Streitereien und verbale Auseinandersetzungen in der Öffentlichkeit sind keine Seltenheit. Wenn sie in Gewalt umschlagen wie zuletzt bei dem tödlichen Messerangriff vor einem Club in Würzburg, gilt es einzugreifen und Zivilcourage zu zeigen - aber ohne sich dabei selbst in Gefahr zu bringen. Was also tun?
Polizei und Experten erklären, wie man sich bei einer Gewalttat in der Öffentlichkeit richtig verhält.
Ich beobachte einen Streit in der Öffentlichkeit- wann sollte ich eingreifen?
Grundsätzlich gilt: Gewalt ist keine Privatsache. Wer bei einer Gewalttat wegschaut und weitergeht, dem kann eine Geldstrafe für unterlassene Hilfeleistung drohen.
Deeskalationstrainerin Katja Kaspar warnt allerdings davor, sich zum Helden aufzuschwingen. "Eigenschutz geht immer vor", sagt die Leiterin der Außenstelle der Opferschutzorganisation Weißer Ring im Kreis Haßberge. Auch die Polizei formuliert in ihrer "Aktion-Tu-Was" als oberste Regel der Zivilcourage: "Hilf, aber bring dich nicht in Gefahr."
Gewalt kündige sich meist an, sagt Kaspar. Die Beteiligten würden zuerst verbal streiten, dann folgen erste Handgreiflichkeiten wie Schubser. "Oft sagt einem auch das Bauchgefühl, dass da etwas nicht stimmt", erklärt die Expertin vom Weißen Ring. Ihr Rat: Wer merkt, dass sich Gewalt anbahnt, sollte auf einen Sicherheitsabstand achten und den Notruf alarmieren.
Wie kann ich bei einer Auseinandersetzung deeskalieren?
Wer einen Streit bemerkt, sollte die Situation zunächst aufmerksam beobachten, rät Kaspar. "Man kann austesten, ob die Kontrahenten auf Ansprache reagieren und wenn sie das tun, aus der Ferne mit lautem Rufen versuchen einzulenken." Trennen und auseinanderziehen solle man die Streitenden nur, wenn man sie persönlich kennt - " ansonsten sollte man immer einen Sicherheitsabstand wahren".
Die Polizei empfiehlt Eingreifenden, das Opfer direkt anzusprechen und zu signalisieren, dass sie zu ihm stehen. Um zu zeigen, dass es sich nicht um einen rein persönlichen Konflikt handelt, sollte man den Täter siezen.

Wenn Menschengruppen beteiligt sind, sollte man besonders vorsichtig vorgehen, warnt Deeskalationstrainerin Katja Kaspar: "Da kommt es schnell zu gruppendynamischen Prozessen, die dann außer Kontrolle geraten." In solchen Fällen sollte man die Situation nur aus der Ferne beobachten, nachdem man den Notruf gewählt hat.
Wenn es zu Gewalt kommt: Was soll ich tun?
Wird es gewaltsam, sollten Umstehende sofort die Polizei unter 110 rufen und weitere Menschen aktiv um Hilfe bitten.
Um später der Polizei bei der Fahndung helfen zu können, ist es wichtig, Gewalttäter zu beobachten und sich ihre Merkmale gut einzuprägen. "Jedes Detail ist wichtig", schreibt die Polizei. "Wie groß ist der Täter? Welche Haarfarbe hat er? Wie war er bekleidet? Welches Kennzeichen hatte das Auto, mit dem er weggefahren ist?" Die Experten vom Weißen Ring empfiehlt, die Situation festzuhalten: "Auch mit dem Handy kann man die Situation dokumentieren."
Wie kann ich dem Opfer helfen?
Ist das Opfer verletzt, sollten Umstehende unverzüglich Erste Hilfe leisten und den Rettungsdienst alarmieren. "Jeder kann helfen, auch wenn Ihr es Euch im ersten Augenblick vielleicht nicht zutraut", betont die Polizei. Helfen kann es schon, mit Betroffenen ruhig zu sprechen und verletzte Personen in die stabile Seitenlage zu bringen.
Sobald die Opfer versorgt sind und die eigene Hilfe nicht mehr benötigt wird, sollten Unbeteiligte die direkte Unfallstelle oder den Tatort meiden, um keine Zufahrtswege für die Rettungsdienste und die Polizei zu blockieren.

Ich habe eine Gewalttat beobachtet. Wie kann ich danach noch helfen?
Viele Täterinnen und Täter entgehen einer Strafe, weil sich keine Zeugen bei der Polizei melden. Wer nach einem Vorfall als Zeuge zur Verfügung steht, kann dabei helfen, Straftaten aufzuklären. Die Polizei unterstreicht: "Angst, Zeitmangel oder Bequemlichkeit sind keine Gründe, nicht als Zeuge auszusagen."
Wie kann ich nach dem Vorfall für mich selbst sorgen?
Eine Gewalttat kann auch für die beobachtenden Personen schwierig zu verarbeiten sein. Es kann ratsam sein, professionelle Hilfe zu suchen: Rund um die Uhr kann man sich dazu an das Krisennetzwerk Unterfranken wenden unter der Nummer 0800-655 3000.
Die 6 Regeln der Zivilcourage - das rät die Polizei1. Hilf, aber bring Dich nicht in Gefahr.
2. Ruf die Polizei unter 110.
3. Bitte andere um Mithilfe.
4. Präg Dir Tätermerkmale ein.
5. Kümmer Dich um Opfer.
6. Sag als Zeuge aus.Quelle: www.aktion-tu-was.de