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Frankfurt/Würzburg: Würzburger Anwälte erfolgreich: Grünen-Politikerin Renate Künast erreicht "historisches Urteil" gegen Facebook

Frankfurt/Würzburg

Würzburger Anwälte erfolgreich: Grünen-Politikerin Renate Künast erreicht "historisches Urteil" gegen Facebook

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    Erfolgreich gegen den Facebook-Konzern Meta: Grünen-Bundestagsabgeordnete Renate Künast im Januar 2022 mit ihren Würzburger Anwälten Matthias Pilz und Chan-jo Jun. 
    Erfolgreich gegen den Facebook-Konzern Meta: Grünen-Bundestagsabgeordnete Renate Künast im Januar 2022 mit ihren Würzburger Anwälten Matthias Pilz und Chan-jo Jun.  Foto: Johannes Kiefer (Archivbild)

    Für den Würzburger Anwalt Chan-jo Jun ist es ein "historisches Urteil": Das Oberlandesgericht Frankfurt hat der Grünen-Bundestagsabgeordneten Renate Künast im Verfahren gegen den Facebook-Mutterkonzern Meta recht gegeben. Plattformbetreiber sind demnach verpflichtet, einmal gemeldete rechtsverletzende Beiträge - und sinngleiche Kopien - proaktiv selbst aufzuspüren und dauerhaft zu löschen.

    Damit bestätigten die Richter der höheren Instanz an diesem Donnerstag in weiten Teilen ein Urteil des Landgerichts Frankfurt von April 2022. Lediglich die seinerzeit erstrittenen 10.000 Euro Schmerzensgeld wird Künast, die in dem Verfahren von den Würzburger Anwälten Matthias Pilz und Chan-jo Jun vertreten wurde, nicht erhalten.

    Renate Künast war immer wieder Anfeindungen ausgesetzt 

    Die ehemalige Ministerin wehrt sich seit Jahren gegen sogenannte Memes, also Wort-Bild-Montagen, die bei Facebook gepostet werden. Sie zeigen ein Bild von Künast in Verbindung mit dem erfundenen Zitat "Integration fängt damit an, dass Sie als Deutscher mal türkisch lernen!". Wegen dieses Fakes war die Politikerin immer wieder Anfeindungen ausgesetzt.

    Dass Künast nie eine solche Äußerung getätigt hat, bestritt auch Facebook-Konzern Meta nicht. Das Unternehmen hielt es aber für nicht zumutbar, neben dem einmal gemeldeten Original-Post auch nach sämtlichen sinngleichen Kopien des Fakes zu suchen, das heißt nach Varianten, mit abgewandeltem Layout, teilweise weggelassenen Buchstaben oder mit veränderten, mit bloßem Auge kaum erkennbaren Pixel-Strukturen im Hintergrund.

    Das Oberlandesgericht Frankfurt hat entschieden: Facebook muss die Verbreitung dieses Falschzitats, das angeblich von Renate Künast stammt, verhindern.
    Das Oberlandesgericht Frankfurt hat entschieden: Facebook muss die Verbreitung dieses Falschzitats, das angeblich von Renate Künast stammt, verhindern. Foto: Montage: Daniel Biscan

    Die Frankfurter Richter sehen das anders. Sie verpflichten den Meta-Konzern, eigenständig auch nach Varianten rechtswidriger Beiträge zu suchen. Im Wesentlichen könne dies automatisiert, nicht zuletzt mithilfe Künstlicher Intelligenz (KI), geschehen. Im Zweifel sei dem Unternehmen aber auch eine "menschlich-händische Einzelfallbewertung" zuzumuten.

    Freude bei Renate Künast nach Urteil des Oberlandesgerichts

    "Ich freue mich sehr", sagt Renate Künast in einer ersten Stellungnahme zur Gerichtsentscheidung in Frankfurt. Das Urteil setze einen "Meilenstein für das Persönlichkeitsrecht". Gerade in Zeiten des wachsenden Rechtsextremismus komme den Social-Media-Plattformen eine besondere Verantwortung zu.

    Für Josephine Ballon, der Geschäftsführerin von HateAid, der Hilfsorganisation, die das Verfahren finanziert hat, setzt das Gericht mit dem Urteil neue Schutz-Standards: Es verpflichte die Plattformen, mehr zu tun, "um unsere Gesellschaft und Demokratie vor systematischer Desinformation durch Verleumdungskampagnen zu schützen".

    Für Künasts Anwalt Chan-Jo Jun schließt sich mit dem Urteil ein Kreis, der vor sieben Jahren am Landgericht Würzburg mit dem Verfahren des syrischen Flüchtlings Anas Modamani gegen Facebook begonnen hat. Modamani, dem in zahlreichen Posts terroristische Verbrechen unterstellt wurden, wollte erreichen, dass die Plattform diese Verleumdungen aufspürt und löscht. Er verlor den Prozess, weil die Würzburger Richter es für unzumutbar hielten, Facebook zur aktiven Suche nach Fake-Meldungen zu verpflichten. "Es ist das erste Mal, dass Richter das hierzulande anders sehen", kommentiert Jun jetzt die Entscheidung im Fall Künast.

    Kein Anspruch auf Schmerzensgeld wegen bislang unklarer Rechtslage

    Lediglich das geforderte Schmerzensgeld wollte das Oberlandesgericht (OLG) der Grünen-Politikerin nicht zugestehen. Wegen der bislang unklaren Rechtslage könne man Facebook keine "hartnäckige Verweigerung" des Anspruchs von Künast vorwerfen, die Fake-Memes konsequent zu löschen. Diese wäre aber Voraussetzung für eine Entschädigung.

    Ob Facebook Revision gegen das Urteil beim Bundesgerichtshof einlegt, blieb am Donnerstag offen. Die OLG-Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.

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