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REICHENBERG: Zehn Jahre Guitar Masters: Blick zurück und nach vorn

REICHENBERG

Zehn Jahre Guitar Masters: Blick zurück und nach vorn

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    Reinhold Deinhardt, Erfinder und Organisator der seit zehn Jahren laufenden Reihe Guitar Masters Reichenberg. Hier beim Jubiläumskonzert Mitte November in der Wolffskeelhalle.
    Reinhold Deinhardt, Erfinder und Organisator der seit zehn Jahren laufenden Reihe Guitar Masters Reichenberg. Hier beim Jubiläumskonzert Mitte November in der Wolffskeelhalle. Foto: Foto: Harald Keitel

    Reinhold Deinhardt schwebt auf Wolke 7, als das Jubiläumskonzert läuft: Fürs 10. Jahr Guitar Mastershat er ein Best-of-Programm auf die Bühne gezaubert, das seine Erwartungen und die des Publikums vollkommen erfüllt. Alle Weltklasse-Gitarristen der vergangenen Masters-Jahre sind seinem Ruf gefolgt.

    Mit Coryell fing alles an

    Alle bis auf einen: Larry Coryell, die amerikanische Jazzrock-Legende, ist 2017 gestorben. Er war ein wesentlicher Grund, warum der gitarrenbegeisterte Deinhardt 2008 das erste Masters veranstaltet. Coryell und andere Gitarrengötter der Jazz-, Fingerpicking- und Bossa-Nova-Szene sollen in Deutschland zusammen auftreten. Nicht irgendwo, sondern in Reichenberg. Davon träumt Deinhardt.

    Aber um die Stars der Szene für den Würzburger Vorort zu interessieren, braucht es ein Zugpferd. Und ausgerechnet Coryell, der mit allen Jazz-Größen dieser Welt gespielt hat, lässt sich von ihm einspannen. Jahr für Jahr fliegt der Texaner ein. Um mit dem Meister spielen zu dürfen, machen auch andere Spitzenmusiker einen Abstecher nach Reichenberg – manche, weil sie sowieso in Europa auf Tournee sind; andere buchen den Direktflug von Südamerika oder Japan nach Frankfurt und zurück.

    Der Lohn der Musiker

    Ihr Lohn: ein Aufeinandertreffen von Talenten, wie man sie selten an einem Abend findet. Und so bilden sich immer wieder neue Konstellationen von Kollegen, die einander kennen, aber noch nie miteinander gespielt haben. Solche einmaligen Gelegenheiten lässt sich das gitarrenliebende Publikum nicht entgehen: Die 400 Mann fassende Wolffskeelhalle mag robusten Charme haben, aber dass man die Musiker an der Garderobe oder an der Theke ansprechen kann, macht ihren besonderen Reiz aus. Und nah dran am Bühnengeschehen ist man allemal, wenn man rechtzeitig kommt und sich einen vorderen Platz ergattert.

    Dort kann man während eines Auftritts die berühmte Stecknadel fallen hören, jedenfalls in den ruhigen Passagen, denn die Zuhörer, meist im gesetzten Alter, lauschen hoch konzentriert, wenn die Musiker ihr Können entfalten. Wenn dann ein Stück zu Ende ist, bricht sich lauthals Begeisterung Bahn. Dieser Rhythmus – nur unterbrochen durch kurze Umbaupausen – hält fünf Stunden lang an, manchmal auch sechs. Das hängt von der Spielfreude der Musiker in den wechselnden Konstellationen ab. Und die ist in Reichenberg meistens groß. „It's a pleasure“ klingt dort nicht wie eine Plattitüde, sondern wie ein Bekenntnis und ein Dankeschön.

    Auf vielen Festivals unterwegs

    Wie bekommt Reinhold Deinhardt das zustande? Der Endfünfziger ist seit Jahrzehnten auf Gitarrenfestivals in vielen Ländern unterwegs und hört sich seine Künstler an. Erstes Kriterium für die Auswahl ist sein persönlicher Geschmack. Das zweite: ein populäres Zugpferd fürs Publikum zu finden. Das dritte: Er will Musiker auf die Bühne bringen, die noch nicht miteinander gespielt haben, so dass Neues entsteht.

    Deinhardt plant einen Guitar-Masters-Abend akribisch: Wer kann mit wem? Welche Nummern sollten dabei sein? Was trifft den Publikumsgeschmack? Welche Wechsel müssen wann kommen? Sein Konzert folgt einer strengen Dramaturgie. Das geht so weit, dass er den Musikern schon mal „Anregungen“ gibt, was sie spielen sollen. Normalerweise mögen das die Künstler nicht so sehr, doch „dem Reinhold“ verzeihen sie viel. Wohl, weil sie spüren, dass in Reichenberg jemand mit so viel Sachverstand, Gefühl und Engagement bei der Sache ist, dass sie ihm kaum einen Wunsch abschlagen. Das erklärt, warum sie immer wieder Stücke „für Reinhold“ spielen.

    Der Ritt auf der Rasierklinge

    Dabei ist das Masters immer ein finanzieller Ritt auf der Rasierklinge. Der Karten- und Getränkeverkauf deckt die Kosten für die Stars der Szene nicht. Also muss Deinhardt Spenden akquirieren und Zuschüsse beantragen, damit seine Veranstaltungen plus minus Null aufgehen. Außerdem braucht er Helfer, die mitanpacken, wenn das Konzert bevorsteht. 25 bis 30 Freiwillige legen Hand an, seit Deinhardt einen Kulturverein gegründet hat, der ihn unterstützt. Die meiste Arbeit freilich bleibt an ihm hängen: Künstler buchen, betreuen, mit dem Auto vom Flughafen holen, für die Unterkunft sorgen, das Programm ausarbeiten, Equipment buchen und immer wieder auf Probleme in letzter Minute reagieren: Ein Musiker steigt in den falschen Zug, ein anderer braucht noch schnell ein Instrument. . .

    Arbeit bis zur Halskrause und tagelang zu wenig Schlaf: Das alles hat zur Folge, dass der Impresario nach dem Masters jedes Mal völlig ausgepumpt ist. Oft fällt schon am Konzertabend der legendäre Satz: „Ich weiß nicht, ob ich das noch einmal mache.“

    Sorgen und Ängste

    Zur Erschöpfung paart sich die Sorge, keine Steigerung mehr bieten zu können. Und deshalb sagt der Perfektionist: „Es liegt nicht daran, dass ich keine mehr Lust habe, sondern eher an der Angst vor Ideenlosigkeit und der Sorge, das Niveau beim nächsten Mal nicht halten zu können.“

    Der Hoffnungsschimmer

    Eine Sorge, die bisher immer unbegründet war. Die Wolffskeelhalle ist jedes Mal voll – ein Zeichen dafür, dass die Leute diese Veranstaltung immer wieder genießen. Außerdem wachsen neue Zuhörer nach, die sich irgendwann anstecken lassen vom Guitar-Masters-Virus – so wie die Künstler, die jährlich nach Reichenberg pilgern. Das weiß Deinhardt und deswegen geht er gedanklich schon die Optionen fürs 11. Mal 2019 durch. Schließlich kommt der Satz, auf den alle Fans warten: „Ich werde mich bemühen und dran bleiben.“

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