Jupp Heynckes war nicht immer so besonnen wie in seinen späten Trainer-Jahren. Sein Spottname „Osram“ nach den Glühbirnen kam nicht von ungefähr. Wenn er einen hochroten Kopf bekam, dann konnte es schon mal brenzlig werden für Journalisten.
Wenn ich an Heynckes denke, dann trotzdem positiv – was besonders an einer lauen April-Nacht 2012 in Madrid liegt. Der FC Bayern hatte im Hexenkessel des Bernabeu-Stadions nach einem 2:1-Hinspielsieg trotz eines großen Spiels mit 1:2 bei Real Madrid verloren, sich im gewonnenen Elfmeterschießen aber trotzdem für das Endspiel der Champions League qualifiziert. Die weißen Tücher, mit denen die Real-Fans ihren Lieblingen zuwinken wollten, sie lagen abertausendfach im Stadionstaub.
Für Heynckes, der auch bei Real gearbeitet hatte und fließend Spanisch spricht, war dieser Erfolg etwas ganz Besonderes. Nach der Pressekonferenz kam „Don Jupp“ gegen Mitternacht noch einmal heraus zu den nurmehr wenigen deutschen Journalisten in die Interview-Zone, die im Bernabeu – ganz ungewöhnlich – in einem kleinen Hof unter freiem Himmel angesiedelt war.
Heynckes wirkte ungemein beseelt, er wollte sein Glück einfach teilen, in Dankbarkeit und nicht im Überschwang. Keine Frage war ihm zu viel, er hörte gar nicht mehr auf zu reden. Das war sympathisch und ein intimes Erlebnis, das Journalisten im Profifußball – und gerade beim medial so dicht belagerten FC Bayern – nur selten vergönnt ist. Erst der nachdrückliche Hinweis von Pressechef Markus Hörwick, dass der Bus nun wirklich abfahren müsse zum Bankett, sorgte dafür, dass Heynckes sich losriss.
Das folgende „Finale dahoam“ verlor der FC Bayern wider alle Erwartungen gegen Chelsea und Heynckes kickte danach frustriert mit Eiswürfeln, die von Behandlungen auf dem Rasen lagen, während er auf die Blechmedaille warten musste. Dass es ein Jahr später dann doch zur Krönung mit Champions-League-Sieg und dem Gewinn des Triples kam, habe ich ihm sehr gegönnt. Und „Osram“ ist vergessen.