OCH-SE, OCH-NÖ oder doch OCH-JA? Das Ochsenfurter Autokennzeichen bietet kreativen Fahrzeugbesitzerinnen und -besitzern viele lustige Kombinationsmöglichkeiten. Anja Harder hat sich für OCH-NE entschieden. Und das schon am ersten Tag nach Wiedereinführung des alten Kfz-Kennzeichens. Das ist nun gut zehn Jahre her. Harder war damals eine der ersten, die in der Zulassungsstelle WÜ gegen OCH tauschte.
Der Grund: "Ich wollte mein altes Kennzeichen loswerden", sagt sie. Denn bei der Zulassung des Autos habe sie sich Jahre zuvor für ihre Anfangsbuchstaben AH entschieden – ohne zu bemerken, dass es sich dabei auch um die Initialen von Adolf Hitler handelt, sagt Harder. Warum die Buchstaben, die eigentlich unter die Regelungen zur Nazi-Symbolik fallen und nicht verwendet werden dürfen, überhaupt an sie vergeben wurden, wisse sie bis heute nicht. Wohlgefühlt habe sie sich mit den Buchstaben an ihrem Auto jedenfalls nie ganz, sagt Harder. Umso mehr habe sie sich darüber gefreut, das Kennzeichen wieder loszuwerden.
Nicht alle im Altlandkreis entscheiden sich für OCH auf dem Nummernschild
Aber auch bei anderen Autofahrerinnen und Autofahrern kam die Rückkehr des OCH-Kennzeichens, das mit der Gebietsreform 1972 von den Autos verschwinden musste, gut an. Insgesamt 20.962-mal ging es nach Zahlen aus dem Landratsamt Würzburg seit der Wiedereinführung über den Tisch der Zulassungsstelle. Im Vergleich dazu war dies bei den Buchstaben WÜ insgesamt 437.780-mal der Fall. 2023 sind nach diesen Daten insgesamt 4402 OCH-Kennzeichen dazugekommen.
"Das ist eine ganz einfache Marketingmaßnahme."
Professor Ralf Bochert, Initiator der Initiative Kennzeichenliberalisierung
Hier gebe es durchaus Unterschiede zwischen den Landkreisen, die Altkennzeichen wieder eingeführt haben, zu verzeichnen, sagt der Heilbronner Professor Ralf Bochert. "Würburg hat eine relativ starke Gravitation auf Ochsenfurt", erklärt Bochert. Das führe dazu, dass es im Altlandkreis Ochsenfurt durchaus auch Autofahrerinnen und Autofahrer gebe, die ein OCH-Kennzeichen ablehnen und sich viel mehr mit Würzburg identifizieren können. "Die sagen dann zum Beispiel: ,Ich bin doch kein Landei!'"
Ralf Bochert sieht Wiedereinführung als "nette Aktion"
Bochert ist es zu verdanken, dass alle Fahrzeugbesitzerinnen und -besitzer im Landkreis Würzburg seit 2013 die Wahl haben zwischen WÜ und OCH an ihren Autos. Als "nette Aktion" bezeichnet der Volkswirt und Experte für Tourismusmanagement die deutschlandweite Initiative Kennzeichenliberalisierung rückblickend. "Das ist eine ganz einfache Marketingmaßnahme, mit dem man für die alten Kreisstädte ein bisschen Aufmerksamkeit generieren kann", sagt er. "Und gekostet hat das Ochsenfurt gar nichts."
Ob er sich nochmal für die Wiedereinführung einsetzen würde? Ja, sagt Bochert. Denn Autokennzeichen seien zwar kein wirklich bedeutsames Thema. "Trotzdem sagt es etwas aus, dass jetzt in Deutschland fünf Millionen Menschen mit solchen Kennzeichen herumfahren", sagt er. Denn Autofahrerinnen und Autofahrer könnten sich so sichtbar zu ihrer Stadt bekennen – wenn sie es denn wollen.
Studie: Mehr als 72 Prozent wollten alte Kennzeichen zurück
Gemeinsam mit Studierenden des Studiengangs Tourismusmanagement hat Ralf Bochert vor mehr als zehn Jahren eine Studie durchgeführt, die zeigen sollte, wie groß der Teil der Bevölkerung in den betroffenen Städten ist, der sich eine Wiedereinführung alter Kfz-Kennzeichen wünschen würde. Dafür wurden deutschlandweit in 211 ehemaligen Kreisstädten Passantinnen und Passanten befragt. Mit eindeutigem Ergebnis: 72,2 Prozent stimmten für die alten Buchstaben an ihren Autos.

In Ochsenfurt befragten die Studierenden damals 259 Personen. 66,7 Prozent der befragten Ochsenfurterinnen und Ochsenfurter sprachen sich für die Rückkehr des Altkennzeichens aus, unter den Befragten aus dem Altlandkreis stimmten 61,6 Prozent dafür.
Trotz des Zuspruchs habe er durchaus Zweifel gehabt, ob er mit seiner Idee Erfolg haben würde, sagt Bochert im Gespräch mit der Redaktion. Denn dafür mussten erst einmal bundespolitisch die Weichen gestellt werden. Doch im September 2012 stimmte der Bundesrat der Änderung der Fahrzeugzulassungsverordnung zu.
Landrat Nuß gab nach anfänglichen Zweifeln grünes Licht
Vor Ort mussten dann die jeweiligen Landräte zustimmen. Nach anfänglichen Zweifeln gab der damalige Landrat Eberhard Nuß grünes Licht. "Damit tragen wir der Bedeutung der einzigen ehemaligen Kreisstadt im heutigen Landkreis Würzburg Rechnung", begründete Nuß die Entscheidung damals.
Und am 10. Juli 2013 war es dann so weit: Das OCH-Kennzeichen kehrte zurück. Auch wenn der große Ansturm damals ausgeblieben sei, wie es vonseiten der Zulassungsstelle heißt – das OCH-Kennzeichen hat sich etabliert.
"Ich würde mich wieder dafür entscheiden", sagt Anja Harder. Nachdem sie nun mehr als 23 Jahre in Ochsenfurt wohne, könne sie sich mit OCH besser identifizieren als mit dem Würzburger Kennzeichen, sagt Harder, die zuvor in Leverkusen gelebt hat. "Ich denke, da geht es einigen so. Deshalb finde ich die Idee, sich zwischen den Kennzeichen entscheiden zu können, generell gut."