Es ist das, was dem Handball seinen Reiz verleiht. Diese Spanne von nur wenigen Sekunden, die zwischen Heldentum oder Tragik liegen, prägte auch die Schlussphase des Spiels. Während TVE-Torhüter Nicholas Cudd allerorten geherzt wurde, schlich Marktstefts Michael Troll nach dem Schlusspfiff mit eher betretener Miene über den Hallenboden. Troll hatte die Verantwortung auf sich genommen, 35 Sekunden vor dem Ende zum Siebenmeter beim Stand von 21:22 anzutreten. Zu unplatziert, flach und beinahe genau auf den Mann hatte er gezielt, Torwart Cudd parierte. Für Marktsteft war damit zumindest der Teilerfolg flöten. „Ich habe mir vorgenommen, ich bleibe auf der Linie stehen. Seinen ersten Siebenmeter warf er auch flach“, schilderte Cudd sein Pokerspiel in der letzten Spielminute. „Wenn ich ihn halte, haben wir gewonnen und ich bin der Held. Wenn nicht, ist das auch nicht so schlimm.“ So skizzierte Cudd seine Gefühlswelt.
Seinem Gegenüber Michael Troll wollte später freilich niemand einen Vorwurf machen. So sei Handball eben, flüchtete sich Marktstefts neuer Trainer Bertram Wirth in eine Floskel. In einem über sechzig Minuten heiß umkämpften, aber nie unfairen Spiel schien Wirth sogar einigermaßen zufrieden. „Ein Kompliment, dass wir zurückgekommen sind. Mit dieser Mannschaft brauchen wir den Kopf nicht hängen zu lassen.“
In der Tat sah es lange Zeit nicht danach aus, als könnte Marktsteft den vermeintlichen Favoriten noch einmal ernsthaft gefährden. Im ersten Abschnitt wirkte das Marktstefter Spiel zu behäbig, ohne Überraschungsmoment im Angriff. Die Gäste setzten Marktsteft mit einer gut arbeitenden Abwehr um den nach einer Schulterverletzung zurückgekehrten Wolfgang Hanft gehörig zu. Etwas absetzen konnten sie sich erst gegen Ende der ersten Halbzeit. Im zweiten Abschnitt hieß es nach 46 Minuten gar 19:15 für Etwashausen, damit fühlte sich mancher der Gäste wohl zu sicher. Mit schönen Einzelleistungen stellte Marktstefts Troll das Ergebnis auf einmal auf 20:20 (55.) und zwei Minuten später auf 21:21.
Hanft brachte die Gäste wieder in die führende Position, die sie auch behielten. TVE-Trainer Willy Taborsky durfte sich so nach langer Zeit wieder einmal über einen Sieg gegen Marktsteft freuen. „Wir hatten hier einiges gut zu machen und wollten zeigen, dass wir auch Handball spielen können.“ Mit dem zweiten Sieg im zweiten Spiel ist Taborskys Mannschaft auf dem vorgegebenen Weg. „Eine ordentliche Runde spielen und zwischen Platz zwei und vier landen“, hat sich der Trainer vorgenommen. In Marktsteft sind die Ziele nicht so hoch gesteckt. „Der eine oder andere wird sich vielleicht noch über uns wundern“, sagt Wirth voller Hoffnung. Außerdem gebe es ja noch ein Rückspiel.
Marktsteft: Matthias Sponsel, Daniel Plautz; Daniel Irmler (1), Markus Lermig (3/2), Florian Irmler (1), Stefan Dietz, Thomas Schwarz (1), Daniel Spielmann (2), Volker Schneider, Timo Albrecht (5), Michael Troll (6/1), Johannes Brückner (2), Christian Schneider (1). Etwashausen: Nicholas Cudd, Wolfgang Lips; Christian Höfer (7/2), Andreas Vielweber (2), Timo Heim, Dominik Ruschin, Daniel Pfeuffer, Wolfgang Hanft (5/2), Stefan Knötgen (2), Florian Hähle (2), Tobias Herrling, Andreas Trabold (1), Maximilian Schmidt (3), Thomas Cudd. Schiedsrichter: Stephan Wilm (DJK Nüdlingen)/Frank Arheidt (TV Hammelburg). Zuschauer: 300 (geschätzt). Zeitstrafen: D. Irmler, Spielmann, Troll, Albrecht, Schneider, Brückner; 2 x Trabold, Hanft, Hähle. Siebenmeter: 5:3 (3:2 verwandelt). Spielfilm: 2:2 (5.), 5:7 (16.), 8:12 (26.), 11:13 (Halbzeit); 11:16 (40.), 16:20 (48.), 20:20 (55.), 21:21 (57.), 21:23.