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Würzburg: Zehn Jahre Musketiere-Dreh: Wie ein Würzburger die Stars erlebte

Würzburg

Zehn Jahre Musketiere-Dreh: Wie ein Würzburger die Stars erlebte

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    Christoph Waltz alias Kardinal Richelieu auf dem Weg durch den Hofgarten. Sein Kammerdiener, gespielt von dem Würzburger Heribert Kadletz (links hinten), richtet den roten Umgang.
    Christoph Waltz alias Kardinal Richelieu auf dem Weg durch den Hofgarten. Sein Kammerdiener, gespielt von dem Würzburger Heribert Kadletz (links hinten), richtet den roten Umgang. Foto: Obermeier

    Erst kürzlich wieder hat ihn der Würzburger Nachtwächter, als er ihn bei einer Stadtführung zufällig auf der Alten Mainbrücke sah, den Touristen als "unseren Filmstar" vorgestellt: Heribert Kadletz genießt den lokalen Ruhm auch zehn Jahre danach. "Es war ein tolles Erlebnis", erinnert sich der 70-Jährige an die Dreharbeiten im September 2010.

    Damals verfilmte Hollywood mit großem Brimborium an mehreren Orten in Bayern den Alexandre-Dumas-Klassiker "Die drei Musketiere", jene berühmte Geschichte um Tapferkeit, Intrigen, Männerfreundschaft und Heldentum. Würzburg stand zwei Wochen lang Kopf. Über 300 Frauen und Männer aus der Umgebung hatten eine Komparsen-Rolle ergattert. Tausende Schaulustige standen an, um einen Blick auf Hollywood-Größen wie Milla Jovovich, Orlando Bloom oder Christoph Waltz zu erhaschen.

    Bei der Kino-Premiere der "Musketiere" im Cineworld verteilte Heribert Kadletz fleißig Autogramme.
    Bei der Kino-Premiere der "Musketiere" im Cineworld verteilte Heribert Kadletz fleißig Autogramme. Foto: Theresa Müller

    Heribert Kadletz war ganz nah dran mit seiner tragenden Rolle. Als Kammerdiener durfte er dem intriganten Kardinal Richelieu alias Christoph Waltz auf seinem Weg durch Hofgarten und Residenz den roten Mantel samt Umhang stützen und auflegen. Fünf, sechs Mal ("so genau weiß ich das gar nicht  mehr") hat ihn Regisseur Paul W. Anderson so in Szene gesetzt. Ein Foto, das den Auftritt dokumentiert, hängt daheim im Wohnzimmer. Abzüge davon verteilt er noch heute hin und wieder - "selbstverständlich versehen mit meinem Autogramm", schmunzelt der pensionierte Arbeitsvermittler.

    Schulkinder wurden mit dem Taxi chauffiert

    In Würzburg herrscht damals Ausnahmezustand. Historische Gebäude wie die Festung oder die Residenz (samt Hofgarten) sind zeitweise gar nicht zugänglich, Durchgangsstraßen wie die Balthasar-Neumann-Promenade tagelang blockiert, moderne Straßenlaternen abgebaut. Und auch auf die 400 Parkplätze am Residenzplatz müssen die Einheimischen über eine Woche verzichten. Sie ertragen die Einschränkungen mit erstaunlich viel Langmut. Selbst die Sperrung der Alten Mainbrücke, die ebenfalls als Kulisse dient, kann die Stimmung nicht trüben. Im Gegenteil: Schulkinder freuen sich, dass sie auf Kosten der Filmproduktion mit dem Taxi ans andere Mainufer chauffiert werden. 

    Die Alte Mainbrücke war vor zehn Jahren einer der Drehorte für den Hollywood-Film "Die drei Musketiere".
    Die Alte Mainbrücke war vor zehn Jahren einer der Drehorte für den Hollywood-Film "Die drei Musketiere". Foto: Norbert Schwarzott

    "Die Würzburger sind richtig stolz, Teil des Projekts zu sein", freut sich der damalige Tourismus-Chef Peter Oettinger. Auch wenn die Residenz im Film nicht die Residenz ist, sondern zum Louvre im  Paris des 17. Jahrhunderts verfremdet wird, und die Festung den Buckingham-Palst in London verkörpert, sei die Werbung für die Stadt unbezahlbar, so Oettinger. Nicht zuletzt profitiert auch die Hotellerie in der Region, gut zwei Dutzend Gasthäuser beherbergen die 350-köpfige Filmcrew während der beiden Würzburg-Wochen.

    "In Würzburg fragen sogar die Paparazzi, ob sie die Stars fotografieren dürfen."

    Robert Kulzer, Produzent "Die drei Musketiere"

    Nachdem sich herumgesprochen hat, dass Orlando Bloom, begleitet von seiner damaligen Gattin, dem hochschwangeren Model Miranda Kerr, auf der Steinburg wohnt und im Adami-Bad seine Fitness trainiert, schauen auch dort ab und an ein paar Hollywood-Fans mit Handys vorbei. Aber alles im Rahmen. "In Würzburg fragen sogar die Paparazzi, ob sie die Stars fotografieren dürfen", kommentiert Produzent Robert Kulzer die rücksichtsvolle Anteilnahme. Orlando Bloom weiß gleichwohl, was er seinen Fans schuldig ist: Bereitwillig posiert er am Residenzplatz für Fotos und schreibt Autogramme. Die "Orlando, Orlando"-Rufe wollen da gar nicht mehr aufhören.

    Hollywood-Star Orlando Bloom schrieb es am Residenzplatz bereitwillig Autogramme.
    Hollywood-Star Orlando Bloom schrieb es am Residenzplatz bereitwillig Autogramme. Foto: Benjamin Necke

    Noch näher dran an Hollywood kommen rund 300 Komparsen. Sechs Wochen vor Beginn der Dreharbeiten stehen Hunderte Interessierte Schlange vor einer Würzburg Diskothek, um sich für eine Statistenrolle casten zu lassen. "Ab sofort durfte ich mich nicht mehr rasieren", erinnert sich Heribert Kadletz, den die Agenten für die Rolle eines Ministers ausgeguckt hatten. Tapfer erträgt er den Spott seiner Partnerin und der Arbeitskolleginnen über die strubbbeligen Haare im Gesicht, doch dann kommt kurz vor Drehbeginn die Absage. Man habe genügend Minister, heißt es lapidar.

    Der Traum von der Filmrolle scheint schon ausgeträumt, als sich die Casting-Agentur erneut bei Kadletz meldet: Ob er vielleicht auch den Kammerdiener von Kardinal Richelieu spielen würde? "Drei Kandidaten hat das rote Kostüm nicht gepasst, bei mir saß es sofort."  Am nächsten Morgen ist es soweit, um 6 Uhr geht's in die Maske, mittags dann die erste Begegnung mit Waltz. "Sehr sympathisch", so der Eindruck. Vier Tage wird der Statist in Würzburg für Szenen im Hofgarten und im Treppenhaus der Residenz gebucht. Später folgt sogar noch ein Drehtag in Herrenchiemsee.

    Fünf, sechs Mal ("so genau weiß ich das gar nicht  mehr") hat Regisseur Paul W. Anderson Heribert Kadletz als Kammerdiener in Szene gesetzt. 
    Fünf, sechs Mal ("so genau weiß ich das gar nicht mehr") hat Regisseur Paul W. Anderson Heribert Kadletz als Kammerdiener in Szene gesetzt.  Foto: Daniel Karmann, dpa

    Die Ehrfurcht vor dem Oscar-Preisträger legt der Komparse schnell ab. Sie kommen ins Plaudern - über den Frankenwein. Ein Würzburger Domina-Schoppen habe ihm nicht so geschmeckt, habe  Waltz gesagt, erinnert sich Kadletz. "Ich habe ihm dann einen Roten aus Bürgstadt oder einen klassischen Silvaner empfohlen." Versuche, dem Hollywood-Star gar einen Bocksbeutel mitzubringen, verhindert die strenge Security.

    Auch gemeinsame Fotos am Set sind nicht erlaubt, Autogramme eigentlich auch nicht. Doch Komparse Kadletz ist findig. Es gelingt ihm, Abzüge von Bildern, die ein befreundeter Pressefotograf mit dem Teleobjektiv geschossen hat, im Hosenbund seines Kammerdiener-Kostüms von der Statisten-Umkleide in die Residenz zu schmuggeln und dort in der Toilette zu verstecken. "In einer Drehpause hat mir Waltz dann fünf Unterschriften gegeben."

    Die Würzburger Residenz "verkörpert" den Pariser Louvre im Film.
    Die Würzburger Residenz "verkörpert" den Pariser Louvre im Film. Foto: Thomas Obermeier

    Nicht jeder Statist kommt so dicht an die Stars. Kadletz' Kollegen spielen Gärtner, Markthändler und mittelalterliches Fußvolk. Die meisten verkörpern Soldaten der blau gewandeten königlichen oder der schwarz-roten Kardinalsgarde. Schon erhebend, wie sie dann in ihren prächtigen Kostümen am Residenzplatz Spalier stehen. Hier und da mault mal ein Komparse über die langen Wartezeiten am Set, 55 bis 90 Euro Honorar für den Zwölf-Stunden-Tag sind ja auch keine große Entschädigung.  Aber es überwiegt die Neugier, der Spaß, einmal eintauchen zu können in die Welt von Hollywood.

    Und so ist es ein großes Hallo, als Cineworld-Chef Lothar Michel die 300 fränkischen Laienspieler Anfang September 2011 anlässlich der Premiere des 3D-Spektakels ins Kino einlädt. Vor der Leinwand erinnern sich die Statisten an ihre Erlebnisse bei den Dreharbeiten. Ein großer Spaß die Filmvorstellung selbst. "Da, da bin ich", raunt es durchs Publikum, wenn sich ein Komparse wiedererkennt. Und bei aller Verfremdung der literarischen Vorlage und der Original-Schauplätze des Musketier-Romans: Mainbrücke, Festung, Residenz und Hofgarten kommen im fertigen Film beeindruckend opulent raus. Von den 1,2 Millionen Zuschauern, die den Film in Deutschland sehen, fallen denn auch allein 65 000 auf die beiden unterfränkischen Großkinos Cineworld und Cinemaxx.

    Für seine Rolle als Diener im Film "Die drei Musketiere" bekam Heribert Kadletz sogar einen Oscar verliehen.
    Für seine Rolle als Diener im Film "Die drei Musketiere" bekam Heribert Kadletz sogar einen Oscar verliehen. Foto: Daniel Biscan

    Derweil bekommt Heribert Kadletz seinen Filmruhm besonders gekrönt. Bei einer Extra-Vorführung der "Musketiere" für Freunde, Bekannte und Kollegen verleiht seine Partnerin Kirsten Mittelsteiner ihm einen Oscar. "Natürlich den für den Hauptdarsteller."       

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