An anderen Ecken sollen die Renovierungsarbeiten demnächst beginnen. Sie sind auch nötig: Ein Schadstoffgutachten hatte schon beim Verkauf den Sanierungsbedarf penibel dokumentiert.
Die kommunale Stadtbau GmbH hat trotz eines umfassenden Gesamtkonzepts für die Häuser an der oberen Rottendorfer Straße den Kürzeren gezogen. Sie hatte frühzeitig auf die Altlasten hingewiesen und für deren Beseitigung 1,6 Millionen Euro angesetzt. Diese Zahl nannte Stadtbau-Geschäftsführer Hans Sartoris auf Anfrage. Ob die Sanierungspläne ein Kriterium beim Verkauf durch die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) waren, ist fraglich. Eine Aussage dazu war aktuell nicht zu erhalten. Grundsätzlich veräußert die Bundesanstalt meistbietend. Nach Main-Post-Informationen gab es für die Lincoln Housing Area über 20 Interessenten.
Gutachten listet Schadstoffe auf
Für die Linken in Würzburg hat Stadtrat Holger Grünwedel seine Zweifel, ob die Bima als Einrichtung des Bundes hinreichend auf die Interessen der Wohnbevölkerung achtet. Über die Bundestagsfraktion in Berlin will er eine Anfrage ans Bundesfinanzministerium richten. Es müsse sichergestellt werden, so Grünwedel, dass von der Bima verkaufte Häuser nur nach vollständiger Schadstoffsanierung wieder bezogen werden.
Bei den neuen Eigentümern der 96 Wohnungen scheint der Linke damit offene Türen einzurennen. Es werde alles unternommen, um die vom Gutachten aufgelisteten Schadstoffe wie Asbest, Lindan oder teerhaltige Kleber zu entfernen oder zu versiegeln. Bei einem Ortstermin mit dieser Zeitung haben das Stefan Kratz und Klaus Hergenröther zugesichert. Kratz ist Chef der gleichnamigen Hausverwaltung – ein Würzburger Familienbetrieb, der seit 125 Jahren und in der fünften Generation im Immobiliengeschäft tätig ist.
Die Immobilienverwaltung Kratz hat die unteren zwei der sechs Wohnblöcke gekauft. „Wir wollen die Häuser in unserem Besitz halten und sozial gut gemischt vermieten“, sagt Kratz. Schon aus Eigeninteresse woll man die Entstehung eines isolierten Quartiers vermeiden. Bei einer Kaltmiete von 5,40 Euro könnten sich aber auch weniger Betuchte eine großzügige Wohnung leisten. Die Einheiten sind zwischen 85 und 130 Quadratmeter groß.
Kratz hat schon vor Wochen mit der Sanierung begonnen: Parkettböden werden ersetzt oder versiegelt und neu belegt, alte Einbauschränke sind wegen der Belastung mit dem Holzschutzmittel Lindan herausgeflogen, PCB-belastete Farbanstriche wurden mühsam von den Wänden gekratzt. Laut Gutachten deuten die Biozidbelastungen auf frühere Kammerjägereinsätze in den von Angehörigen der US-Armee und ihren Familien bewohnten Häusern hin.
Nach dem Kauf hat Kratz weitere Schadstoffmessungen in allen Wohnungen veranlasst. Und auch nach der Renovierung, verspricht er, würden die Werte erneut überprüft: „Wir packen das Problem an den Wurzeln.“ Kaufpartner Klaus Hergenröther marschiert in die gleiche Richtung. Er lasse in seinem Block alle Böden herausreißen und Anstriche abfräßen. Die Handwerker seien beauftragt. Mit der Vermietung will der Betriebswirt und Immobilienfachmann in einem Vierteljahr beginnen. Die Kosten für die Schadstoffsanierung in den sechs Blöcken beziffern die beiden auf rund zwei Millionen Euro.
Veränderungssperre durch Stadt
Aus der Dreier-Bietergemeinschaft von Kratz, Hergenröther und der WüWoBau GmbH sind zwischenzeitlich schon fünf Eigentümer geworden: Hergenröther und die WüWoBau haben jeweils eines ihrer beiden Häuser an Privatleute aus der Region (Zodtner/Arnstein und Mahler/Leinach) weiterverkauft. Hergenröther ist auch Geschäftsführer der WüWoBau. Außer den Reparaturen in den Wohnungen sind aktuell keine größeren Umbauten geplant. Das ist wegen einer bis Herbst 2011 laufenden Veränderungssperre nicht möglich, die die Stadt Würzburg erlassen hat.
Ursprünglich wollten die Käufer stärker in das Gelände – auch mit Neubauten – eingreifen, ähnlich wie die Stadtbau. Nun liegt die Entwicklung zunächst auf Eis. Die Stadt will planerisch erst einmal auf den benachbarten Ex-Leighton Barracks und dem Landesgartenschau-Gelände 2018 vorankommen. Wenn mit einem Bebauungsplan die Veränderungssperre wegfällt, so Hergenröther und Kratz, wolle man die Häuser noch energetisch sanieren und unter anderem mit Balkonen ausstatten.
Die Lincoln Housing Area – die ersten Häuser wurden 1953 gebaut – war im Juni 2008 von den Amerikanern an den Bund zurückgegeben worden.