Der ESC Haßfurt gewinnt und die Fans pfeifen die eigenen Spieler vom Eis. Klingt völlig verquer, war vor zwei Wochen nach dem 4:2-Sieg gegen Bad Aibling im Stadion am Großen Anger aber Realität. Eine blamable Niederlage gegen den Vorletzten aus Selb am vergangenen Wochenende vergrößerte die Bauchschmerzen bei allen, die mit den Hawks fiebern, noch weiter.

Es passt gerade nicht zwischen Mannschaft und den Rängen – oder? Vor dem Play-off-Beginn der Eishockey-Landesliga an diesem Sonntag gibt Lukas Heinl, seit fast einem Jahrzehnt Vorsitzender des Fanklubs "Eishockeyfreunde Haßberge", einen Einblick, was auf der Stehtribüne der Hawks gerade los ist.
Frage: Blamable Niederlagen, Pfiffe von den Rängen und trotzdem Play-offs mit Heimrecht: Was ist aktuell los beim ESC Haßfurt, Herr Heinl?
Lukas Heinl: Die Stimmung ist aktuell katastrophal. Das liegt sicherlich ein Stück weit an der Leistung. Aber meiner Meinung nach ist das auch dem Rundenmodus zuzuschreiben. Für Haßfurt geht's überspitzt gesagt ab Mitte November um die Goldene Ananas. Auf die Plätze eins bis vier kommst du schon irgendwie, und dann hast du Heimrecht in den Play-offs. Da die Spannung hochzuhalten, ist schwierig. Und dann verlierst du eben auch mal gegen so Mannschaften wie Selb.
Der VER Selb sowie der EHC Straubing stehen in der Tabelle weit abgeschlagen hinten, haben eine negative Tordifferenz von 140 und 122. Kann man solche Spiele überhaupt ernst nehmen?
Heinl: Um ehrlich zu sein, habe ich auch aus diesem Grund heuer keine Dauerkarte gekauft. Das war ja abzusehen, Spiele wie gegen Selb oder Straubing kannst du dir einfach sparen. Wenn alles normal läuft, fegst du die zweistellig weg. Da komme ich erst später ins Stadion, dafür zahle ich nichts.
Trotzdem ist die schlechte Stimmung nur schwer zu verstehen: Von 26 Spielen hat der ESC überhaupt nur fünf verloren.
Heinl: Ich verstehe es auch nicht so recht. Gegen Bad Aibling haben die Fans gepfiffen, weil die Mannschaft nicht ins leere Tor getroffen hat. Das war ja der Oberhammer. Wer auf so eine Idee kommt, weiß ich nicht. Wir reden hier von Amateuren, die gehen ja alle arbeiten und verdienen nicht ihr Geld als Sportler.
Sind die ESC-Fans die Landesliga schlichtweg satt?
Heinl: Ein Stück weit sicherlich. Den Aufstieg hätten wir ja in den letzten beiden Saisons verdient gehabt. Und bis zum Jahreswechsel war Haßfurt zu Hause eine Macht. Da war die Stimmung für Vorrunden-Verhältnisse auch noch völlig in Ordnung.
Wird sich die Stimmung mit Play-off-Beginn ändern?
Heinl: Ich denke schon. Wer auf diese Spiele jetzt keinen Bock hat, der ist das ganze Jahr über im Stadion fehl am Platz. Jetzt zählt's. Das gilt für die Mannschaft und die Fans gleichermaßen: Ich kann mich nicht auf die Ränge stellen und Kampf und Einsatz vom Team fordern, aber diese Eigenschaften selbst nicht mit auf die Tribüne bringen.
Wie zu hören ist, wollen Sie deshalb vor Spielbeginn am Sonntag auch noch einmal selbst das Wort an die Fans richten. Was wollen Sie loswerden?
Heinl: Da wird es genau um dieses Thema gehen. Dass man als Fan eben nicht immer nur fordern kann, sondern auch etwas leisten muss. Wir müssen an einem Strang ziehen und vergessen, was in den letzten fünf Wochen los war.
Trauen Sie dem ESC Haßfurt dann den Aufstieg zu?
Heinl: Wenn die Jungs die Leistung aus der Vorweihnachtszeit aufs Eis bekommen, haben sie das Halbfinale oder gar das Finale sicher. Wenn sie sich anstellen wie zuletzt, wird es schwer. Das Achtelfinale, egal ob Reichersbeuern oder Forst, werden wir packen. Aber danach wird's knackig. Wir werden sehen.