Seit fast zwei Jahrzehnten ist eine hessische Kleinstadt im November zwei Wochen lang die deutsche Billard-Hauptstadt. Im ehemaligen Staatsbad Bad Wildungen im westlichen Nordhessen finden dann die deutschen Meisterschaften statt. 60 Titel in den Disziplinen Poolbillard, Snooker, Karambolage und Kegelbillard wurden dort in diesem Jahr vergeben.
Einen solchen verpasste Thore Sönksen aus Sulzfeld (Lkr. Kitzingen) nur knapp. Er belegte in der Poolbillard-Variante 9-Ball den zweiten Platz. Sönksen, gebürtig aus Schleswig-Holstein und bis 2009 als Fußballer bei der DJK Wiesentheid, beim VfL Volkach, bei der FT Schweinfurt, beim SSV Kitzingen, TSV Sulzfeld und FC Eibelstadt aktiv, hatte sich als bayerischer Landesmeister bei den Senioren für den nationalen Wettbewerb qualifiziert. In der Altersklasse Senioren treten im Billard Teilnehmer an, die älter als 40 Jahre alt sind.
Einziger bayerischer Vertreter im Turnier
Poolbillard ist eine Billard-Spielart, bei der mit einem weißen Ball mehrere farbige Bälle nach bestimmten Regeln in sechs Taschen gespielt werden. Bei der Poolbillard-Variante 9-Ball muss bei jedem Stoß die mit der niedrigsten Zahl nummerierte Kugel auf dem Tisch zuerst gespielt werden. Es gewinnt der Spieler, der die Neun zuerst korrekt versenkt.
Bei Turnieren setzt sich durch, wer eine festgelegte Anzahl von Spielen gewonnen hat. Bei den deutschen Meisterschaften sind es beim 9-Ball in der Hauptrunde sechs, im Achtel- und Viertelfinale sieben sowie im Halbfinale und Finale acht Spiele.

In der Wandelhalle in Bad Wildungen spielten Mitte November 32 Teilnehmer um die Meisterschaft. Sönksen, der für den SC Dingolfing antritt, war der einzige bayerische Vertreter im Wettbewerb. "Mal schauen, wie die ersten zwei Runden laufen", startete er ohne festes Ziel ins Turnier. "Ich hatte auch erst mal nur für zwei Nächte ein Zimmer gebucht."
Nachdem Sönksen die erste Runde (6:1 gegen Heiko Müller, BF Wattweiler) souverän gemeistert hatte, zog er in der zweiten unerwartet den Kürzeren (4:6 gegen Michael Lisso, 1. PBC Gera). "Nach dieser Niederlage habe ich gemerkt, dass ich mich jetzt zusammenreißen muss, wenn ich noch etwas erreichen möchte", berichtet Sönksen selbstkritisch. Denn um im Turnier zu bleiben, musste er nun den Umweg über die Verliererqualifikation nehmen.
Das gelang (6:4 gegen Frank Willner, BC Berolina Sterne). Im folgenden Achtelfinale setzte sich der Sulzfelder, der als gelernter Eisengußmacher in einem Marktstefter Industriebetrieb arbeitet, durch (7:5 gegen Alexander Usbeck, 1. PBC Gera), was bedeutete, dass er auch am dritten Turniertag dabei war und den Aufenthalt um eine Nacht verlängern musste.
Finale "an Dramatik kaum zu überbieten"
An Tag drei entschied Sönksen auch das Viertelfinale für sich (7:4 gegen Marcus Noga, 1. PBC Hellweg). Im Halbfinale gegen Dirk Stenten (8:6, PBC Kohlscheid) habe er "taktisch gespielt" und lag schnell mit 3:0 in Führung. Jedoch kam der national und international routinierte Rheinländer zurück und holte zum 5:5 auf. Sönksen ließ nicht davon aber nicht beeindrucken und zog den Sieg mit drei weiteren gewonnenen Partien auf seine Seite.

Von einem Finale zwischen Robin Heber (BC Sindelfingen) und Thore Sönksen, das an "Dramatik kaum zu überbieten" gewesen sei, berichtete später auch der Veranstalter, die Deutsche Billard-Union. Nachdem Sönksen schon mit 2:5 zurücklag, schaukelte sich das Duell bis zum 7:7 auf. Im letzten Spiel hätten ihm "nur Millimeter gefehlt", um die Neun einzulochen und den Tisch als Sieger zu verlassen. Stattdessen versenkte Heber die Kugel.
Dennoch haderte Sönksen, der sich zwei Monate lang täglich mit bis zu drei Stunden Training vorbereitet hatte, nicht mit der Niederlage: "Das war das beste Einzel-Ergebnis, das ich bei einer deutschen Meisterschaft erreicht habe." Schließlich sei es für ihn außergewöhnlich, zu den besten 9-Ball-Spielern seiner Altersklasse zu zählen.