Mit den Riester-Verträgen verbinden die meisten Menschen Rentenverträge. Daneben gibt es aber auch die Möglichkeit, die staatliche Förderung zum Kauf oder zur Sanierung einer Immobilie einzusetzen. Bekannt ist diese Form als Wohn-Riester. Dabei gibt es jedoch einiges zu beachten: "Beim Wohn-Riester gilt das Prinzip der nachgelagerten Besteuerung", sagt Judit Maertsch, unabhängige Finanzberaterin beim Verbraucherservice Bayern in Würzburg. "Wenn man nicht genau rechnet, kann Wohn-Riester zur Schuldenfalle werden." Eine steuerliche Beratung sei daher beim Wohn-Riester unbedingt zu empfehlen.
Was ist Wohn-Riester?
Wohn-Riester ist ein staatlich geförderter Immobilienkredit oder ein Bausparvertrag, der auch Eigenheimrente genannt wird. "Der Staat unterstützt die Tilgung von Riester-Darlehen oder die Sparbeiträge mit Zulagen", erklärt Maertsch. Das sind aktuell 175 Euro Grundzulage im Jahr für Erwachsene. Für Kinder, die vor 2008 zur Welt kamen, bekommen Sparer 185 pro Kind dazu. Für nach 2008 geborene Kinder schüttet der Staat 300 Euro pro Kind aus. Ein Beispiel: Eine Familie mit zwei Kindern mit Geburtsjahr nach 2008 kann beispielsweise 950 Euro im Jahr extra erhalten, wenn beide Elternteile "riestern" und die vollen Zulagen bekommen. Das klingt zunächst gut. "Doch es gibt einige Tücken", sagt Maertsch.

Was sind die Nachteile von Wohn-Riester?
Sehr problematisch sei das "Wohnförderkonto". Dort werden die jährlichen Eigenheim-Sparbeträge, die Tilgungsleistungen und die gewährten Zulagen bis maximal 2100 Euro eingestellt und jeweils am Jahresende mit zwei Prozent verzinst. "Spätestens zum 68. Lebensjahr muss dieses Konto aufgelöst und die Steuerschulden müssen bezahlt werden", so die Finanzexpertin. Wird 30 Jahre lang der Höchstbetrag von 2100 Euro verbucht, ergibt sich mit der Verzinsung ein Kontostand von knapp 86 600 Euro. Der Steuerpflichtige hat nun die Wahl: Er kann den Saldo vom Wohnförderkonto sofort mit einem Rabatt von 30 Prozent versteuern. Oder er verteilt die Summe gleichmäßig auf die Jahre bis zum 85. Lebensjahr und versteuert monatlich - allerdings ohne Rabatt . "Die Höhe der Steuerpflicht hängt vom individuellen Steuersatz ab", sagt Maertsch.
Welche Auflagen gibt es beim Wohn-Riester?
Auch für die Nutzung der Immobilie sieht Wohn-Riester zahlreiche strenge Auflagen vor. "Wer die Vorschriften gemäß Eigenheimrentengesetz nicht beachtet, riskiert, dass er die komplette Wohnriester-Förderung zurückzahlen muss", erklärt Maertsch. Das ist zum Beispiel bei Verkauf oder Vermietung der Immobilie der Fall. Wer nicht innerhalb von fünf Jahren nach Verkauf eine neue förderbare Immobilie erwirbt oder innerhalb von zwei Jahren den entsprechenden Betrag aus dem Wohnförderkonto in einen anderen Altersvorsorgevertrag einzahlt, verliert die Förderung. Wer bei Rentenantritt die Einmalbesteuerung gewählt hat, darf die Immobilie 20 Jahre nicht verkaufen, sonst wird ein Strafzuschlag auf das zu versteuernde Einkommen fällig. Das gilt auch für den Erbfall.

Aber ich bekomme doch Geld vom Staat geschenkt?
Trotzdem dürfe man an dieser Stelle nicht vergessen: "Die staatliche Förderung ist kein Geschenk, sondern eine Entlastung in der Spar- und eine Belastung in der Rentenphase", erklärt die Finanzberaterin. Verbraucher sollten jährlich überprüfen, ob die Zulagen richtig gebucht wurden, ob zusätzliche steuerliche Vorteile gewährt wurden und ob die in das Wohnförderkonto eingestellten Beträge korrekt sind.
Wie sähe das in einem konkreten Beispiel aus?
Eine Leserin berichtet dieser Redaktion, dass sie 2009 einen Bausparvertrag mit Wohn-Riester-Förderung abgeschlossen hat. Mit Jahres- und Abschlussgebühren sind ihr Kosten von etwa 655 Euro bis 2017 entstanden. Zwischen 2010 und 2017 hat die Leserin staatliche Förderungen – Altersvorsorgezulagen und Steuervorteile – in Höhe von 4247 Euro erhalten. 2017 hat sie den Bausparer mit 15 558,57 Euro für die Abzahlung der Immobilie eingesetzt. Erst jetzt wurde sie auf das Wohnförderkonto aufmerksam. Dort stand nun ein versteuernder Betrag von 16 177,87 Euro. Mit 4484,01 Euro Steuernachzahlung hat die Leserin das Wohnförderkonto vorzeitig aufgelöst. Sie gibt an, dass sie von ihrer Bausparkasse gar nicht über das Wohnförderkonto informiert wurde. Finanzberaterin Maertsch berichtet von zahlreichen ähnlichen Fällen.
Wann lohnt es sich, das Wohnförderkonto aufzulösen?
Dieser Frage ist eine aktuelle Studie der Universität Würzburg nachgegangen. Den Berechnungen zufolge dauert es in der Regel bis zum 80. Lebensjahr eines Wohn-Riester-Sparers, bis sich der Rabatt von 30 Prozent bezahlt macht. Vorher lohne sich bei Beziehern einer durchschnittlichen Rente die jährliche Versteuerung mehr, fand Studienautor Uwe Schätzlein heraus. Bei Einkünften ab 65 000 Euro pro Jahr kann sich die Auflösung des Wohnförderkontos hingegen schon zu Beginn lohnen.
Kann ich den Vertrag einfach stilllegen oder auflösen?
Unzufriedene Wohn-Riester-Sparer sollten nicht vorschnell kündigen. Besser sei es, den Vertrag in eine Riester-Rente umzuwandeln. "Eine Kündigung sollte vermieden werden, weil der Staat die Förderung zurückverlangt", sagt Maertsch. Zudem lohne sich Wohn-Riester nur, wenn man dauerhaft im geförderten Eigenheim bleibt.

Wie kann ich mein Geld für das Eigenheim besser anlegen?
"Das Sparen wird immer schwieriger. Es kommen ständig neue Gebühren hinzu und bei vielen Banken gibt es bereits den Negativ-Zins. Der Zinseszinseffekt wurde quasi eliminiert", sagt die Finanzexpertin. Am besten sei derzeit eine Mischung aus Festgeld - mit unterschiedlichen Laufzeiten - und einem Sparplan mit Exchange Traded Funds (ETFs). Ein ETF ist ein börsengehandelter Indexfonds, der die Wertentwicklung bekannter Marktindizes abbildet. Im Kern bieten ETFs die Vorteile von Aktien und Fonds bei überschaubarem Risiko. "Dabei empfehlen wir nur ETFs, die weltweit gestreut sind", so Maertsch. Ein Vorteil dabei sei auch, dass man jederzeit an sein Geld herankomme. Sehr beliebt seien derzeit nachhaltige ETFs. Hier erhält man zwar keine Förderung, man muss sich aber auch keine Gedanken um eine nachgelagerte Besteuerung machen.
Kann ich auch in ETFs "riestern"?
"Das wäre eine gute Variante, sie wird aber nicht oft angeboten", sagt Maertsch. Denn die Provisionen für den Anbieter sind hier sehr niedrig. Auch das Baukindergeld sei für junge Familien eine Alternative zum Wohn-Riester.
Info & Buchtipp Der Verbraucherservice Bayern berät zu Einzelthemen der Altersvorsorge und Geldanlage, prüft Angebote und Verträge. Einzelsprechstunden können online oder per Telefon gebucht werden. Kontakt: wuerzburg@verbraucherservice-bayern.de, Telefon: (0931) 30 50 80. Auch die Verbraucherzentrale Bayern bietet eine kostenpflichtige Beratung zum Thema an. Einen persönlichen Beratungstermin kann man online buchen unter www.verbraucherzentrale-bayern.de oder unter Telefon (0931) 59 18 6. Buchtipp: Welche Versicherung brauche ich wirklich? Ist ein Ehevertrag für uns sinnvoll? Wie halte ich meinen Lebensstandard im Alter? Alle diese Fragen hat Datev mit dem Geldratgeber Finanztip und dem Deutschen Verband vermögensberatender Steuerberater (DVVS) in einem Buch gebündelt: dem "Datev ArbeitnehmerScout (m/w/d)". In dem Ratgeber geht es um Absicherung, Vorsorge und Familie. Ein Sonderthema widmet sich der Frage: "Was kann ich mit Anfang 50 zusammen mit meiner Steuerberaterin oder meinem Steuerberater noch für meine Rente tun?" Datev (Hrsg.) in Kooperation mit Finanztip und dem DVVS, ArbeitnehmerScout, 520 Seiten, 15,80 Euro. Quelle: clk