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Würzburg: Würzburger Corona-Forscher: "Binnen Wochen lässt sich dieser Impfstoff entwickeln" 

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Würzburger Corona-Forscher: "Binnen Wochen lässt sich dieser Impfstoff entwickeln" 

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    Professor Jörg Vogel, Leiter des Helmholtz-Instituts für Infektionsforschung, in seinem Labor an der Uniklinik Würzburg.
    Professor Jörg Vogel, Leiter des Helmholtz-Instituts für Infektionsforschung, in seinem Labor an der Uniklinik Würzburg. Foto: Patty Varasano

    Das Virus SARS COV-2, das derzeit weltweit Menschen infiziert, ist ein RNA-basiertes Virus.  RNA ist die Abkürzung für Ribonukleinsäure. Das Helmholtz-Institut HIRI ist genau für solche Fälle gegründet worden: RNA-basierte Infektionsforschung. Das HIRI entstand 2017 aus einer Partnerschaft zwischen dem Braunschweiger Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung und der Universität Würzburg. Geleitet wird es von Professor Jörg Vogel. Der 52-Jährige ist einer der Träger des Leibniz-Preises 2017. Im Interview erklärt er, was die Forschung über das neue Coronavirus weiß und wann es einen Impfstoff geben könnte.

    Frage: Was können Sie im Kampf gegen das neue Coronavirus beitragen?

    Jörg Vogel: Wir haben vier Projekte laufen. Da geht es sehr viel um Grundlagenforschung, warum das Virus so viele Moleküle bilden kann und so für seine Zwecke sehr erfolgreich ist. Dann beobachten wir die Interaktion zwischen der RNA und den Molekülen, die das Virus bildet. Hier könnten Ansatzpunkte für Medikamente liegen, wenn wir diese molekularen Interaktionen unterbrechen können. Da wir ein RNA-Institut sind, schauen wir uns die RNA-Struktur des Virus sehr genau an. Und eine weitere Arbeitsgruppe beobachtet mit Patienten-Material, wie der Mensch auf das Virus reagiert, welche Immunzellen aktiv werden, wie sie das Virus-Gewebe zersetzen. Dieses Projekt läuft gemeinsam mit der Charité und dem Robert-Koch-Institut in Berlin. 

    Können Sie uns einen Zwischenstand geben - was wissen Sie und Ihre Kollegen über das Virus und was noch nicht?

    Vogel: Die größte Frage ist, warum sich das Virus im Menschen ganz besonders gut vervielfältigt. Und ob es dies bereits im Rachen tut und dadurch so gut weitergegeben wird, oder doch erst in der Lunge. Die nächste große Frage - und an der arbeitet man im RNA-Feld mit Hochdruck - ist: wie wir schnell eine Impfung bekommen. 

    Und wie weit sind Sie?

    Vogel:  Es wird schon seit einiger Zeit an neuartigen, sogenannten mRNA-Impfstoffen geforscht, die gerade in der jetzigen Situation sehr hilfreich sein können. Sie haben bestimmt die Nachrichten verfolgt, wonach US-Präsident Donald Trump Interesse an der Tübinger Firma "CureVac" bekundete, die mithilfe dieser Methode gerade einen Impfstoff gegen das SARS CoV-2 entwickelt. Diese Methode haben auch wir im Blick, weil sie viele Vorteile gegenüber den bisherigen Impfstoffen hat. 

    Was unterscheidet diesen neuartigen Impfstoff von den bisher bekannten?

    Vogel: Normalerweise wird bei einer Impfung ein abgeschwächter oder abgetöter Erreger in den Menschen injiziert. In der Hoffnung, dass sich eine Immun-Antwort entwickelt. Sie präsentieren also die Anti-Gene, die das Virus auch präsentieren würde. Das geschieht in der Regel über Proteine, die zunächst aufwendig hergestellt werden müssen. Die neue Methode funktioniert mithilfe eines Botenstoffes. Man verabreicht dem Menschen eine sogenannte Messenger-RNA (mRNA), mit der er dann das notwendige Protein selbst produziert. Das heißt, man lässt ihn ein für seinen Körper fremdes Virus-Protein produzieren, wogegen sich dann die Immunabwehr richtet.      

    Was sind die Vorteile?

    Vogel: Diese Impfstoffe sind mit deutlich weniger Aufwand und schnell in hohen Zahlen herzustellen. Sie sind schnell modifizierbar, wenn sich das Virus verändert. Sie können auch einen Impfcocktail erstellen, etwa um mutierte Virusvarianten mit abzudecken. Dieser Impfstoff muss nicht gekühlt oder speziell gelagert werden, kann also einfach transportiert werden. Das könnte insbesondere in Entwicklungsländern wichtig sein.

    Jörg Vogel ist Professor und Direktor des Instituts für Molekulare Infektionsbiologie (IMIB) an der medizinischen Fakultät der Julius-Maximilians-Universität Würzburg und Leiter des Helmholtz-Instituts für RNA-basierte Infektionsforschung (HIRI).
    Jörg Vogel ist Professor und Direktor des Instituts für Molekulare Infektionsbiologie (IMIB) an der medizinischen Fakultät der Julius-Maximilians-Universität Würzburg und Leiter des Helmholtz-Instituts für RNA-basierte Infektionsforschung (HIRI). Foto: Thomas Obermeier

    Bislang wurde aber noch kein Impfstoff nach dieser neuen Methode zugelassen.

    Vogel: Das stimmt nicht ganz. Das Verfahren wird seit zehn Jahren verfolgt. Es war nur nicht einfach, solche mRNA herzustellen. Doch das Problem ist gelöst. Dabei darf man sich nicht nur auf die Impfstoffe gegen Infektionserreger konzentrieren. Da hätten Sie recht. Das Verfahren wurde inzwischen sehr erfolgreich von "BioNTech" in Mainz in der Krebstherapie angewandt. Man ermittelt aus Krebszellen eine mRNA, die ganz gezielt das Immunsystem des Patienten stärkt. Auch gegen Tollwut gibt es bereits eine erfolgreiche Phase-1-Studie von "CureVac", man geht also weiter in Richtung zugelassenes Medikament. Kurz gesagt, diese neue Technologie stand ohnehin kurz vor dem Durchbruch, mit Corona schlägt jetzt die Stunde der Wahrheit.     

    Wie schnell könnte dieser Impfstoff gegen das aktuelle Coronavirus zur Verfügung stehen?

    Vogel: Das ist ein weiterer Vorteil. Diese Methode ist viel schneller. Binnen weniger Wochen statt der sonst üblichen vielen Monate lässt sich dieser Impfstoff entwickeln. Und mehrere Firmen sind bereits dran. Natürlich muss dieser mRNA-Impfstoff noch genau getestet werden und wie jedes neuentwickelte Medikament durch die üblichen drei klinischen Phasen. Er muss erst an gesunden Probanden auf Nebenwirkungen, dann auf Wirksamkeit, Dosierung  und in der Phase-3-Studie wissenschaftlich und statistisch relevant getestet werden. 

    Was heißt das zeitlich?

    Vogel: Dietman Hopp, der Hauptinvestor von "CureVac", glaubt, dass man möglicherweise bereits im Herbst einen Impfstoff liefern kann. Aber es gibt entsprechende Forschungen auch in den USA. Dort testet "Moderna" einen mRNA-Imfpfstoff gegen Corona seit etwa einer Woche im Menschen. Das geht jetzt alles rasend schnell und wir hoffen, dass wir mit unserer Arbeit helfen können, die Wirksamkeit von Impfstoffen zu bewerten.

    Wie ist die internationale Zusammenarbeit angesichts der weltweiten Krise? 

    Vogel: Ich stelle derzeit eine unglaublich Offenheit fest. Viele Forschungsergebnisse werden mittlerweile, bevor sie veröffentlicht werden, schon online zugänglich gemacht. Erst am Sonntagnachmittag hatte ich eine Telefon-Konferenz mit Kollegen aus ganz Europa, unter anderem aus Mailaind, in der wir unsere Erfahrungen und Erkenntnisse zu Corona ausgetauscht und das weitere Vorgehen besprochen haben.

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