Er hat die organisierte Kriminalität bekämpft und Dienststellen in ganz Unterfranken geleitet. Als prägendste berufliche Phase nannte er jedoch seine vier Jahre als Chef der Polizeiinspektion Würzburg: Am Montag wurde Matthias Weber im Rathaus in den Ruhestand verabschiedet.
Für einen, der "politische Neutralität" schon bei seinem Amtsantritt herausgehoben hatte, wurde der 61-Jährige bei seinem Abschied ziemlich politisch: Er sprach über Krieg und Extremismus – und äußerte sich kritisch zu kapitalistischen Machtverhältnissen, die der polizeilichen Arbeit zugrunde liegen. Aber von vorn.
Sein Amt als Chef der Würzburger Polizei begann der gebürtige Wernecker (Lkr. Schweinfurt) im Februar 2020. Er sprach von Populismus und Extremismus und positionierte sich gegen Antisemitismus. Dann begann die Corona-Pandemie.
Versammlungsfreiheit für Würzburger Polizeichef in Lockdowns hohes Gut
Das Tragen von Masken und körperliche Distanz wurden über Nacht zur Pflicht. Wäre es nach der bayerischen Staatsregierung gegangen, hätte die Würzburger Polizei zwischenzeitlich auch Anzeigen für das Sitzen auf einer Parkbank schreiben müssen. "Ob man das gemacht hat, ist eine andere Frage", sagte Weber am Montag.

Wie aus dem Nichts gingen dennoch zahlreiche Menschen auf die Straße. Einige demonstrierten für ihre Grundrechte, anderen ging es um die Verbreitung von Verschwörungsmythen. Matthias Weber bezeichnete die Teilnehmer der "Querdenker"-Spaziergänge als "Querschnitt der Bevölkerung" und ließ den oftmals ordnungswidrigen Versammlungen viel Raum. Erst als die Kritik daran zunahm, griff seine Polizei durch. Dabei hatte die Versammlungsfreiheit stets hohe Priorität. Dass kritische Stimmen das nicht immer sahen, beschäftigte ihn.
Weber: Haben zum Glück engagierte und mutige linke Szene in Würzburg
"Wir haben in Würzburg zum Glück eine engagierte und mutige Szene mit politisch eher links der Mitte orientierten jungen Leuten, die rechts- und rückwärtsgewandten Gruppierungen bei jeder Gelegenheit zeigen, dass deren Ansichten in dieser Stadt nicht willkommen sind", hielt Weber schließlich öffentlich fest.
Einen möglichen Hintergrund für dieses ungewöhnlich klare Statement lieferte Weber am Montag im Rathaus: Die NSU-Morde hätten den Blick der Polizei auf rechte Straftaten verändert. Hätte der Polizeichef aus heutiger Sicht in der Pandemie etwas anders gemacht? "Ich hätte mit mehr Engagement versucht, die Protestgruppen zum Gespräch zusammenzubringen", sagte Weber am Montag.
Anwesenheit des Zentralratsvorsitzenden Schuster "besondere Ehre" für Weber
Die Polizei habe in Würzburg einen engen Austausch mit den muslimischen Gemeinden etabliert, sagte Weber. Dass der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, Zeit für seine Verabschiedung gefunden habe, sei ihm "eine besondere Ehre". Der Zusammenhalt in Würzburg habe sich auch nach dem Messerangriff gezeigt. Polizei, Rettungskräfte und die Stadt hätten "vorbildlich" kooperiert, sagte Weber.

"Wir vertreten zwangsläufig das politische System", wandte Weber sich dann stellvertretend für seine Polizei mahnend an die Politik, für die etwa Innenstaatssekretär Sandro Kirchner (CSU) anwesend war. Nicht immer falle das in Zeiten des Populismus leicht. Auch dem Polizei-Nachwuchs gab er mahnende Worte mit: "Die Polizei muss sich bewusst sein, dass sich die Wohlhabenden und Mächtigen zwangsläufig Gehör verschaffen", sagte Weber. Schwächeren falle das nicht so leicht.
Diesen einen konkreten Wunsch äußerte der Würzburger PI-Chef beim Abschied
Gesellschaftskritisch äußerte sich auch Webers Nachfolger Michael Libionka: "Regelt der Markt wirklich alles? Und in wessen Sinn?", fragte er und wünschte sich von der Politik weniger Populismus. "Die Polizei ist die verlässliche Größe für Recht und Ordnung in der Gesellschaft", sagte Libionka.

Wie geht es nun weiter mit der Würzburger Polizei? Geht es nach Libionka, müssen weiterhin Neutralität, Ausbildung, finanzielle Mittel und Konfliktlösung in den Mittelpunkt rücken. Sein Vorgänger äußerte noch einen weiteren Wunsch: Die "Betonwüste" vor der Polizeiinspektion solle aufgebrochen werden: "Ich wünsche mir einen Wasserspielplatz mit viel Grün für Familien und Kinder."