Über die Ausfahrtsschilder zu Autobahnkirchen habe ich mich schon als Kind auf der Fahrt in den Urlaub oft gewundert. Kirche an der Autobahn? Das schien mir immer etwas absurd und widersprüchlich. Was sind das für Gotteshäuser, für Orte am Rande des vorbeirauschenden Verkehrs? Das will ich mir mal genauer ansehen. Ich setze mich in mein Auto – und fahre zu vier Kirchen in der Region.


Erste Station an der A 7, Ausfahrt Gramschatzer Wald. Hier liegen „Subway“, Tankstelle und, gleich an der Einfahrt zum Autohof, die kleine, trapezförmige Kapelle ganz nahe beieinander. Auf dem Parkplatz stößt Lastwagen an Lastwagen. Auf den ersten Blick kein Ort, um zur Ruhe zu kommen und zu beten. Und tatsächlich scheinen sich manche, die die Abfahrt nur des Sprits wegen nahmen, daraus einen Spaß zu machen: „Heil Satan“ oder „ein bisschen bi schadet nie“ ist ins Anliegenbuch gekritzelt.
Andere aber haben hier einen Ort der Besinnung gefunden. Sie danken Gott für die sichere Fahrt. Oder schreiben: „Danke Herr, für deine Liebe, die du täglich an uns tust“. Weiter auf die A 3, zur Ökumenischen Autobahnkirche „Licht. Am Dreifrankenstein“.



Auf dem Weg zum Autohof Strohofer in Geiselwind kommt man hier vorbei. Vor oder nach dem Beten kann man hier unter anderem essen, zu Festivals gehen oder Erotikartikel erwerben. In der Kirche läuft Musik, die mich an Fahrstuhlmusik erinnert, und ein großer Teil der Kirche besteht aus einem Souvenir-Shop. Im Laden treffe ich auf einen Vater mit zwei Kindern. In welcher Sprache sie sich unterhalten, kann ich nicht identifizieren. Sie bleiben die einzigen Menschen, die ich auf meiner Reise treffe. Es macht mich ein bisschen stutzig, dass ich an einem Sonntag nicht mehr Leute in den Kirchen sehe. Werden Autobahnkirchen kaum besucht? Die „Versicherer im Raum der Kirchen“, die in Deutschland die Autobahnkirchen betreuen, geben an, dass jährlich rund eine Million Menschen in die fast 50 Kirchen einkehren, spenden, eine Kerze anzünden oder ihre Gedanken im Anliegenbuch festhalten.


Die Katholische Autobahnkirche St. Thomas von Aquin in Trockau an der A 9 scheint mir eine ganz normale Dorfkirche zu sein. Wenn man sie betritt, vergisst man schnell die Nähe zur Autobahn München-Berlin. Das Große Kreuz am Altar, das bunte Licht, das durch die Fenster fällt, strahlen Ruhe aus. Anhand von Plakaten, die Kinder gestaltet haben, lässt sich vermuten, dass dort auch ganz normale Gottesdienste abgehalten werden.


Letzte Station meiner Reise: die Katholischen Autobahnkirche St. Christophorus in Himmelkron an der A 9, zwischen dem Autobahndreieck Bayreuth/Kulmbach und der Anschlussstelle Marktschorgast. Ein architektonisch ungewöhnliches, aber eindrucksvolles Gebäude. Der große Platz, auf dem die Kirche steht, bildet durch verschiedenfarbige Steine ein großes Muster ab. Geht man durch die Tür, kommt man zu einer kleinen Ausstellung von Infomaterial über Autobahnkirchen und dem Jakobsweg. Auch hier gibt es eine kleine Souvenir-Ecke mit Auto-Aufkleber und Schlüsselanhänger.




Die Kirchenräume erinnern mich durch die relativ sterile Gestaltung ein wenig an eine Krankenhauskapelle. Im Mittelalter fanden Wanderer, Pilger und Reisende Andachtsmöglichkeiten in Kapellen und an Kreuzen und Bildstöcken am Wegesrand. Orte des Schutzgebetes und der Besinnung, die die Menschen erinnerten, sich auch auf Reisen immer wieder auf Gott zu besinnen. Und genau dafür gibt es heute auch die Autobahnkirchen. Sie laden dazu ein, zur Ruhe zu kommen und sich zu besinnen. Sie stellen, wie die „Versicherer im Raum der Kirchen“ sagen, einen „Gegenpol zum Leben auf der Überholspur“ dar. Nach wie vor kommen mir Kirchen an der Autobahn etwas absurd vor . . . und dennoch denke ich nach meiner kleinen Tour, dass es für einige Menschen schön ist, auf einer längeren Reise haltmachen und dort innehalten zu können.

