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WÜRZBURG: Würzburger bekommt Cannabis auf Rezept

WÜRZBURG

Würzburger bekommt Cannabis auf Rezept

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    Günter Weiglein mit einer getrockneten Cannabisblüte und der dazu gehörigen Medizindose.
    Günter Weiglein mit einer getrockneten Cannabisblüte und der dazu gehörigen Medizindose. Foto: dpa

    Es war an einem Mittwoch im vergangenen Sommer, als bei Günter Weiglein die Polizei vor der Haustür seiner Wohnung in Würzburg stand. Eine Nachbarin hatte verdächtige Pflanzen am Fensterbrett des langjährigen Schmerzpatienten entdeckt – und ihn verpfiffen.

    Weiglein landete vor dem Amtsgericht Würzburg und bekam Ende November 2017 wegen vorsätzlich unerlaubten Anbaus von Betäubungsmitteln eine Geldstrafe von 300 Euro zur Bewährung aufgebrummt. Sein Anwalt ist gegen das Urteil in Berufung gegangen, die Staatsanwaltschaft, so sagt er, ebenfalls. „Wir warten nun auf einen Gerichtstermin, der wohl in den nächsten Wochen anstehen wird.“

    Apothekenpreis pro Gramm: 22 Euro

    Seit dem Verfahren, so erzählt Günter Weiglein gegenüber dieser Redaktion, hole er sich sein vom Arzt verschriebenes Heilmittel nun eben aus der Apotheke. 22 Euro pro Gramm koste das. Zum Vergleich: „Im gesicherten Eigenanbau im Innenraum wären es zwischen 1,20 Euro und 1,50 Euro“, schätzt Weiglein. Drei Gramm braucht er pro Tag zur Schmerzlinderung, monatlich sei er bei 2000 Euro Kosten. Ein Wahnsinn im Vergleich, ja, aber Eigenanbau sei nun mal in Deutschland verboten, Ausnahmen können grundsätzlich aber gemacht werden.

    „Ich selbst warte noch auf eine Genehmigung, Cannabis selbst anzubauen. Aktuell läuft noch ein Berufungsverfahren. 2014 gab es ein Verwaltungsgerichtsurteil in Köln, ich bin einer der Kläger“, so Weiglein.

    Schwierig wird es für Schmerzpatienten mit Ausnahmegenehmigung der Bundesopiumstelle, wenn es zu Lieferengpässen kommt, sie in der Apotheke nichts bekommen. „Wenn man dann niemanden an der Hand hat, bei dem man Marihuana erwerben kann, ist das schmerztechnisch eine Katastrophe.“ Lieferengpässe seien keine Seltenheit, denn die Zahl der Antragsteller für Ausnahmegenehmigungen habe im letzten Jahr schon bei 13.000 Patienten gelegen. „Und es werden immer mehr. Es ist höchste Zeit, dass hier endlich eine Regelung gefunden wird!“

    Erfolgreiche Schmerzlinderung

    Der Würzburger war im Jahr 2002 mit dem Motorrad verunglückt und wird seither von teils unerträglichen Schmerzen geplagt. 2007, fünf Jahre nach dem Unfall, als die Möglichkeiten der Schulmedizin für ihn als chronischen Schmerzpatienten ausgereizt waren, versuchte er es mit Marihuana. Und: „Es half!“ Seither versucht Weiglein seine Schmerzen, die sich den Tag über aufbauen und am Abend und in der Nacht immer heftiger werden, mit Haschisch zu lindern.

    • Lizenz für die eigene „Gras“-Ernte (Juli 2014)

    Bisher wird Cannabis zur medizinischen Verwendung vor allem aus den Niederlanden und Kanada importiert, 2016 belief sich die Menge laut Gesundheitsministerium auf 170 Kilogramm. Ab 2019 soll auch Cannabis aus deutschem Anbau verfügbar sein. Bei einem Tagesbedarf von etwa einem Gramm pro Patient würden derzeit 365 Kilogramm pro Jahr benötigt. „So einfach ist das alles aber nicht, ich denke nicht, dass sich so schnell was an der Situation ändert“, meint Patient Weiglein.

    Besitz und Eigenanbau bleibt verboten

    Der Anbau in lizenzierten Betrieben muss ausgeschrieben und überwacht werden, die Betriebe müssen die Ernte lagern. Die staatliche Cannabis- Agentur, so die Pläne, wird die Ernte schließlich aufkaufen, um sie an Arzneimittelhersteller, Großhändler oder Apotheken weiterzuverkaufen. Einfluss auf den Abgabepreis soll die Agentur nicht haben.

    Besitz, Anbau und der Handel von Cannabis bleiben verboten. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) fürchtet eine schleichende Legalisierung der illegalen Droge, die bei dauerhaftem Konsum zu Abhängigkeit führen kann. Die Diskussion um Cannabis, seine Heilwirkung und seine Freigabe in Ausnahmefällen wird seit vielen Jahren geführt. Nun wirft der Bund Deutscher Kriminalbeamter mit seiner Forderung nach einer „kompletten Entkriminalisierung von Cannabis-Konsumenten“ wieder ein Schlaglicht auf die Debatte. Einzig das Thema Verkehrsteilnahme liegt der Polizeigewerkschaft da im Magen.

    „Berauscht am Steuer – das geht gar nicht!“

    Auch Günter Weiglein sieht darin ein echtes Problem: „Berauscht am Steuer – das geht gar nicht!“ Dass Verkehrsexperten sich aktuell stark machen für eine intensive ärztliche Begleitung von Patienten, die Cannabis bekommen, findet er richtig. „Doch wenn Ärzte hier die Verantwortung tragen sollen, wird es noch schwerer werden, welche zu finden, die das Kraut verschreiben.“ Es seien ohnehin nur wenige. „Einmal geht es um das Budget, das erheblich belastet wird, noch stärker ist aber die Angst, als Dr. Hasch oder Kiffer-Arzt zu gelten.“ Auch Weiglein fährt Auto, allerdings immer mit der Angst im Nacken, dass auch bei einem unverschuldeten Unfall mit der Festellung von THC im Blut die Versicherung sich weigern könnte, zu zahlen.

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