Wer eine Sitzung des Würzburger Stadtrats besucht, kann erleben, wie unversöhnlich sich Grüne und CSU vor allem in der Verkehrspolitik gegenüber stehen. Im Interview erklärt Oberbürgermeister Christian Schuchardt, wie er diese Fronten aufweichen will und nennt Ursachen für die "Verkantung" der beiden größten Fraktionen.
Frage: Herr Schuchardt, in der Verkehrspolitik sind die Fronten zwischen CSU und Grünen seit längerem verhärtet. Im Dezember haben sich alle Fraktionen auf Ihre Einladung hin zusammengesetzt, um das Thema zu besprechen. Hat der Runde Tisch etwas gebracht?
Christian Schuchardt: Wir haben die Situation, dass einige Fraktionen das Paket "Besser leben im Bischofshut" geschnürt haben, in dem viele wichtige Themen stecken. Aber es gibt auch weitere Themen, die von anderen politischen Kräften eingebracht werden. Deshalb brauchen wir ein Format, in dem man über alle diese Themen ergebnisoffen diskutieren kann. Ich glaube, dass die Fronten damit etwas aufbrechen. Das ist auch notwendig: Im Sommer hatten wir den Bürgerentscheid zur Talavera, der bekanntlich ein klares Ergebnis gebracht hat. Und auch vor dem Hintergrund des hohen Investitionsaufwandes für die beiden geplanten Parkhäuser ist es wichtig, die Dialogfähigkeit wiederherzustellen. In der ersten Sitzung ging es erst einmal darum, wie das funktionieren könnte und was die Themen sein sollten.
Um welche Themen wird es gehen?
Schuchardt: Das sind vor allem drei Punkte: Parken in der Innenstadt sowie im weiteren Stadtbereich und Park & Ride außerhalb des Stadtgebiets. In den nächsten Sitzungen werden wir uns diesen Themen widmen. Alle Fraktionen haben ihre Bereitschaft zum Austausch erklärt. Deshalb bin ich zuversichtlich, dass wir über den Punkt hinweg kommen, bei dem eine Idee nur deshalb abgelehnt wird, weil sie aus der falschen Ecke kommt. Wenn wir etwas gemeinsam und möglichst noch in dieser Wahlperiode leisten wollen, dann müssen wir zügig und lösungsorientiert arbeiten.
Und die Bereitschaft dazu haben Sie in der ersten Sitzung wahrgenommen?
Schuchardt: Wahrgenommen habe ich eine Bereitschaft, ergebnisoffen miteinander zu reden.
Aber müsste diese Diskussion nicht öffentlich im Stadtrat geführt werden?
Schuchardt: Keine Frage, die Debatte muss auch öffentlich im Stadtrat geführt werden. Aber zunächst mal ist es wichtig, sich auf eine Agenda zu verständigen und darüber einen ergebnisoffenen Diskurs zu ermöglichen. Ich sehe das auch als eine vertrauensbildende Maßnahme – vor dem Hintergrund der Verkantung, wie wir sie im Stadtrat erlebt haben.
Was sind die Ursache dieser Verkantung?
Schuchardt: Da hat sicher auch Corona eine Rolle gespielt, die Pandemie begann ja zeitgleich mit der Kommunalwahl 2020. Viele Sitzungen fanden mit Kontaktbeschränkungen und Hygienemaßnahmen statt. Lange Zeit gab es kaum die Möglichkeit, sich in der Sitzungspause mit politisch Andersdenkenden einfach mal auszutauschen. Das Atmosphärische gehört eben auch dazu: eine Kultur, des miteinander Sprechens und nicht nur des gegeneinander.
Neben dem Atmosphärischen gibt es aber deutliche inhaltliche Differenzen: beim Radverkehr, bei den Parkplätzen oder Einschränkungen für Autos in der Innenstadt unterscheiden sich die Vorstellungen enorm.
Schuchardt: Natürlich haben Sie eine Politik und politische Grundstimmungen, die bestimmte Verkehrsmittelmittel oder bestimmte Vorhaben favorisieren. Das ist ja auch in Ordnung. Beim Bischofshut-Konzept ist dann ein breiter Kompromiss versucht worden – zwischen den beteiligten Kräften. Was man aber inzwischen feststellen konnte: Besser ist es, wenn die Themen noch mal breiter im Stadtrat verankert werden. Politik ist eben immer auch die Kunst des Konsenses und des Kompromisses, wobei es nicht um Beliebigkeit und faule Kompromisse geht.

Nehmen Sie im Stadtrat in bestimmten Fragen eine Blockadehaltung wahr?
Schuchardt: Im Frühjahr hatte ich schon diesen Eindruck, beispielsweise als ich gemeinsam mit Alexander Kolbow einen Kompromissvorschlag zu den Parkgebühren auf der Talavera gemacht hatte und das dann prinzipiell nicht goutiert wurde. Und wenn das CSU-Paket mit Vorschlägen zu Verkehr und Stadtentwicklung nicht mal zur Weiterverfolgung zugelassen wird, dann erleichtert das nicht unbedingt das Geschäft. Umgekehrt gibt es auch ein berechtigtes Interesse, dass das, was als Lösung erarbeitet wurde – Stichwort Parkhäuser Feggrube und Ludwigstraße – gründlich bewertet wird. Das ist auch legitim.
Aber manchmal scheinen auch persönliche Animositäten eine Rolle zu spielen: Wie kommen Sie mit dem angespannten Verhältnis zwischen Ihren beiden Stellvertretern Martin Heilig und Judith Jörg zurecht?
Schuchardt: Ich versuche da schon auszugleichen. Das geht nicht immer, auch in einem Stadtrat menschelt es. Das Besondere am Amt eines Oberbürgermeisters in Bayern ist ja, dass er zugleich Chef der Verwaltung und Sitzungsleiter im Stadtrat ist. Da muss man sich dann mal ein Stück zurücknehmen, andererseits aber auch eine Richtung prägen – und Mehrheiten für das politisch Machbare herzustellen. Ich sehe es als meine Aufgabe an, entweder einen bestimmten Lösungsansatz zu verstärken oder, wenn es keine Mehrheiten gibt, zusammenzuführen.

Fühlen Sie sich dabei nicht auch Ihrer Fraktion verpflichtet?
Schuchardt: Als Oberbürgermeister, der direkt von der Bevölkerung gewählt wird, hat man eine andere Stellung als ein normales Mitglied des Stadtrates und ist auch nicht Mitglied einer Fraktion. Zudem habe ich auch eine eigene Meinung, die ich in den Diskurs einbringe. Nominiert worden bin ich ja außerdem nicht nur von der CSU, sondern auch von FDP und Bürgerforum, die ja Teil des Bischofshut-Bündnisses sind. Auch vor diesem Hintergrund besteht meine Hauptaufgabe darin, einen Ausgleich herzustellen. Das hat im Zweifel Vorrang vor der Parteizugehörigkeit.