Dancing Queen, Mamma Mia oder The Winner takes it all – die Songs von Abba begeistern noch heute ganze Generationen. Nachdem sich die schwedischen Musiker Agnetha Fältskog, Björn Ulvaeus, Benny Andersson und Anni-Frid Lyngstad 1982 getrennt hatten, gab es fast 40 Jahre keine neue Musik mehr von ihnen. Zur Freude vieler Fans hat die Band, die über 400 Millionen Alben verkauft hat, nun ihr Comeback angekündigt. Am 5. November erscheint ihr neues Album "Voyage".
Bei diesem Sensations-Comeback hat auch eine Würzburgerin mitgewirkt: Sara Buschkühl. Die 41-Jährige arbeitet in Stockholm als Musikerin und stand für die neuen Abba-Songs zusammen mit Benny Andersson und Björn Ulvaeus im Studio. Ein Gespräch über Kaffeepausen mit den Stars und spontane Probenbesuche von Königin Silvia.
Frage: Sie sind gebürtige Würzburgerin. Wie hat es Sie nach Stockholm verschlagen?
Sara Buschkühl: Ich habe zunächst an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Frankfurt im Diplomstudiengang Kontrabass studiert, später an der Musikhochschule in Freiburg und gegen Ende des Studiums ein Auslandssemester als Erasmus Stipendiatin an der Königlichen Musikhochschule in Stockholm wahrgenommen. Nach dem Diplomabschluss in Freiburg bin ich für die Meisterklasse an die Stockholmer Musikhochschule zurückgekehrt – und seither als Musikerin in Schweden geblieben.

Wie kann man sich Ihren Alltag mit diesem spannenden Beruf vorstellen?
Buschkühl: Sehr abwechslungsreich! Ich habe in den vergangenen zehn Jahren überwiegend im Royal Stockholm Philharmonic Orchester, an der Königlichen Oper und im Schwedischen Radiosinfonieorchester gespielt. Daneben auch bei den Göteborger Symphonikern, in Würzburgs Partnerstadt Umeå, in Stavangers Sinfonieorchester in Norwegen und zur Zeit habe ich einen Vertrag in Norrköping. Ich spiele auch regelmäßig als Barockbassistin im Drottningholm Barockensemble und natürlich bei vielen Kirchenkonzerten mit Stockholms tollen Chören.
Waren Sie vorher bereits schon einmal im Tonstudio?
Buschkühl: Tatsächlich nicht. Ich habe bei Konzertaufnahmen für das schwedische Radio oder Fernsehen mitgewirkt und CD-Aufnahmen mit Solisten wie zum Beispiel Isabelle Faust im Schwedischen Radiosinfonieorchester mit eingespielt. Aber für mein Tonstudio-Debüt musste erst Abba anfragen.
Wie kam es zu der Zusammenarbeit mit Abba?
Buschkühl: Das 'Stockholm Concert Orchestra', das auch für seine Crossover-Produktionen in großen Arenen oder seine Live-Musik zu Filmvorführungen bekannt ist, hatte bereits früher mit Benny Andersson zusammengearbeitet. Es wurde von Abba für das Album engagiert und hat die Musiker aus Stockholms Spitzenorchestern zusammengestellt. Bei den Aufnahmen mit kleiner Besetzung waren allein vier Konzertmeister vertreten, sowie Professoren aus der Musikhochschule. Es hat sich einfach keiner nehmen lassen, dabei zu sein. Ich war eine der beiden Kontrabassisten.
Wie haben Sie auf die Anfrage reagiert?
Buschkühl: Als ich gefragt wurde, ob ich neue Songs von und mit Abba einspielen will, habe ich nur eines gesagt: JA!
Hatten Sie viel Kontakt mit den Bandmitgliedern?
Buschkühl: Ja, Benny Andersson hat selbst die Aufnahme in seinem Studio geleitet. Und Björn habe ich eine ganze Weile hinter dem Mischpult gar nicht erkannt. Agneta und Anni-Frid waren nicht dabei. Deren Gesang war bereits eingesungen und ich hatte sie via Kopfhörer auf den Ohren.

Wie sind die Stars im Umgang?
Buschkühl: Benny ist ein unglaublich liebenswerter und sympathischer, großer Künstler. Über die Jahre ist mir durch viele verschiedene Begegnungen eines klar geworden: Je größer eine Persönlichkeit, desto unscheinbarer und bescheidener ihr Auftreten.
Ist Ihnen eine Situation besonders im Gedächtnis geblieben?
Buschkühl: In den Probenpausen standen wir alle immer mit Kaffee in der Hand draußen vor dem Studio auf Skeppsholmen in der Sonne und hatten viel Spaß zusammen. Einmal sinnierte dabei eine Kollegin, dass wir gerade gar nicht begreifen, was wir hier eigentlich machen. Wir nahmen nach 40 Jahren die erste neue Abba-Musik auf. Sie prophezeite, dass das groß werden würde. Und sie hatte recht.
Haben Sie davor schon einmal mit so bekannten Musikern zusammengearbeitet?
Buschkühl: Das kommt auf das Genre an. Natürlich mit vielen weltbekannten Künstlern aus der Klassik-und Barockwelt. Wenn man mit der klassischen Musik bewandert ist, sprechen Riccardo Muti, Herbert Blomstedt, Marc Minkowski, Dame Emma Kirkby, Nina Stemme oder Ildar Abdrazakov für sich. Ich bin sehr dankbar, mit diesen und anderen Größen zusammengearbeitet zu haben. Im Crossover-Bereich war ich mit dem Orchester schon mehrmals mit Andrea Bocelli auf Skandinavien-Tournee. Aber 25 000 Konzertbesucher, wie bei seinen Konzerten, sind in meinem musikalischen Leben doch eher die Ausnahme.

Spielen Sie normal eher klassische Werke? War dies neues Terrain für Sie?
Buschkühl: Ja, ich bin klassische Musikerin und habe im Popularbereich eigentlich wenig Erfahrung. Im Sommer war ich zum Beispiel Barockbassistin in der Produktion von Händels 'Agrippina' im Drottningholmer Schlosstheater, die auch als Film im Laufe des Jahres zu sehen sein wird. Die Produktion entstand mit einem internationalen Musiker- und Solistenensemble im Weltkulturerbe mit original Maschinerie und Kulissen aus dem 18. Jahrhundert, die immer noch in Gebrauch sind. Das ist einzigartig. Tatsächlich hat sogar Königin Silvia eines Tages unsere Probe besucht, und zwei Wochen später ist das Königspaar auch in eine Vorstellung gekommen. Sie wohnen ja gleich nebenan.
Sind Sie noch oft in Ihrer Heimat Würzburg – und spielen sogar hier?
Buschkühl: Ich komme aus der Innenstadt und bin sogar an einem Kilianisonntag geboren – mehr Würzburger geht also nicht. In der Dompfarrei habe ich auch all meine musikalischen Anfänge genossen, von der Früherziehung über jeglichen Musikunterricht bis zu langjährigem Singen im Domchor. Ich bin noch regelmäßig in Würzburg, um enge Freunde und Familie zu besuchen. Während des Studiums in Deutschland habe ich noch zeitweise im Dom gespielt, zum Beispiel ein Weihnachtsoratorium oder Silvesterkonzert. Seit Schweden sind diese Anfragen nicht mehr so leicht realisierbar, aber ausgeschlossen ist es nicht. Und inzwischen gibt es Frankenwein sogar in der Orchester-Bar des Stockholmer Konzerthauses. Ich habe wohl oft genug danach gefragt.
Wie haben Familie und Freunde auf Ihr Engagement mit den Weltstars reagiert?
Buschkühl: Ein paar Abba-Fans unter meinen Freunden hat es schon ein wenig die Sprache verschlagen. Aber meine Familie verfolgt mit Freude alle meine musikalischen Aufgaben, von Anbeginn im Kleinen genauso begeistert wie im Laufe der Zeit im Großen. Ich habe ja erst mit 19 Jahren angefangen, Kontrabass zu lernen. Mein Motto ist: Man darf sich seine Träume nie ausreden lassen, man soll sie leben.

Haben Sie vor dem Kontakt selbst Abba gehört oder sind Sie dafür zu jung?
Buschkühl: Abba ist wohl bis heute an niemandem vorbeigegangen und einige Lieder fand ich auch schon immer richtig gut. Vor allem 'Thank you for the Music'.
Und nun: Sind Sie jetzt Abba-Fan?
Buschkühl: Im Abba-Museum in Stockholm war ich in zwölf Jahren zwar noch nicht, aber vielleicht besuche ich es jetzt bald doch einmal.
Zur Person: Sara BuschkühlDie gebürtige Würzburgerin lebt seit 2009 in Stockholm (Schweden) und ist hauptberuflich klassische Kontrabassistin. Auf dem neuen Album "Voyage" von Abba hat sie mit einigen Musikern aus Stockholms Spitzenorchestern die Streicher in Benny Anderssons Studio eingespielt. Normalerweise spielt sie in der Philharmonie, der Königlichen Oper und im Radiosinfonieorchester.
Die 41-Jährige arbeitet nebenberuflich außerdem als Illustratorin und fertigt beispielsweise Scherenschnitte mit Silhouetten der Würzburger Innenstadt an (www.buschkuehl-arts.eu/).Quelle: jsc