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Würzburg: Würzburgs letztes Internetcafé: Zurück zur Jahrtausendwende

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Würzburgs letztes Internetcafé: Zurück zur Jahrtausendwende

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    Einige Plätze sind belegt in Würzburgs letztem Internetcafé. Doch zum Surfen kommen mittlerweile nur noch die Wenigsten.
    Einige Plätze sind belegt in Würzburgs letztem Internetcafé. Doch zum Surfen kommen mittlerweile nur noch die Wenigsten. Foto: Thomas Obermeier

    "Dommas, kannst mir a ma helf bidde?", ruft ein älterer Herr durch den Raum mit den vielen Computern. Grüne Farbe ziert die Wände. Unzählige Kabel sammeln sich auf den Schreibtischen. "Internet, Copy, DVD Verleih" steht auf orangefarbenen Blättern geschrieben. Sie hängen an einer Pressspanplatte, die als Schreibtischverkleidung umfunktioniert wurde. "Dommas" kommt herbei. Es ist Thomas Kral, der Besitzer des einzig verbliebenen Internetcafés in Würzburg.

    Es wirkt wie eine Reise in die Vergangenheit, wenn man den Laden in der Häfnergasse betritt. Zahlreiche DVDs stehen in verstaubten Regalen – egal ob Drama, Krimi oder die ganz alten Schinken. In einer Ecke stehen zwei gläserne Kabinen, darin sieht man jeweils einen Barhocker und ein Schnurtelefon. "Mindestens einmal am Tag setzt sich hier jemand rein und telefoniert", sagt Kral. Kaum mehr zu glauben in einer Zeit, die durch Smartphones oder soziale Netzwerke beherrscht wird. Während das "LogInn" früher noch ein reines Internetcafé gewesen ist, ist es heute DVD-Verleih, Computerreparatur und Copyshop in einem. Eine Art Sammelsurium verschiedener Dienstleistungsangebote. "Stück für Stück haben wir uns gewandelt, sonst wären wir pleite gegangen", sagt der Geschäftsführer offen und ehrlich.

    Ein Besuch im Internetcafé ist eine Zeitreise

    Thomas Kral betreibt seit 18 Jahren das Internetcafé "LogInn" in Würzburg.
    Thomas Kral betreibt seit 18 Jahren das Internetcafé "LogInn" in Würzburg. Foto: Thomas Obermeier

    Als der heute 47-Jährige das Internetcafé im Jahr 2002 eröffnete – damals noch im ersten Stock der Echtergalerie in der Juliuspromenade –, befand sich die Branche noch auf Hochtouren. Ein Besuch im "LogInn" ist eine Zeitreise – zurück zu der Zeit, als das Handy tatsächlich noch zum Telefonieren da war, man ins Schwitzen geraten ist, sobald man auf dem Tastenhandy aus Versehen die Internettaste gedrückt hat und die meisten Internetkunden nicht pro Monat, sondern pro Surfstunde zahlten. 40 bis 45 Kunden kamen da in das Café in der Würzburger Innenstadt. Nicht am Tag – auf einmal. Heute sind im Schnitt fünf Plätze auf einmal belegt, und auch der Grund des Besuchs hat sich gewandelt. "Früher kamen die Leute zum Surfen, heute, um aktiv etwas zu arbeiten", erzählt Kral. "Die kommen, weil sie eine Frage haben, weil sie etwas nicht verstehen, weil sie eine Beratung brauchen."

    Ein älterer Herr sitzt an einem Arbeitsplatz in einer hinteren Ecke des Cafés. Konzentriert blickt er auf seinen Bildschirm, rückt sich die Brille zurecht. "Ich bin jeden Tag hier – ich arbeite von hier aus", sagt der Mann, der seinen Namen lieber nicht in der Zeitung lesen möchte. Seit zwölf Jahren kommt er jeden Tag zu Thomas Kral – mal für vier Stunden, mal für zehn Minuten. Zuhause wartet zwar ein schneller Internetanschluss auf den Freiberufler, aber "hier sind halt die Leute vor Ort, die helfen können, wenn ich mal was nicht weiß."

    "Früher kamen die Leute zum Surfen, heute, um aktiv etwas zu arbeiten."

    Thomas Kral, Besitzer des Internetcafés "LogInn"

    Was schnell auffällt: Das "LogInn" ist kein normales Internetcafé. Statt klassischer Kunden-Angestellter-Chef-Rollenverteilung herrscht hier eine Art Wohnzimmer-Atmosphäre. Da wird mit dem Chef geschnackt, Kaffee getrunken, gewitzelt. Thomas Kral und sein Mitarbeiter setzen sich mit an die Computerstationen, beraten und geben Tipps. Das wissen die Kunden zu schätzen. "Ich komme  her, wenn ich etwas ausdrucken oder kopieren möchte", sagt ein 63-jähriger Kunde. Auch er möchte seinen Namen nicht nennen. "Wenn ich eine Frage habe, weil ich im Internet mal wieder nicht durchblicke, wird mir das hier alles ausführlich erklärt."

    Gerade finden sich fast nur Menschen aus den älteren Generationen im "LogInn", das sei jedoch eine Ausnahme, sagt Kral. "Von Student bis Senior kommt hier jeder mal rein", sagt der Besitzer. Ein Durchschnittsalter könne er nicht nennen, nur aber, dass früher weniger junge Menschen da waren als heute. "Die nutzen vor allem das Kopieren gerne." An den PC zum Surfen setzen sich die Wenigsten. 

    Auch der DVD-Verleih wird noch genutzt

    3500 Filme stehen den Kunden zum Verleih zur Verfügung.
    3500 Filme stehen den Kunden zum Verleih zur Verfügung. Foto: Thomas Obermeier

    Die Tür geht auf. Ein junges Pärchen erscheint. Thomas Kral stellt sie als Stammkunden vor. Achmed und Admira aus Rimpar kommen seit vier Jahren etwa drei bis vier Mal im Monat vorbei. "Wir haben kein Internet zu Hause", sagen die beiden. Dahinter steckt ein schöner Gedanke. "Wir arbeiten beide den ganzen Tag und möchten dann daheim die Zeit für uns genießen können." Sie wollen eine Offline-Beziehung führen und nicht den ganzen Abend über am Handy hängen. Deshalb leihen sie sich mehrmals im Monat Filme bei Thomas Kral aus. Dieser hat 2003 mit dem DVD-Verleih angefangen, ein Jahr nach der Eröffnung seines Internetcafés. "Das war zuerst nur ein Hobby. Ich habe privat gerne Filme geschaut und dann beschlossen, die Filme alle zu kaufen und zu verleihen." Bis heute hat er das so beibehalten. 3500 Filme haben die Kunden zur Auswahl, das Spektrum reicht von Drama und Komödie bis hin zu Krimi und Thriller.

    Kriminalität? Thomas Kral hat keine Bedenken

    Jeder Arbeitsplatz ist mit einem Sichtschutz zum Nachbarn ausgestattet.
    Jeder Arbeitsplatz ist mit einem Sichtschutz zum Nachbarn ausgestattet. Foto: Thomas Obermeier

    Ob Cybermobbing oder Betrug: Viele kriminelle Machenschaften spielen sich heutzutage im Netz ab. Da kommt die Frage auf, ob Internetcafés als eine Art Schutz für Kriminelle wirken können. Doch Thomas Kral hat da keine Bedenken. "Wir haben hier keine High-Tech-Rechner oder sensiblen Daten", sagt er. "Wenn jetzt aber jemand illegale Mails versendet, haben wir natürlich keinen Überblick." In den ganzen 17 Jahren habe aber erst ein einziges Mal die Polizei in Krals Laden gestanden. "Die wollten wissen, wer zu der und der Uhrzeit hier gewesen ist." Nennen konnte er jedoch keinen Namen. Denn während in Ländern wie Italien jeder besetzte Platz registriert sein muss, herrscht in Deutschland keine Auskunftspflicht in Internetcafés. Auch die rechtliche Lage sei hier "ganz schön schwammig."

    Schwammig sind auch die Zukunftsprognosen. Durch die steigende Digitalisierung legen sich immer mehr Menschen ein Smartphone zu, Internetanschlüsse gewinnen einen immer höher werdenden Stellenwert. Haben Internetcafés da überhaupt noch eine Überlebenschance? Thomas Kral ist da zuversichtlich, was sein "LogInn" angeht. "Als reines Internetcafé nein, aber mit solch einem Konzept auf jeden Fall." Sorgen mache er sich keine. Noch nicht. 

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