Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Würzburg
Icon Pfeil nach unten
Landkreis Würzburg
Icon Pfeil nach unten

Randersacker: Zu Erntedank: Warum die Erntehelferin aus dem Chemielabor in den Weinberg kommt

Randersacker

Zu Erntedank: Warum die Erntehelferin aus dem Chemielabor in den Weinberg kommt

    • |
    • |
    Laura Wolz (26) aus Estenfeld liest in ihrem Urlaub Wein in Randersacker. Hier wird Silvaner von der Weinlage Sonnenstuhl geerntet.
    Laura Wolz (26) aus Estenfeld liest in ihrem Urlaub Wein in Randersacker. Hier wird Silvaner von der Weinlage Sonnenstuhl geerntet. Foto: Thomas Obermeier

    Erntedank!  Ohne die zahlreichen Hilfskräfte würde es in Deutschland keinen Wein, kein Bier und kein frisches Obst geben. Die Arbeit in der Natur und bei jedem Wetter ist allerdings nichts für Zartbesaitete. Eine Erntehelferin aus Unterfranken und drei Erntehelfer von anderen Anbaugebieten erzählen von ihren Erfahrungen: vier Protokolle. 

    Laura Wolz, 26, liest Wein in Randersacker in Unterfranken

    Laura Wolz ist Chemielaborantin in Würzburg - und arbeitet im Urlaub im Weinberg. 
    Laura Wolz ist Chemielaborantin in Würzburg - und arbeitet im Urlaub im Weinberg.  Foto: Thomas Obermeier

    "Ich bin zum ersten Mal bei der Weinlese auf dem Gut von Martin Göbel. Meine Heimat ist Estenfeld im Landkreis Würzburg. Deswegen dachte ich mir: Wenn man schon aus einer Weinregion wie Franken kommt, sollte einem der ganze Herstellungsprozess bewusst sein.

    Und so verbringe ich diesmal meinen Urlaub zwei Wochen mit der Lese im Weingut von Martin Göbel in Randersacker. Eigentlich arbeite ich als Chemielaborantin. Die Arbeit im Labor unterscheidet sich deutlich zu der in den Weinbergen. Trotzdem macht mir die Lese Spaß. Ich kann etwas zu mir selbst finden und bin immer an der frischen Luft. Das kann natürlich auch mal zum Nachteil werden, aber bisher hatten wir Glück mit dem Wetter. 

    Der Tag beginnt um 6 Uhr mit dem Klingeln meines Weckers. Dann brauche ich ein bisschen, bis ich richtig wach bin. Danach fahre ich mit dem Fahrrad los, Randersacker ist ja nicht weit entfernt. Weil wir eigentlich alle aus der Gegend kommen, gibt es keine Gemeinschaftsunterkünfte. Um 7.45 Uhr ist Treffpunkt am Weingut, um 8 Uhr beginnt die Lese. Die dauert dann bis in den späten Nachmittag.

    Eine gemeinsame Mittagspause gibt es auch. Aktuell ernten wir die Silvanertrauben. Wir laufen alle Reihen im Weinberg ab und schneiden mit einer Schere die Rispen vom Stock. Ein paar Trauben lassen wir hängen, die sollen für die Spätlese weiterreifen. Wenn unsere Eimer voll sind, leeren wir sie in eine Trage. Kollegen bringen die Trauben dann zum Traktor mit Anhänger.

    Am ersten Tag war die Arbeit etwas mühselig. Wir mussten zunächst alle vertrockneten und verfaulten Trauben absammeln. Aber mittlerweile macht mir die Lese wirklich Spaß. Den ganzen Tag draußen zu sein, macht einfach glücklich. Außerdem verbringe ich den Tag mit sehr netten Menschen.

    Wir sind eine bunt gemischte Gruppe - vom Studenten bis zum Rentner. Insgesamt sind wir meist zu zehnt unterwegs. Ob die Arbeit Spaß macht, steht und fällt mit den Kollegen. Wir verstehen uns alle gut und reißen auch mal den einen oder anderen Witz. Bei manchen sieht das vielleicht anders aus, aber der finanzielle Aspekt spielt für mich keine Rolle. Ich wollte die Weinlese einfach mal erleben – und weiß nun, wie anstrengend das ist.

    Deshalb: Wein wird bei mir definitiv nicht mehr weggeschüttet oder als Schorle gemischt – dafür ist er zu schade!" 

    Danut Mihai Balan, 49, erntet Erdbeeren in Schwaben

    Danut Balan schätzt die Bezahlung als Erntehelfer.
    Danut Balan schätzt die Bezahlung als Erntehelfer. Foto: Stefanie Wirsching

    "Wann ich hier zum ersten Mal mitgeholfen habe, weiß ich gar nicht genau. Das muss vor etwa zwölf Jahren gewesen sein. Seitdem komme ich jedes Jahr. Ich habe hier auf dem Obstbauernhof der Familie Kraus schon viele Arbeiten gemacht. Angefangen habe ich als Erdbeerpflücker. Da beginnt die Arbeit um fünf Uhr morgens. Beim Erdbeerpflücken kommt es darauf an, dass man die Früchte vorsichtig behandelt: Man darf sie nicht abreißen, sondern muss sie am Stiel knicken. Und dann darf man sie auch nicht in den Korb werfen, sondern muss sie vorsichtig hineinlegen. Die einen finden die Arbeit anstrengend, ich aber nicht.

    Mittlerweile komme ich mehrmals im Jahr. Zum ersten Mal im Februar, da bauen wir die Tunnel über den Erdbeerfeldern. Dann im April, da setzen wir die Pflanzen und dann geht die Ernte von Anfang Mai bis Anfang August. Wenn es klappt, fahre ich zwischendurch nach Hause nach Rumänien. Ich habe dort auch in einer Firma im Lager gearbeitet, aber viel weniger verdient. Hier bekomme ich zehn Euro die Stunde.

    Jetzt bin ich gerade da, um die Kirschen zu schneiden. Ich wohne hier in einer kleinen Wohnung im Hof. Wegen Corona mussten wir auch in diesem Jahr während der Ernte sehr aufpassen. Normalerweise kochen wir und sitzen abends zusammen und es wird auch mal getanzt. Aber jetzt bekamen wir Essen geliefert und konnten uns nur draußen zusammensetzen.

    Es war dennoch eine gute Zeit. Ich habe hier mittlerweile Freunde gefunden – manche kommen aus Rumänien wie ich. Wir leben hier auf dem Hof zusammen wie eine kleine Familie. In Rumänien habe ich selbst eine kleine Landwirtschaft. Um die Felder und unsere drei Kühe kümmern sich, wenn ich in Deutschland bin, meine Frau, meine zwei Söhne und die Großeltern. Mit meiner Frau telefoniere ich abends oder spreche mit ihr über Video – nicht jeden Tag, aber oft."  

    Stef Ovidio, 42, erntet Äpfel in Wahlwies am Bodensee

    Ovidio Stef, 42, aus Rumänien hilft bei der Apfelernte in Wahlwies. Hier pflückt er die Sorte Gala.
    Ovidio Stef, 42, aus Rumänien hilft bei der Apfelernte in Wahlwies. Hier pflückt er die Sorte Gala. Foto: Claudia Ladwig

    "Ich komme schon seit 14 Jahren nach Wahlwies auf den Obsthof von Tanja und Wolfram Renner. Mein Bruder und seine Frau hatten vorher für einige Jahre hier gearbeitet. Und als mein Bruder dann nach Spanien ging, kam ich als Ersatz für ihn her.

    Wir beginnen immer morgens um 8 Uhr und arbeiten bis 18 Uhr. Mittags ist eine Stunde Pause. Ich pflücke die guten Äpfel, lege sie in die großen Obstkisten und bringe die, wenn sie voll sind, zum Hof. Faule Äpfel bleiben auf dem Boden der Apfelplantage, angeschlagene kommen ins Mostobst. Beim Pflücken dreht man den Apfel und legt ihn vorsichtig in die Kiste, damit er nicht beschädigt wird. Wir pflücken jeden Baum zweimal ab, so haben die etwas kleineren Äpfel noch ein paar Tage Zeit zum Wachsen und nehmen noch mehr Farbe an.

    Das Pflücken macht mir Spaß. Wenn du magst, was du tust, ist es nicht hart. Das Einzige, was die Arbeit manchmal erschwert, ist Regen oder überhaupt schlechtes Wetter. Wir sind ja immer draußen, aber wir tragen Regenkleidung, dann geht das. Wir sind hier zwölf Erntehelfer, kennen uns schon lange und sind inzwischen gute Freunde. Für uns gibt es eine eigene Wohnung mit fünf Schlafzimmern und zwei Bädern direkt neben dem Wohnhaus der Familie.

    In der Pause kocht sich jeder etwas zu Essen. Wir könnten natürlich auch gemeinsam kochen – aber das ist wie in der Familie: Dem einen schmeckt dies nicht, der andere mag das nicht. Die Abende verbringen wir Erntehelfer mit Fernsehen und Spielen. Manchmal fahren wir in der Freizeit auch zum Bodensee, nach Stockach oder Radolfzell.

    Normalerweise bin ich etwa zwei Monate zum Helfen da. Jeden Tag telefoniere und schreibe ich mit meiner Frau und meinen beiden Söhnen, die jetzt 16 und 18 Jahre alt sind. Und wenn wir mit der Ernte fertig sind, richten Tanja und Wolfram Renner für uns Helfer immer ein Apfelfest aus. Das gefällt mir sehr.

    Ich bekomme für meine Arbeit hier in Deutschland den Mindestlohn, das ist viel mehr, als ich bei uns in Rumänien verdienen würde. Ich bin zwar Elektromechaniker, aber zu Hause habe ich keinen festen Job. Es ist schwierig, denn wenn du eine feste Arbeitsstelle hast, wollen sie dich nicht für zwei Monate nach Deutschland gehen lassen. Aber meine Frau arbeitet auch und mit dem Geld, das ich hier verdiene, kommt meine Familie aus. "

    Markus König, 19, erntet Hopfen in Ilmendorf bei Pfaffenhofen

    Markus König hilft seinem Onkel bei der Hopfenernte.
    Markus König hilft seinem Onkel bei der Hopfenernte. Foto: G. König

    "Seit ich sechs Jahre alt bin, helfe ich bei der Hopfenernte mit. Man kann sagen, dass ich eigentlich schon immer mit dabei bin. Mein Onkel Manfred König baut Hopfen an, ihm gehören ein Hof sowie Felder in Ilmendorf. 

    Ich arbeite hauptberuflich als Land- und Baumaschinenmechaniker. Für die Hopfenernte im August nehme ich mir jedes Jahr drei Wochen Urlaub und dann geht es eben anstatt an den Strand auf das Feld. Aber das ist total okay für mich, weil mir die Arbeit einfach Spaß macht und ich meinem Onkel wirklich gerne helfe. Viele meiner Arbeitskollegen sind übrigens auch jedes Jahr mit von der Partie.

    Der Tag beginnt immer sehr früh. Zwischen 6 und 6.30 Uhr klingelt mein Wecker. Da ist es ganz praktisch, dass ich nur ein Häuschen weiter wohne und der Arbeitsweg dadurch sehr kurz ist. Ich schaue, dass ich um spätestens 7 Uhr auf dem Hof bin. Die Arbeit ist eigentlich sehr vielfältig, entweder bin ich auf dem Hof oder auf dem Feld unterwegs.

    Wenn ich draußen bin, fahre ich mit dem Bulldog, an dem das Abreißgerät hängt. Damit werden die Hopfenranken ein gutes Stück über dem Boden heruntergerissen und fallen anschließend auf den Anhänger. Dieser Teil der Ernte macht mir am meisten Spaß. Der Anhänger ist ziemlich schnell voll und dann geht es zurück zum Hof. Dort werden die Ranken in eine Maschine eingespannt, die die Dolden vom Rest der Pflanze, trennt.

    Es gibt viel zu tun, das zieht sich über den ganzen Tag. Aber es wird nie langweilig. Nach gut zehn Stunden geht es dann in den Feierabend. Die Arbeit ist anstrengend, ich freue mich am Abend schon auf mein Bett.

    Jedes Jahr sind wir eine Gruppe von sieben bis acht Erntehelfern bei meinem Onkel. Einer davon kommt seit 30 Jahren, er stammt aus der Nähe von Krakau. Wenn die Ernte und zugleich mein Urlaub vorbei sind, geht es zurück in meine reguläre Arbeit." 

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden