Am vergangenen Freitag kam es am Würzburger Barbarossaplatz zu einem Polizeieinsatz, bei dem ein 26-jähriger Mann festgenommen wurde, der mit einem Messer vor einem Kaufhaus stand. Ein Video, welches gerade auf WhatsApp unter vielen Würzburgerinnen und Würzburgern verbreitet wird, zeigt die Szene: Ein vermummter Mann mit Kluft und Maske vor dem Gesicht steht mit einer Tasche an einer Infotafel. Drei Polizisten stehen ihm gegenüber, einer hält Pfefferspray in der Hand.
Der Mann rennt nach hinten in Richtung einer Imbissbude, die Polizisten rennen hinterher. Mit dem Rucksack versucht der Mann, einen der Polizisten von sich fernzuhalten. Im selben Moment kommt ein weiterer Mann aus der Imbissbude gerannt und greift mit seinen Armen den vermummten Mann von hinten an und hält ihn fest. Die Polizisten reißen ihm daraufhin die Maske und den Rucksack weg, werfen sich auf ihn und nehmen ihn fest. Eine Straßenbahn fährt durch das Bild, dann bricht das Video ab.
Wer ist der Mann aus dem Imbissladen?
Der Mann, der den Vermummten stoppte, heißt Van Long Hoang. Er ist 61 Jahre alt und Mitarbeiter eines asiatischen Imbissladens am Barbarossaplatz. Er sah den Mann mit dem Messer in der Hand, erzählt er, und auch, dass Polizisten bereits vor Ort waren. "Ich dachte aber, dass mehr Polizeikräfte kommen werden, sonst wäre ich eher eingeschritten", so Long Hoang. "Ich hatte einen Kunden und habe gesehen, dass die Polizei ihm hinterher rannte und der eine Polizist auch Pfefferspray in der Hand hielt. Und dann bin ich rausgerannt und habe ihn von hinten gepackt."

Er habe sofort an die Messerattacke vom 25. Juni 2021 denken müssen, erzählt er. Am 25. Juni 2021 tötete ein Mann am Barbarossaplatz drei Frauen und verletzte zahlreiche weitere Personen. Van Long Hoang sei damals zwar nicht persönlich vor Ort gewesen, er sei trotzdem von den vielen Erzählungen schockiert gewesen. Auch die Bilder des Blumenmeers und der Kerzen am Tatort seien ihm direkt in den Kopf geschossen, als er den Mann mit dem Messer sah. "Ich hatte Angst, dass er nun auch wieder viele Menschen verletzen wird, dass es vielleicht sogar noch schlimmer wird, als damals", sagt er. "Und dann bin ich einfach herausgerannt."

Die Polizei hätte seiner Meinung nach die Situation auch alleine lösen können. "Aber ich wollte einschreiten, das hätten bestimmt viele andere Menschen an meiner Stelle auch gemacht."
Wie bewertet die Polizei das Eingreifen des Imbiss-Mitarbeiters?
Mit dem Einschreiten des Imbiss-Mitarbeiters habe sich dieser in eine Gefahrensituation gebracht, erklärt die Polizei Unterfranken auf Anfrage der Redaktion. "Der Mann hat hier zweifelsohne couragiert agiert, den Betroffenen überrascht und letztlich damit auch so festgehalten, dass unsere Kollegen den Betroffenen umgehend über- und festnehmen konnten. Insofern bleibt uns hierfür der Dank", sagt Pressesprecher Martin Kuhn. "Andererseits hat sich der Mann hierdurch auch in eine Situation begeben, in der die Polizei bereits am Handeln war. Insofern war dieses Unterfangen auch für ihn nicht ungefährlich."

Kuhn betont, dass die Beamten stufenweise vorgegangen sind und so "die Situation in den Griff bekamen." Seien Polizeibeamte vor Ort, sei es wichtig, etwaigen Anordnungen der Beamten Folge zu leisten, um diesen ein koordiniertes Einschreiten zu ermöglichen. Gerade Festnahmen seien ein fester Teil der polizeilichen Expertise und würden entsprechend in der Aus- und auch Fortbildung in verschiedenen Varianten unter Einsatz verschiedenster Einsatzmittel trainiert.
"Aus unserer Sicht ist es grundsätzlich besonders wichtig, in einschlägigen Situationen den Notruf rasch abzusetzen, um ein polizeiliches Agieren zu ermöglichen", so Kuhn.
Was ist inzwischen über den Mann mit dem Messer bekannt?
Aus dem Umfeld des 26-Jährigen heißt es, dass er seit kurzem deutscher Staatsbürger sei und einen arabischen Hintergrund habe. Das bestätigt die Staatsanwaltschaft Würzburg auf Anfrage der Redaktion: "Nach derzeitigem Kenntnisstand dürfte der Beschuldigte auch die deutsche Staatsangehörigkeit haben", so Oberstaatsanwalt Thorsten Seebach. Seine Verteidigung hat nach Informationen der Redaktion ein Würzburger Strafverteidiger übernommen.

Der Mann soll sich mittlerweile im Bezirkskrankenhaus in Lohr aufhalten, heißt es aus seinem Umfeld. Die Staatsanwaltschaft Würzburg bestätigt, dass er "psychisch auffällig" gewesen sei und sich in der geschlossenen Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus befinde.
Gegen den Beschuldigten werde ein Verfahren wegen tätlichem Angriff und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte sowie der Störung des öffentlichen Friedens wegen Androhung von Straftaten geführt. Ein Haftbefehl wurde nicht erlassen, erklärt Oberstaatsanwalt Thorsten Seebach.
Die Polizei Unterfranken gibt weitere Informationen
Die Polizei Unterfranken erklärt auf Anfrage der Redaktion, dass es nach aktuellem Ermittlungsstand "weder Angriffe, noch Angriffsversuche auf andere Menschen" gegeben habe. Der Beschuldigte habe das Messer - hierbei handelte es sich laut Polizei um ein Küchenmesser mit einer Klingenlänge von etwa 20 Zentimetern - vor Eintreffen der Polizei selbstständig vor sich auf den Boden geworfen hatte.
"Einer Kontrolle und Festnahme durch die Polizei widersetzte er sich dennoch - ohne bislang bekannten Grund", so Martin Kuhn. Ermittlungen zum möglichen Motiv des Mannes und den Hintergründen würden mit Hochdruck geführt.
Waren die Polizeibeamten zu zurückhaltend?
In den sozialen Medien wurde zwischenzeitlich Kritik laut, dass die anwesenden Polizisten zu zurückhaltend gewesen seien. Was sagt die Polizei hierzu? "Grundsätzlich passt sich das polizeiliche Einschreiten der Situation und auch dem Verhalten eines Betroffenen an und dies eben auch bei etwaigen Festnahmen", so Kuhn. Hierbei gelte stets, verhältnismäßig und der Situation angemessen zu agieren, "was unter anderem in der Wahl der jeweiligen Einsatzmittel ersichtlich ist."

So würden Festnahmen teils mit kommunikativen Mitteln, teils unter Einsatz von unmittelbarem Zwang, beispielsweise dem Anlegen von Handfesseln, erfolgen. "Stets gilt es hier die Verhältnis- und damit Rechtmäßigkeit der Maßnahmen zu gewährleisten", erklärt Martin Kuhn.
"Konkret war hier kurz vor dem Eingreifen Pfefferspray eingesetzt worden und unsere Kollegen waren mit entsprechendem Abstand um den Betroffenen positioniert. Dem Sachstand nach haben die Beamten dabei besonnen abgewartet, ob der Reizstoff seine gewünschte Wirkung entfaltet, um dann einen Zugriff zu starten. Der Betroffene befand sich dabei in der Rückwärtsbewegung in Richtung eines Imbissladens, hier griff der Imbiss-Mitarbeiter überraschend ein."
Anmerkung der Redaktion: Da sich in den Kommentaren zu dem Text eine in Teilen rassistische Diskussion entwickelt hat, haben wir die Kommentarfunktion abgeschaltet.