist Betriebswirt und Diplom-Sozialpädagoge. Der Mann aus Wilhelmshaven wollte Berufsoffizier werden und verbrachte auf diesem Weg unter anderem neun Monate in Hammelburg, ein erster Kontakt mit Unterfranken.
Heute wohnt er mit Tochter Lisa (8) in der Sanderau, ein allein erziehender Jobcenter-Papa mit Regelsatz vom Amt. 100 Prozent schwerbehindert. Lisas Mutter lebt, gesundheitlich so schwer angeschlagen, dass sie sich nicht dauerhaft um Lisa kümmern kann, in der Nähe.
Körner hat viel gesammelt. Übers Internet, über Facebook. Seine Aufrufe, dass er, der mehrere Krebstumore überstanden hat, jetzt dringend etwas Unterstützung für sich und seine Tochter braucht und von seinem Flohmarktverkauf noch 15 Prozent für krebs- und tumorkranke Kinder abgeben will – diese Aufrufe fruchteten. Flur und Kinderzimmer seiner Wohnung stehen voll mit Artikeln von Schmuck bis zu Kinderspielen, von Handtaschen und Kleidern bis zu Grillbesteck, Handwerkszeug und zum Kabelreceiver. Kinderbücher, Bilder, Tonfiguren. Ein Mikroskop, neuwertig in der gedämmten Holzkiste, Berge von CDs und teils noch verschweißte DVDs bietet er an, ein Yoga-Set, Lampen, eine zwar nicht mehr neue, aber fast nie benutzte Küchenmaschine von Bosch. Modeschmuck hat er, auch altes Zeug, auch Echtes aus Silber und mit Halbedelsteinen im Angebot. Vielerlei Elektrogeräte, die alle funktionieren, er hat sie alle getestet. Sämtliche Kleider sind gereinigt, sagt er, und man nimmt es ihm ab: nichts riecht modrig. Alles ist so, als hätte er es gerade sauber aus dem eigenen Kleiderschrank geholt.
Möbel sind nicht so viele dabei, nur eine Kommode aus den 60ern und zwei kleine Sideboards. Er ist darauf angewiesen, dass die Sachen zu ihm beziehungsweise zum Adalberogelände gebracht werden, denn nach den vielen Chemos ist er zwar von knapp 47 Kilo zu den schlimmsten Zeiten jetzt wieder bei 63, und das bei einer Größe von 1,82 Metern, aber körperlich baut er sich erst wieder auf – läuft inzwischen wieder 4000 Meter, sagt er: „Ganz langsam.“ Voll mit anpacken kann er noch nicht.
Welch ein Überlebenswille – war er doch schon 91 Sekunden klinisch tot! Tochter Lisa war wohl sein größter Schutzengel. Die kleine, intelligente Lady mit viel Erfahrung mit Erwachsenenkrankheiten und Pflegepersonen hat immer an Papa geglaubt. Als Lisas Papa mehrfach zusammenbrach, blieb ihr nur die Pflegefamilie. Zwischendurch wollte man dem Vater das Kind wegnehmen. Wegen seiner Krankheit, habe es geheißen: „Kindeswohlgefährdung“. Weil sein Krebs wieder kommen könne. Das stimmt, sagt er, und ergänzt trocken: „Ich kann auch die Treppen 'runterfallen“. Er zögerte nicht, sich per Rechtsanwalt zu wehren – und gewann seine Tochter zurück.
Sie kommt in der Schule gut zurecht und ist sehr musikalisch, spielt Flöte, lernt Querflöte und Gitarre und trommelt auf der Djembe. Das darf sie oft sogar zuhause, „hier im Haus wohnen doch lauter Studenten“, sagt Frank Körner mit einem verschmitzten Lächeln. Die würden das akzeptieren. „Ich hab' für die Studenten ja auch schon viel gemacht“.
„Ich freu mich jeden Morgen aufzuwachen.“
Der krebskranke Frank Körner, dessen Krankheit gestoppt wurde
Körner, der von sich selbst sagt, dass seine Offizierslaufbahn zwar nicht erfolgreich endete, er dann aber recht erfolgreich selbstständiger Geschäftsmann war, gesteht auch ein: „Geschäftsmann mit Ellbogen-Mentalität“. Das änderte sich: „Ich freu mich jeden Morgen, aufzuwachen – dass ich noch lebe. Und ich fühle mich jeden Morgen besser.“ Zwischenzeitlich war sein Schicksal grausam. Er war so verzweifelt, dass er kurz vor dem Suizid gestanden habe, sagt er. „Ich habe alle meine Freunde verloren.“ Und ergänzt: „. . . habe aber ganz viele neue gefunden“. Sicher nicht zuletzt deshalb, weil er sich auch sozial engagiert beziehungsweise in den letzten Jahren engagiert hat, etwa in der Pfarrei durch das Austragen der Pfarrzeitung und im Organisationsteam für Veranstaltungen, in der Wärmestube, wo er gekocht hat, oder bei der Streetwork, sagt er. Umgekehrt wird er jetzt nicht nur von der Pfarrei unterstützt, auch von Lisas Klassenlehrerin, auch von der Krebshilfe finanziell fürs Erste. Denn schließlich hatte er davon ausgehen müssen, Weihnachten 2013 nicht mehr zu erleben. Deswegen hatte er „alles verschenkt. Die Wohnung war leer.“ Am 2. Dezember 2013 dann die Diagnose: der Krebs ist gestoppt. Und er brauchte eine Mini-Grundausstattung fürs neue Leben in der leeren Wohnung. Heute helfen auch Nachbarn, darunter die Studenten. Und viele Fremde, die übers Netz auf ihn aufmerksam wurden.
Während seines Klinikaufenthaltes habe er auch die Station Regenbogen der krebskranken Kinder besucht. Wenn er von den „Zwei- und Dreijährigen“ spricht, „die Leukämie haben“ und den „13- und 14-Jährigen, die von ihren Eltern abgeschoben wurden“ – wegen ihrer Krebskrankheit – dann versagt ihm kurz die Stimme. Die seien mittellos, sagt er entsetzt, „aber die wollen doch auch mal ins Internet“, so wie andere in diesem Alter. Also kann er bei seinem Verkauf nicht nur an sich und Lisa denken.
Der Aufbau für den Flohmarkt an der St.-Adalbero-Kirche beginnt an diesem Samstag, 26. April, um 7 Uhr. Die Standgebühren pro Tapeziertischlänge und -breite betragen 10 Euro. Für Kinder, die kindgerechte Waren auf der Kinderwiese verkaufen, ist der Verkauf frei. Anmeldung ist nicht notwendig. Platzreservierungen über Nacht sind nicht gestattet. Professionelle Händler sind unerwünscht. Grünen-Abgeordnete Kerstin Celina wird Frank Körner an diesem Samstag ab 11 Uhr am Flohmarktstand untestützen.