Die Biographien von 120 Namenspaten hat die "Würzburger Straßennamenkommission" zwischen 2016 und 2020 untersucht. Neun Fälle blieben übrig, bei denen die Kommissionsmitglieder – nicht immer einstimmig - eine Umbenennung oder zumindest eine Kontextualisierung (beispielsweise ein Zusatzschild) empfehlen.

Um wen geht es? Und warum? Die folgenden Angaben beruhen auf dem umfangreichen Abschlussbericht der Straßennamenkommission und können hier nur sehr verkürzt wiedergegeben werden.

Heiner Dikreiter (1893-1966): Der Maler und Kunstlehrer, NSDAP-Mitglied seit Mai 1933, war ab 1941 Begründer und wenig später Direktor der Städtischen Galerie. Die Kommission bescheinigt ihm, dass er bei seinem Vorhaben, ein städtisches Kunstmuseum aufzubauen, den NS-Machthabern weit entgegen kam und sich in deren Kulturpolitik einbinden ließ. Wie es im Bericht heißt, erwarb Dikreiter in zwei Fällen Gemälde von der Gestapo, die von deportierten jüdischen Besitzern stammten. Kommissions-Empfehlung (mit großer Mehrheit): Umbenennung des Heiner-Dikreiter-Weges (Sanderau).

Nikolaus Fey (1881-1956): Der Schriftsteller ("Florian Geyer") und Mundartdichter, NSDAP-Mitglied seit Mai 1933, engagierte sich laut Kommissionsbericht in verschiedener Weise für den Nationalsozialismus, so auch als offizieller Parteiredner und "politischer Leiter". Als unterfränkischer Beauftragter der Reichsschrifttumskammer "gehörte auch die Überwachung der Texte anderer fränkischer Autoren auf ihre Vereinbarkeit mit der Parteilinie zu seinen Aufgaben". Fey wirkte auch, was bisher kaum bekannt war, von 1942 bis 1944 in der Regierung des "Generalgouvernements" in Krakau im besetzten Polen mit. Kommissions-Empfehlung (einstimmig): Umbenennung der Nikolaus-Fey-Straße (Heidingsfeld).

Carl Schadewitz (1887-1945): Der Komponist und Musikpädagoge, NSDAP-Mitglied seit 1940, komponierte laut Kommission "Werke, die der NS-Musikideologie entsprachen, so den Marsch "Unser Führer: Adolf Hitler, unser Führer", und "versuchte, die Gunst der Machthaber zu erlangen". Kommissions-Empfehlung (mehrheitlich): Umbenennung der Schadewitzstraße (Frauenland).

Hermann Zilcher (1881-1948): Der Musiker und Komponist, NSDAP-Mitglied seit Mai 1933, war unter anderem Direktor des Würzburger Konservatoriums und begründete 1921/22 das Mozartfest. Von 1939 bis 1945 war er Ratsherr im NSDAP-Stadtrat. Laut Kommissionsbericht stellte sich Zilcher "mit mehreren seiner Kompositionen in den Dienst der NS-Propaganda" und verfügte über intensive Kontakte zur regionalen NS-Prominenz. Zilcher sagte zudem über Eugen Vinnai, einen Vertreter der Bewegung der „Christlichen Wissenschaft“, bei der Gestapo aus und bezeichnete diesen als "Volksschädling", der "Wehrkraftzersetzung" betreibe. Kommissions-Empfehlung (große Mehrheit): Umbenennung der Hermann-Zilcher-Straße (Frauenland).

Karl von Frisch (1886-1982): Der Mediziner, Zoologe und Nobelpreisträger war kein NSDAP-Mitglied und stand dem Nationalsozialismus laut Kommission zurückhaltend gegenüber. Besonders in populärwissenschaftlichen Büchern habe Frisch aber Positionen der Eugenik ("Rassenhygiene") vertreten, eine "Mischung" von "Menschenrassen" kritisiert und die NS-"Rassegesetze" gelobt. In seinem Fall empfiehlt die Hälfte der Kommission eine Umbenennung der Karl-Ritter-von Frisch-Straße (Frauenland), die andere Hälfte eine alleinige Kontextualisierung.

Armin Knab (1881-1951): Der Komponist war kein NSDAP-Mitglied, stellte laut Kommission sein musikalisches Schaffen aber "immer wieder in den Dienst des NS-Staates". So war Knab mit mehreren Werken in einem Chorheft für Gedenkfeiern an den 9. November 1923 (Putschversuch Hitlers in München) vertreten. Kommissions-Empfehlung (einstimmig): Kontextualisierung an der Armin-Knab-Straße (Frauenland).

Peter Schneider (1882-1953): Der Gymnasiallehrer, NSDAP-Mitglied seit Mai 1933, gehörte 1920 zu den Gründern des Frankenbundes. "Es ist schwierig, seine Haltung gegenüber dem Nationalsozialismus klar zu kennzeichnen", heißt es im Kommissionsbericht. "Einerseits ließ er sich durchaus auf diesen ein, indem er etwa Gutachten zu kulturellen Fragen gegenüber NS-Stellen abgab, andererseits betonte er immer wieder, der NS-Ideologie entgegengetreten zu sein, was sich partiell auch in seinen Schriften belegen lässt." Empfehlung (einstimmig): Kontextualisierung an der Peter-Schneider-Straße (Frauenland).

Richard Strauss (1864-1949): Der international bekannte Komponist ("Der Rosenkavalier") war 1933-1935 erster Präsident der Reichsmusikkammer. Laut Kommission stellte er sich einerseits in den Dienst der NS-Machthaber, bezog aber auch "gegen bestimmte nationalsozialistische Vorstellungen Position". Kommissions-Empfehlung (einstimmig): Kontextualisierung an der Richard-Strauss-Straße (Frauenland).

Michael Kardinal Faulhaber (1869-1952): Sein Verhalten während der NS-Zeit ist laut Kommission widersprüchlich. Bei Faulhaber gehe es "weniger um ein aktives Tun im Sinne des Nationalsozialismus, als um ein Unterlassen von Protesten und Hilfen für verfolgte Nicht-Katholiken", heißt es im Bericht. Die Kommission sieht in seinem Fall, nach ihm ist der Kardinal-Faulhaber-Platz benannt, zusätzlichen Aufklärungsbedarf und schlägt dazu eine öffentliche Veranstaltung mit Teilnahme von Experten vor.