An diesem Samstag wird Walter Kolbow 80 Jahre alt. Auf seine alten Tage ist der frühere Staatssekretär im Verteidigungsministerium zu seinen Wurzeln zurückgekehrt: Im Landkreis Würzburg, wo vor einem halben Jahrhundert seine politische Karriere als SPD-Kommunalpolitiker begann, verbringt er seinen Lebensabend – abseits der politischen Aufgeregtheiten, die lange sein Leben bestimmten.
Den gebürtigen Österreicher Kolbow verschlug es in jungen Jahren nach Unterfranken. Nach dem Abitur am Röntgen-Gymnasium in Würzburg ging er 1964 zur Bundeswehr. Den Soldaten blieb der Hauptmann der Reserve auch als Politiker verbunden.

Dazwischen lagen das Jurastudium an der Universität Würzburg und verschiedene Stationen als Verwaltungsjurist in Frankfurt und Speyer. Er war Stadtrat in Ochsenfurt und Würzburg, dann zog es ihn in die Bundespolitik.
Staatssekretär unter den Ministern Scharping und Struck
1980 wurde er über die SPD-Liste in den Bundestag gewählt, von 1998 bis 2005 war Kolbow Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium, zuerst unter Minister Rudolf Scharping, anschließend dann unter Peter Struck. Obwohl mehrfach im Gespräch, zeigte er sich rückblickend froh darüber, nie selbst Minister geworden zu sein. Kolbow, der Verwaltungsjurist, blieb immer eher ein stiller Macher als ein lauter Trommler in eigener Sache.
SPD-Bundeskanzler Gerhard Schröder hatte Kolbow 1998 eine Aufgabe übertragen, die seinen Ruf prägen sollte: die Hilfsmaßnahmen in der Kosovo-Krise zu koordinieren. Standfest verteidigte der Staatssekretär auch die Weigerung Schröders, dem US-Präsidenten George W. Bush 2003 in den Irak-Krieg zu folgen. Die Frage, ob Kolbow dabei bei einer SPD-Veranstaltung in Mainbernheim (Lkr. Kitzingen) Bush irgendwie als "Diktator" bezeichnet hatte, brachte ihn damals sogar in die Schlagzeilen der "Washington Post".
Der Einsatz im Kosovo prägte seinen Ruf
Im Kosovo-Konflikt wurde 1999 ein Traum des Politikers wahr: Er konnte mehr sein als ein kleines Rädchen in der großen Politik-Maschinerie - sondern vor Ort selbst gestalten, als Person etwas bewirken.

Er begegnete Menschen auf der Flucht. Der Geruch der Massengräber ließ den Politiker auch später in Berlin nicht los. Dass er damals psychologische Hilfe suchte, bestätigte er einmal im Gespräch: "Das hatte sein Gutes. Ich habe früher als andere verstanden, dass die Nachbereitung der Auslandseinsätze für die Soldaten ebenso wichtig ist wie die Vorbereitung." Seitdem trägt die "Kolbow-Kur" seinen Namen, ein Reha-Programm, das für Soldaten nach dem Auslandseinsatz geschaffen wurde. Kolbow kommentierte einst trocken: "Man könnte schlimmer in Erinnerung bleiben."
Eine unvergessene Begegnung
Der Einsatz auf dem Balkan brachte ihm einen ergreifenden Moment, der für ihn viel aufwiegt: An einem heißen Junitag 1999 wollte sich Kolbow im Flüchtlingslager Cegrane in Mazedonien ein Bild der Lage machen. Tausende waren über die Grenze geflohen und fanden hier im heißen Sommer notdürftig Unterschlupf. Jeder suchte Schatten, in den Zelten war es brütend heiß. Es stank nach faulen Lebensmitteln und Menschen, die kein Wasser zum Waschen hatten.

Andere Politiker kamen, ließen sich für ein paar Pressefotos herumführen, verschwanden nach einer Stunde wieder. Kolbows blieb. Sein Besuch sprach sich herum. Plötzlich kamen auf dem leeren Platz vor den Zelten Kinder auf ihn zu. Immer mehr umringten ihn, fassten ihn an, riefen "Nato, Nato".
Und plötzlich sahen die, die ihn damals begleiteten, wie sich seine besorgte Miene glättete. Wie ein glückliches Lächeln das Gesicht des sonst so nüchternen Politikers überzog. Kolbow breitete die Arme aus und versprach den Kindern: "Wir bringen euch wieder heim". Er wiederholte es mehrfach, unter dem Jubel der Kinder.
Geburtstagsfeier soll nachgeholt werden
Dass er inzwischen längst Ehrenvorsitzender der SPD in Unterfranken ist, und jede Menge Auszeichnungen hat – schön und gut. Aber dass er da Wort gehalten hat, zählt für ihn mehr, sagte er 20 Jahre später, beim Empfang zu seinem 75. Geburtstag.

Zum 80. Geburtstag war wieder eine Feier geplant. Sogar der Bundespräsident war eingebunden. Frank-Walter Steinmeier fühlt sich dem Würzburger seit gemeinsamen Regierungstagen verbunden. Aber zunächst feiert er ganz bescheiden im Familienkreis, mit wenigen Vertrauten. "Aber das Fest holen wir nach", sagt einer seiner politischen "Enkel", der Ochsenfurter SPD-Landtagsabgeordnete Volkmar Halbleib.