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Würzburg: Würzburgs OB Schuchardt zu Privatgeschäften seines Kämmerers: "Darf ein städtischer Beamter am Hubland keine Wohnung kaufen?"

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Würzburgs OB Schuchardt zu Privatgeschäften seines Kämmerers: "Darf ein städtischer Beamter am Hubland keine Wohnung kaufen?"

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    "Es muss für jedermann möglich sein, zu Marktpreisen zu kaufen": Würzburgs Oberbürgermeister Christian Schuchardt.
    "Es muss für jedermann möglich sein, zu Marktpreisen zu kaufen": Würzburgs Oberbürgermeister Christian Schuchardt. Foto: Benjamin Brückner

    Als Finanzreferent ist Robert Scheller in seinem Top-Job im Würzburger Rathaus mit dem Kauf und Verkauf von Immobilien befasst. Zugleich ist Scheller als Mitgesellschafter der DGS Projektentwicklung GbR (Düll-Gerhard-Scheller Gesellschaft des bürgerlichen Rechts) auch privat an Immobiliengeschäften in Würzburg beteiligt. Zu den jüngsten Projekten der DGS gehört der Kauf eines Mehrfamilienhauses am Hubland und eines städtischen Grundstücks in der Zeppelinstraße, um dort einen DM-Markt und ein Studentenwohnheim zu bauen. 

    Der Würzburger Compliance-Experte Prof. Hansrudi Lenz sieht im Nebeneinander von beruflicher Tätigkeit und privaten Geschäften "einen begründeten Verdacht auf Interessenskollisionen". Schellers Vorgesetzter im Rathaus, Oberbürgermeister Christian Schuchardt, antwortet jetzt im Interview auf Fragen der Redaktion zu den privaten Geschäften seines Finanzreferenten.

    Frage: Robert Scheller ist mit seiner DGS in Würzburg als Projektentwickler tätig. Haben Sie als Vorgesetzter dem Beamten Scheller diese Nebentätigkeit genehmigt?

    Christian Schuchardt: Robert Scheller hat keine Nebentätigkeit angemeldet. Wie er mir mitgeteilt hat, entspricht das den Bestimmungen des Bayerischen Beamtengesetzes. Danach braucht er keine Genehmigung, wenn er Vermögen verwaltet, das ihm gehört oder das er nutzt. Ein gewerbsmäßiger Grundstückshandel liege auch nicht vor, da weniger als drei Transaktionen innerhalb von fünf Jahren erfolgt seien. Die Häufigkeit ist hierbei der Maßstab.

    Nach unserer Information muss eine Nebentätigkeit eines Beamten dann angemeldet werden, wenn sie einen eigenständigen unternehmerischen Charakter hat. Das ist doch hier der Fall, oder?

    Schuchardt: Nach dem, was ich bislang weiß und was mir auch plausibel erscheint, sehe ich hier formal keinen unternehmerischen Charakter. Ich lasse das aber nochmals hinterfragen und auch durch unsere Juristen bewerten. Die Antragspflicht zur Genehmigung einer Nebentätigkeit liegt allerdings immer beim Beschäftigten. Es handelt sich um eine Bringpflicht.

    Haben Sie prüfen lassen, ob die Geschäfte Schellers Hinweise auf mögliche persönliche Interessenskollisionen geben?

    Schuchardt: Nein, das habe ich nicht prüfen lassen, ich hatte schlicht keine Veranlassung dazu. Herr Scheller hat bislang glaubwürdige Informationen gegeben und ist verwaltungsintern mit dem Thema transparent umgegangen. Und auch die Verwaltung hat keine weiteren Hinweise auf eine tatsächliche Interessenkollision erhalten, ob aus dem Stadtrat, von Beschäftigten oder von Dritten.

    Würzburgs Finanzreferent Robert Scheller an seinem Arbeitsplatz im Rathaus. 
    Würzburgs Finanzreferent Robert Scheller an seinem Arbeitsplatz im Rathaus.  Foto: Daniel Peter (Archivbild)

    Schellers DGS hat kürzlich ein städtisches Grundstück in der Zeppelinstraße gekauft. Eine Kollision zwischen seinen dienstlichen und privaten Interessen liegt doch auf der Hand: Als Kämmerer muss er das zu einem hohen Preis verkaufen, als Gesellschafter der DGS will er günstig kaufen. Wie wurde damit umgegangen?

    Schuchardt: Der Finanzreferent hat deswegen die Verhandlungen auf städtischer Seite nicht geführt, sondern sie einem Mitarbeiter überlassen. Es ging darum, dass der bestehende Tegut-Markt um einen Drogeriemarkt mit Studentenwohnungen im Obergeschoss erweitert werden soll. Dass Herr Scheller als persönlich Betroffener an dem Thema weder in der Verwaltung noch im Stadtrat mitwirkt, ist das übliche Verfahren. Den Sachvortrag im Stadtrat hat sein Vertreter gehalten. 

    Halten Sie es für möglich, dass Schellers Mitarbeiter nicht wusste, dass er der Firma seines Chefs ein Grundstück verkauft?

    Schuchardt: Nein, selbstverständlich waren alle Mitarbeiter, die damit zu tun hatten, informiert. Herr Scheller hatte ja seine Befangenheit angezeigt und durfte deswegen nicht an den Verhandlungen mitwirken. Darauf hat er von sich aus Wert gelegt. Und selbstverständlich war hier besondere Sorgfalt angezeigt.

    Gab es ein Vergabeverfahren? Oder wie wurde ein marktüblicher Preis garantiert?

    Schuchardt: Ein Kaufinteresse an dem Grundstück, das an den Tegut-Markt grenzt, hatte lediglich die DGS. Der erzielte Bodenwert orientierte sich am Bodenrichtwert und der individuellen Lage. Der Stadtratsausschuss war von Herrn Scheller über seine Beteiligung informiert worden und schaut in einem solchen Fall natürlich ganz genau hin. Man muss ja sehen, dass Herr Scheller bereits einen Anteil des Tegut-Grundstückes in der Zeppelinstraße besaß und er nichts dafür kann, dass die einzig in Frage kommende Erweiterungsfläche der Stadt gehört.

    Aber es geht doch darum, ob dabei gegen Regeln verstoßen wird. Zum Beispiel gegen die städtische Dienstanweisung zur Korruptionsprävention. Haben Sie das prüfen lassen?

    Schuchardt: Ich hatte keine Hinweise darauf, dass sich Robert Scheller nicht an die Regeln gehalten hat. Ich wundere mich auch, warum sich die Quelle, die Sie über die Sache informiert hat, nicht an die Antikorruptionsstelle der Stadt gewandt hat.

    Laut städtischer Antikorruptionsanweisung muss ein Verwaltungsmitarbeiter strikt zwischen dienstlichen und privaten Interessen und Vorhaben trennen. Finanzreferent Scheller hat 2017 mit der DGS am Hubland ein Haus von einem Projektentwickler gekauft, das die Stadt diesem ein Jahr zuvor verkauft hat. Sind da nicht die Interessen vermischt?   

    Schuchardt: Das hängt vom zeitlichen Zusammenhang ab. Er hat das Mehrfamilienhaus gekauft, als der Grundstücksverkauf durch die Stadt schon vollständig abgeschlossen war. Darf ein städtischer Beamter am Hubland keine Wohnung kaufen, nur weil zuvor die Stadt das Areal erworben und  verwertet hat? Ich finde, es muss für jedermann möglich sein, zu Marktpreisen zu kaufen. 

    Es geht nicht um irgendeinen Mitarbeiter, der sich privat eine Wohnung gekauft hat, sondern um einen Spitzenbeamten, dessen Job es ist, städtische Grundstücke zu verwerten. Dass er dann auch von seinen dienstlichen Geschäftspartnern privat Grundstücke kauft, um Gewinne zu erzielen - sehen Sie da keinen Anschein eines Interessenskonflikts?

    Schuchardt: Das Problem des Anscheins sehe ich. Trotzdem darf meiner Auffassung nach jeder Mitarbeiter ein Grundstück oder eine Immobilie auf dem Hubland kaufen. Es kommt darauf an, ob die Konditionen marktüblich sind. Als die Stadt das Haus in dem Jahr zuvor an den Investor verkauft hat, hatte die Bauträgergesellschaft im Wettbewerb ganz klar das wirtschaftlichste Angebot abgeben. Herr Scheller hat später das fertiggestellte Objekt von einem Dritten nach Preisliste erworben. Vorher hatte er den Ältestenrat des Stadtrates darüber informiert, und das fast schon überobligatorisch. Die Stadträte haben nicht interveniert.

    Die DGS hat vom Würzburger Stadtrat mehrfach Baugenehmigungen erteilt bekommen, ohne dass den Stadträten mitgeteilt wurde, dass Scheller Gesellschafter der DGS ist. Warum haben Sie als OB keine Transparenz hergestellt?

    Schuchardt:  Darf ich das als OB? Muss das Herr Scheller? Ein Bauwerber ist kein Grundstückskäufer. Den Bauantrag hat die DGS gestellt, deren Mitgesellschafter können selbst entscheiden, ob sie ihre Namen bekanntgeben wollen. Bekanntgegeben werden muss es nur, wenn es entscheidungsrelevant ist. Das öffentlich-rechtliche Verfahren muss unabhängig  von der Person des Bauwerbers ablaufen. Ich gehe zudem davon aus, dass weiten Teilen des Stadtrats durch den Grundstückserwerb bekannt war, dass Robert Scheller Miteigentümer der Tegut-Immobilie ist. Im Haus ist er transparent damit umgegangen.

    Es macht einen Unterschied, ob einige Stadträte hinter vorgehaltener Hand darüber reden oder ob die Öffentlichkeit davon weiß. Man kann doch davon ausgehen, dass ein Finanzreferent frühzeitiger Kenntnisse über die Entwicklung von Grundstücken hat als ein anderer Bürger – und außerdem bessere Kontakte in die Politik und in die Genehmigungsbehörden. Wäre es für das Ansehen der Stadtverwaltung nicht besser, wenn er sich deshalb in diesem Bereich zurückhalten würde?

    Schuchardt: Es gibt hohe Anforderungen an einen sensiblen Umgang mit diesem Thema, die zu erfüllen sind. So muss sich jeder Mitarbeiter der Stadt an die Antikorruptionsrichtlinie halten. Ein Beamter riskiert bei Vorteilsnahme, also bei korruptem Handeln, seinen Status und sogar seine Pension.

    In der städtischen Dienstanweisung zur Korruptionsprävention steht: Jeder Anschein, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadt Würzburg für persönliche Vorteile im Zusammenhang mit ihrer Aufgabenerfüllung empfänglich sein können, muss vermieden werden. Nochmal: Wir haben hier einen Beamten, der in demselben Metier sowohl beruflich als auch privat tätig ist.  Wie unabhängig kann er als Finanzreferent mit den Firmen verhandeln, mit denen er auch privat zu tun hat?  

    Schuchardt: Das ist ein sensibles Thema, da sind wir uns ja einig. Ein Anschein lässt sich schnell formulieren. Er ist aber auch zu belegen. Wenn also ein Grundstückskauf ansteht, ist es wichtig, sich selbst herauszunehmen. Ich kann Robert Scheller nicht untersagen, als Privatperson ein städtisches Grundstück zu erwerben und zu bebauen. Er darf dabei nur nicht besser oder schlechter behandelt werden als ein anderer. Es ist aber genau hinzusehen. Deshalb sind Sie ja hier.

    Aber nicht, weil wir darüber offiziell informiert wurden, sondern weil wir die Geschäfte der DGS recherchiert haben. 

    Schuchardt: Wen muss die Stadt informieren? Wen muss Herr Scheller informieren? Dass man dem Stadtrat, der einem Verkauf zustimmt, gegenüber Transparenz herstellt, halte ich für zwingend notwendig. Die andere Frage ist, ob der Öffentlichkeit private Vermögensverhältnisse offengelegt werden müssen. Wir leben nicht in Schweden, wo man die Steuererklärung des Nachbarn einsehen kann.

    Gibt es weitere höhere Beamte der Stadt Würzburg, die private Geschäfte machen, bei denen ihnen ihre dienstliche Funktion nützen könnte?

    Schuchardt: Mir sind keine bekannt. Aber generell sollte man immer so agieren, dass man dies auf dem Marktplatz erzählen kann.

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