Die Preise steigen, aber der Lohn bleibt gleich. Bei vielen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern wird das Geld immer knapper. Doch nur wenige Arbeitgeber sind bereit, ihren Beschäftigten mehr Lohn zu zahlen, um die Inflation auszugleichen. Grund genug für die Gewerkschaften, zum Streik aufzurufen und durch die Arbeitsniederlegung ihren Forderungen in den aktuellen Tarifverhandlungen Nachdruck zu verleihen.

So auch am Mittwoch in Würzburg. Die Gewerkschaft Verdi hatte den öffentlichen Dienst zum Streik aufgerufen. Auswirkungen hatte das nicht nur auf den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV), sondern auch auf verschiedene andere Bereiche wie beispielsweise Teile der Stadtverwaltung, die Straßenreinigung oder die Blindeninstitutsstiftung.
1000 Beschäftigte folgten dem Streikaufruf der Gewerkschaft Verdi
Insgesamt rund 600 Beschäftigte waren dem Streikaufruf der Gewerkschaft Verdi gefolgt, schätzt Gerald Burkard, Bezirksgeschäftsführer von Verdi Aschaffenburg-Würzburg. Die Polizei spricht von knapp 1000 Beteiligten. "Ich bin mehr als zufrieden mit der Anzahl, auch weil wir nur 400 Personen angemeldet hatten", erklärt er. Gegen 11 Uhr endete der Demozug durch Würzburg vor dem Mainfranken Theater mit einer Kundgebung.

Ob sich die hohe Beteiligung der Würzburger Beschäftigten positiv auf die Tarifverhandlungen auswirken werde, könne Burkhard aktuell nicht einschätzen. "Das entscheidet sich alles nächste Woche." Die Gewerkschaft Verdi fordert in ihren Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst eine Lohnerhöhung von 10,5 Prozent für die Beschäftigten – mindestens aber 500 Euro und eine Laufzeit des Tarifvertrages von zwölf Monaten. Das Angebot von Arbeitgeberseite, eine Lohnerhöhung um fünf Prozent in zwei Schritten und eine Einmalzahlung in Höhe von 2500 Euro hatte Verdi abgelehnt.
Straßenreinigung auf Folgetage verschoben, Bürgerbüro besetzt
Die Streiks des öffentlichen Dienstes machten sich auch im Bereich der Straßenreinigung bemerkbar. Rund ein Drittel der Beschäftigten hätten die Arbeit niedergelegt, erklärt Georg Wagenbrenner, Pressesprecher der Stadt Würzburg. Aus diesem Grund konnte der Biomüll in den Stadtteilen Zellerau und Lengfeld an diesem Mittwoch nicht abgeholt werden. Gleiches galt für das Altpapier in der Zellerau. Die Entsorgung der Gelben Säcke sowie die Restmüllabholung in Lengfeld waren nicht von den Arbeitsniederlegungen betroffen.
Für die Entsorgungen im Klinikbereich und in den Pflegeheimen wurde ein Notdienst eingerichtet. Die Straßenreinigung in den einzelnen Stadtteilen werde laut Stadt in den kommenden Tagen nachgeholt.
Wie viele Beschäftigte der Stadt sich dem Streikaufruf angeschlossen hatten, könne man derzeit nicht sagen, erklärt Wagenbrenner. Jedoch waren die Bereiche des Tiefbaus und Bauhof, die Straßenreinigung und Gartenamt weniger stark besetzt. Eine Notfallversorgung gerade in den Bereichen der Friedhofsverwaltung und Kanalisation war allerdings gewährleistet. Im Bürgerbüro kam es aufgrund des Streikes zu keinen Einschränkungen.
Schülerinnen und Schüler kamen wegen ÖPNV-Ausfall nicht zum Unterricht
Auch an den Schulen waren die Streikauswirkungen bemerkbar. Weil die Straßenbahnen nicht fuhren, erschienen viele Schülerinnen und Schüler nicht zum Unterricht. Besonders betroffen waren dabei die Schulen außerhalb des Innenstadtgebietes, wie beispielsweise die Mittelschule am Heuchelhof. Wegen des großen Einzugsgebietes waren in der zehnten Klasse beispielsweise von 38 Schülerinnen und Schülern nur sieben anwesend.

Frühzeitig habe die Schule informiert, dass zusätzlich Online-Unterricht stattfindet, so Schulleiter Winfried Gintschel. Das Problem: Nicht alle Familien hätten Zugang zum Internet. Er habe zwar Verständnis für den Streik, erinnere aber auch daran, dass dieser die Falschen treffe.
Streiks bei der WVV liefen planmäßig ab
Ähnliches berichtete auch Simone Hofmann, Rektorin der Pestalozzi-Mittelschule. Insgesamt 46 von 230 Schülerinnen und Schüler seien nicht zum Unterricht erschienen. "Es ist schon ein relativ großer Anteil, der aus dem Stadtbereich kommt und heute nicht kommen konnte." Viele Eltern seien berufstätig und hätten keine Möglichkeit, ihre Kinder zur Schule zu fahren.

Die WVV konnte auf Nachfrage dieser Redaktion am Streiktag keine konkreten Auskünfte zur Anzahl der Streikbeteiligten geben. Susanna Blum, Pressesprecherin der WVV erklärte jedoch, dass der Streik planmäßig verlaufen sei und ein Notfallbetrieb, vor allem in den Kraftwerken und zur Aufrechterhaltung notwendiger Versorgungen, eingerichtet wurde. Die Anzahl der streikenden Beschäftigten werde vermutlich erst in den kommenden Tagen feststehen.
Kindergärten in der Gemeinde Rimpar vom Streik betroffen
Auch viele Mitarbeitende des Blindeninstituts Würzburg hatten sich am Streiktag beteiligt, erklärt Pressesprecherin Sabine Tracht. Insgesamt 80 bis 90 Beschäftigte hätten ihre Mittagspausen verlängert, oder außerhalb ihrer Arbeitszeit am Streik teilgenommen, um zu zeigen, dass sie hinter den tariflichen Forderungen stünden.
Zwar hatten die Mitarbeitenden in Würzburger Kitas ihre Arbeit nicht niedergelegt, in der Gemeinde Rimpar hingegen schon, sagt Geschäftsleiter der Gemeinde Alexander Fuchs. Eine Kita in Rimpar sei komplett geschlossen gewesen, da sich die gesamte Belegschaft an dem Streik beteiligt habe. Bei einer weiteren wurde nur eine Krippengruppe geschlossen. Fuchs hätte für betroffene Eltern eine Notfallbetreuung eingerichtet. Aber: "Glücklicherweise haben alle Eltern ihre Kinder anderweitig untergebracht." Beschwerden hätte es seitens der Eltern nicht gegeben. Im Gegenteil: "Das Ganze lief mit viel Verständnis für die Erzieherinnen und Erzieher ab. "