Möchte man versuchen, den Coup des ESC Haßfurt auf der Trainerposition in Perspektive zu setzen, hilft womöglich ein Vergleich, obwohl die ja meist irgendwie hinken, mit dem König Fußball: Dass bei dem unterfränkischen Eishockey-Landesligisten seit dieser Saison Petr Korinek an der Bande steht, ist in etwa so, als wenn bei den Fußballern der DJK Dampfach ein Trainer übernehmen würde, der vor diesem Engagement noch in der niederländischen Ehrendivision gegen Teams wie Ajax Amsterdam oder Feyenord Rotterdam gecoacht hätte.

Noch vor acht Monaten war Korinek Cheftrainer des tschechischen Erstligisten HC Pilsen gewesen, hatte seinen Profikader auf Partien gegen Teams wie Sparta Prag vorbereitet und stand bei Spielen gegen den HC Kladno mit der noch immer spielenden und im Vergleich zu Korinek lediglich fünf Jahre jüngeren Eishockey-Legende Jaromir Jagr auf der Bank. Nun steht er an einem grauen Oktoberabend in einem ebenso grauen Trainingsanzug vor dem Haßfurter Stadion am Großen Anger, nimmt einen kleinen Schluck Cola aus einem Hawks-Plastikbecher und lächelt.
Natürlich lächelt der 57-Jährige. Er hatte sie ja kommen sehen, diese Frage, so wie er in seiner 24-jährigen Profikarriere in Sachen Eishockey so ziemlich alles gesehen hat, was es zu sehen gibt. Abgesehen davon drängt sich diese Frage in etwa genauso auf wie der körperbetont spielende Center zu aktiven Zeiten sich selbst seinen Gegenspielern: Was, lieber Herr Korinek, was machen Sie bitteschön hier in Haßfurt?
Korineks Antwort ist ebenso simpel wie entwaffnend. "Ich war eben frei", meint der Tscheche im gebrochenen Englisch, noch immer lächelnd. "Also habe ich zugesagt, als ich im Sommer gefragt worden bin." Frei war Korinek, weil ihn sein Heimatverein, der Klub aus seiner Geburtsstadt Pilsen, im März vor die Tür gesetzt hatte. Das Ausscheiden in den Play-Ins, der Vorrunde der Play-Offs in der Extraliga, war den Klubverantwortlichen zu wenig gewesen. Nach anderthalb Spielzeiten war Schluss für Korinek.
Dana, Soukup und Korinek kennen sich aus der Jugendarbeit
Freilich gibt es aber eine entscheidende Verbindung, die den Haßfurtern ihren neuen Cheftrainer bescherte. Zusammen mit Korinek nach Haßfurt gewechselt sind auch die beiden 21-jährigen Tschechen Josef Dana und Dominik Soukup. Und das aus Waldkraiburg in die Kreisstadt gekommene Duo kennt seinen neuen Trainer bestens: Beide sind in der Jugend des HC Pilsen, in der Korinek vor seiner Cheftrainerrolle jahrelang als Coach aktiv gewesen war, groß geworden.
"Natürlich ist hier alles semiprofessionell", kommentiert Korinek die Bedingungen seines neuen Arbeitgebers. Dass seine Spieler arbeiten gehen müssten oder zur Schule und deshalb nur abends trainieren können, sei nicht gerade optimal. Auch nicht, dass einige seiner Spieler noch "ein paar Kilos zu viel" auf den Rippen haben. Doch Grund, den Hawks eine Absage zu erteilen, sei das alles nicht gewesen. Denn: "Sie lieben das Eishockey. Also kann ich gut mit ihnen arbeiten."
Korinek wurde von den Edmonton Oilers gedraftet
Der ESC Haßfurt hat mit Korinek einen absoluten Fachmann gewonnen. Das sagen die Spieler, die unter ihm trainieren, und das sagt auch sein Lebenslauf. 1990 ist der Angreifer von den Edmonton Oilers in der nordamerikanischen NHL gedraftet worden. Übers Trainingscamp hinaus schaffte er es jedoch nicht. Ein Jahr zuvor erst hatte Wayne Gretzky das Über-Team aus der kanadischen Provinz Alberta in Richtung Los Angeles verlassen, in der Vorsaison hatte Edmonton noch den Stanley Cup gewonnen. Soll heißen: "Gretzky war zwar weg, aber das Team mit Spielern wie Mark Messier, Esa Tikkanen und Petr Klima noch immer bärenstark. Ich hatte keine Chance, es in den Kader zu schaffen. Das war schlechtes Timing."
Dafür schaffte es Korinek in den Folgejahren, mit Ausnahme der Schweizer National League in allen Top-Ligen Europas zu spielen. Finnland, Schweden, Deutschland und natürlich Tschechien: Überall agierte der Linksschütze auf Topniveau. Im Herbst seiner Karriere, 2003, war er beim HKM Zvolen sogar Topscorer der ersten slowakischen Liga. Darüber hinaus stand er sowohl für die tschechoslowakische als auch tschechische Nationalmannschaft auf dem Eis.
Korinek: "Unser Ziel ist es, aufzusteigen"
Jetzt also Landesliga in Haßfurt. Was sich nach einem krassen Bruch anhört, nach einer Delle in diesem mit Top-Adressen gespickten Lebenslauf, ergibt mehr Sinn, je länger man sich mit Korinek unterhält und er schließlich selbst die Antwort gibt: "Ich liebe es, zu gewinnen. Egal, wo ich gespielt habe, wollte ich immer gewinnen. Land, Liga, als Spieler oder als Trainer, alles egal: Hauptsache gewinnen."
Deswegen redet er auch in Sachen Saisonziel nicht um den heißen Brei herum. "Unser Ziel ist es, aufzusteigen, keine Frage", sagt Korinek unumwunden. Er habe schon mitbekommen, dass die Hawks in den vergangenen Jahren ein paar Mal nah dran waren, klar. Mit ihm soll es nun endlich klappen. "Ich hoffe, dass es die Jungs genauso wollen. Dann werden wir Erfolg haben."